# taz.de -- MDR-Doku über armenische Mafia: Keine Ausstrahlung der Mafia-Doku | |
> Der MDR hat eine Mafia-Doku zurückgezogen, weil ein Botschafter die | |
> Ausstrahlung per Gericht gestoppt hat. Der Sender will dagegen vorgehen. | |
Bild: Der MDR hält den Film zunächst zurück | |
BERLIN taz | Der MDR hat die für Mittwochabend geplante Dokumentation über | |
die armenische Mafia nicht ausgestrahlt. Zuvor hatte das Landgericht Berlin | |
auf Betreiben des armenischen Botschafters eine einstweilige Verfügung | |
erlassen. Dagegen wird der MDR wohl vorgehen und hofft, den Film später | |
doch noch ausstrahlen zu können. | |
Ein gemeinsames Reporterteam von Spiegel und MDR hatte über den Einfluss | |
der armenischen Mafia („Diebe im Gesetz“) in Deutschland recherchiert. | |
Grundlage war unter anderem ein BKA-Bericht. Die BKA-Ermittlungen hatten | |
zwar wenig Konkretes ergeben, was aber dennoch als Beleg für die | |
Gefährlichkeit der armenischen Kriminellen und die mangelnde Ausstattung | |
der deutschen Polizei gewertet wurde. | |
Am Wochenende veröffentlichte bereits der Spiegel einen Artikel über die | |
armenischen Mafiagruppen, denen es gelungen sei, in Deutschland ein breites | |
Netzwerk aufzubauen. Dabei werden auch Verwicklungen von Profiboxern und | |
diplomatischen Kreisen geschildert. | |
Der dort erwähnte armenische Botschafter Ashot Smbatyan mahnte den MDR | |
darauf hin ab. Die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit organisierter | |
Kriminalität verletze seine Persönlichkeitsrechte. Aufgrund der | |
Spiegel-Veröffentlichung sei zu befürchten, dass der Diplomat auch im | |
angekündigten MDR-Film „Paten in Deutschland – die armenische Mafia, die | |
Diebe im Gesetz“ auftauchen werde. Der MDR nahm noch am Montag Stellung. | |
Der Botschaftsangehörige sei eine Person des öffentlichen Lebens, deshalb | |
sehe man keinen Grund, die Berichterstattung zu unterlassen. | |
## Gericht vermisst „Mindestbestand an Beweistatsachen“ | |
Daraufhin beantragten die Anwälte des Armeniers beim Landgericht Berlin | |
eine einstweilige Verfügung, die am Dienstag auch erlassen wurde. Es | |
handele sich hier um Verdachtsberichterstattung, die nur zulässig sei, so | |
die Richter, wenn es einen „Mindestbestand an Beweistatsachen“ gibt. Die im | |
Spiegel-Bericht aufgezählten Indizien für eine Mafia-Verwicklung hätten | |
diesen Anforderungen aber nicht genügt. Die angeführten | |
Ermittlungsverfahren aus den Jahren 2005 und 2008 seien eingestellt worden. | |
Eine erwähnte Mahnung des Bundeskriminalamts vor möglichen „Verquickungen“ | |
staatlicher armenischer Strukturen mit den „Dieben im Gesetz“, beinhalte | |
auch nichts Konkretes. | |
Der MDR hätte den Film entsprechend ändern und die Aussagen über den | |
Diplomaten weglassen oder anpassen können, sah sich dazu aus Zeitgründen | |
aber nicht mehr in der Lage. Die Doku über die „Paten in Deutschland“ wurde | |
daher zunächst abgesetzt. Stattdessen wiederholte der MDR eine ältere | |
Dokumentation zur Mafia in Mitteldeutschland. | |
Auf seiner Webseite [1][beklagte der MRD am Mittwoch], das Landgericht | |
Berlin habe die Entscheidung über die einstweilige Verfügung aus | |
Dringlichkeitsgründen ohne mündliche Verhandlung getroffen. „Der MDR hatte | |
deshalb noch keine Gelegenheit, dem Gericht seine Rechtsposition selbst | |
darzulegen“. Das sorgte für gewisses Aufsehen. Schließlich hatte das | |
Bundesverfassungsgericht erst vor kurzem [2][in zwei Beschlüssen | |
gefordert], dass Medien vor Erlass einer einstweiligen Anhörung angehört | |
werden müssen. | |
## Erste Stellungnahme genügt | |
Allerdings hatte Karlsruhe es genügen lassen, wenn die Medien vom | |
persönlich Betroffenen abgemahnt wurden und Gelegenheit zur Stellungnahme | |
hatten. Falls der Betroffene anschließend beim Gericht eine einstweilige | |
Unterlassung beantragt, muss er eine etwaige Stellungnahme des Mediums mit | |
vorlegen, so dass die Richter die Sichtweise beider Seiten kennen. So war | |
es auch hier. Der Botschafter hatte den MDR ja vorab abgemahnt, der MDR | |
nahm Stellung, der Botschafter hatte die Stellungnahme dem Landgericht | |
vorgelegt. Die Anforderungen des Verfassungsgerichts waren also erfüllt. | |
Der MDR prüft jetzt, ob er Rechtsmittel einlegt. Das Landgericht Berlin | |
müsste dann eine mündliche Verhandlung anberaumen. Für diesen Fall sehen | |
sich die Autoren der Mafia-Dokumentation gut gerüstet. Sie hätten noch | |
weitere, auch aktuelle Belege für Verwicklungen des Botschafters. Der Film | |
soll auf jeden Fall ausgestrahlt werden. Das bisherige juristische | |
Tauziehen war jedenfalls gute Werbung. | |
Auch gegen den Spiegel hatte das Landgericht Berlin eine einstweilige | |
Verfügung erlassen. Der Mafia-Artikel war am Donnerstagnachmittag | |
allerdings immer noch als kostenpflichtiger Spiegel-Plus-Text auf | |
spiegel.de zu finden, da dem Spiegel die Verfügung noch nicht förmlich | |
zugestellt worden war. Ein Spiegel-Sprecher erklärte: „Wir halten die | |
Entscheidung des Landgerichts für falsch und werden nach Einsicht in die | |
Verfahrensunterlagen prüfen, ob wir Widerspruch einlegen.“ | |
9 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mdr.de/thueringen/mafia-film-wird-nicht-gezeigt-100.html | |
[2] /Urteil-staerkt-Medien-in-Presseverfahren/!5546048 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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