# taz.de -- Urteil stärkt Medien in Presseverfahren: Gericht muss Journalisten… | |
> Ein bedeutungsvolles Urteil für die Presse: Medien müssen auch in eiligen | |
> Prozessen angehört werden, bevor ein Artikel verboten wird. | |
Bild: Wenigstens angehört werden müssen Journalisten künftig, bevor ihr Arti… | |
KARLSRUHE taz | Das Bundesverfassungsgericht hat die Pressefreiheit | |
gestärkt. Bevor gegen ein Medium eine einstweilige Verfügung erlassen wird, | |
müssen seine Argumente vom jeweiligen Gericht zur Kenntnis genommen werden. | |
Bisher war dies nicht der Fall. Die Verbote von Artikeln und die Anordnung | |
von Gegendarstellungen konnten fast überfallartig ergehen. | |
Konkret ging es um zwei Fälle aus Köln und Hamburg. Das Reportagenetzwerk | |
correktiv hatte 2017 unter dem Titel „[1][die Ferrostaal-Tonbänder]“ über | |
Aufsichtsratssitzungen des Unternehmens Ferrostaal berichtet. Dort | |
versuchte der Eigentümer, ein Staatsfonds aus Abu Dhabi, eine frühere | |
Korruptionsaffäre des Unternehmens aufzuarbeiten. Im zweiten Fall musste | |
der Spiegel auf Geheiß des Oberlandesgerichts Hamburg eine Gegendarstellung | |
abdrucken. Das Magazin hatte die Frage aufgeworfen, ob ein Fernsehmoderator | |
mit seiner Jacht auf Malta ein Steuersparmodell betreibt. | |
In beiden Fällen waren die Journalisten vor Erlass der gerichtlichen | |
Beschlüsse nicht angehört worden. Derartiges ist durchaus üblich, weil | |
Presseveröffentlichungen, die angeblich Persönlichkeitsrechte verletzen, | |
als besonders eilbedürftig gelten. | |
Damit macht das Bundesverfassungsgericht nun aber Schluss. Auch in | |
eilbedürftigen Pressesachen müsse „Waffengleichheit“ bestehen. Zwar könne | |
das zuständige Landgericht aus Zeitgründen auf eine mündliche Verhandlung | |
verzichten. Es gebe aber „kein schutzwürdiges Interesse“, den Journalisten | |
nicht mitzuteilen, dass ein Antrag gegen sie vorliegt. | |
## Mahnung an die Pressekammern | |
Vielmehr müssen die Medien in der Regel vom Gericht Gelegenheit erhalten, | |
ihre Sicht der Dinge darzustellen. Der Anspruch auf „rechtliches Gehör“ | |
gelte auch in eiligen Verfahren, erinnerte das Bundesverfassungsgericht. | |
Auf eine Anhörung der Medien kann nur dann verzichtet werden, wenn diese | |
vorher abgemahnt wurden. Denn dann kannten sie die Vorwürfe und hatten die | |
Möglichkeit, auf diese zu antworten. Eine solche Antwort muss beim Antrag | |
auf eine Verbotsverfügung dann aber beim zuständigen Gericht mit | |
eingereicht werden. | |
Außerdem ermahnte Karlsruhe die Pressekammern der Gerichte zur Neutralität. | |
Oft beraten sie Bürger oder Unternehmen, die sich durch Presseberichte in | |
ihren Rechten verletzt fühlen. Sie informieren dann über ihre vorläufige | |
Rechtsauffassung und geben Tipps zur Antragsstellung. Falls solche Hinweise | |
überhaupt zulässig sind, müssten sie jedenfalls auch der Gegenseite (hier | |
also den verklagten Medien) zur Kenntnis gegeben werden. Außerdem müssen | |
die Hinweise vollständig in den Gerichtsakten dokumentiert werden. Dies | |
gelte auch für mündliche Hinweise, so das Bundesverfassungsgericht. | |
Az.: 1 BvR 1783/17 und 2421/17. | |
26 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://correctiv.org/aktuelles/korruption/2017/06/07/die-ferrostaal-tonbae… | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Presserecht | |
Correctiv | |
Der Spiegel | |
Bundesverfassungsgericht | |
MDR | |
Presserecht | |
Bundesgerichtshof | |
Bundesnachrichtendienst | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neuer Verfassungsrichter Harbarth: Nachfolger von Kirchhof und Voßkuhle | |
Ein Wirtschaftsanwalt und CDU-Politiker soll bald das | |
Bundesverfassungsgericht repräsentieren. Die Wahl wird noch im November | |
erfolgen. | |
MDR-Doku über armenische Mafia: Keine Ausstrahlung der Mafia-Doku | |
Der MDR hat eine Mafia-Doku zurückgezogen, weil ein Botschafter die | |
Ausstrahlung per Gericht gestoppt hat. Der Sender will dagegen vorgehen. | |
Presserecht für Prominente: Mehr Schutz für Kachelmann und Co. | |
Dürfen Namen von Promis, gegen die ermittelt wird, von den Medien | |
verbreitet werden? Der Deutsche Juristentag diskutiert nun darüber. | |
BGH-Verhandlung Wowereit gegen „Bild“: Der Drink, der Zeitgeschichte war | |
Karlsruher Richter müssen entscheiden, wann die Freizeit von Politikern im | |
öffentlichen Interesse ist. Im Fall Wowereit tun sie sich schwer. | |
Presseauskünfte gegen Bundesbehörden: „Bild“-Zeitung verliert gegen BND | |
Der Nachrichtendienst musste keinen Einblick in seine Vergangenheit | |
gewähren. Wer ähnliche Fragen künftig regeln muss, bleibt offen. |