# taz.de -- Presserecht für Prominente: Mehr Schutz für Kachelmann und Co. | |
> Dürfen Namen von Promis, gegen die ermittelt wird, von den Medien | |
> verbreitet werden? Der Deutsche Juristentag diskutiert nun darüber. | |
Bild: „Ein bekannter Wettermoderator“ wäre laut Gutachten genauso verboten… | |
Prominente Beschuldigte im Strafverfahren sollen künftig besser vor den | |
Medien geschützt werden. Das fordert der Düsseldorfer Rechtsprofessor | |
Karsten Altenhain in einem Gutachten für den Deutschen Juristentag, der am | |
Dienstag in Essen beginnt. | |
Die „Öffentlichkeit im Strafverfahren“ ist das Thema der strafrechtlichen | |
Abteilung des Juristentags. Dabei geht es nicht nur um Kameras im | |
Gerichtsaal, die Justizminister Heiko Maas bei [1][Urteilen von | |
Bundesgerichten zulassen will]. Gutachter Altenhain konzentriert sich eher | |
auf das Ermittlungsverfahren, also die Phase, die mit Anklage oder | |
Einstellung endet. | |
Bisher gelten dort nur die allgemeinen Regeln der Landespressegesetze. | |
Journalisten haben danach grundsätzlich Anspruch auf Auskunft – es sei | |
denn, ein „schutzwürdiges privates Interesse“ würde verletzt. In der Prax… | |
bestätigen die Staatsanwaltschaften den Namen eines Beschuldigten, wenn | |
dieser bereits öffentlich bekannt ist oder wenn es sich um eine Person des | |
öffentlichen Lebens handelt. | |
Die Beschuldigten im Strafverfahren würden so aber nicht genügend | |
geschützt, glaubt Altenhain. Es bestehe die Gefahr der Vorverurteilung. | |
Zwar könne die Justiz nichts dafür, wenn rechtsstaatliche Prinzipien wie | |
die Unschuldsvermutung im Publikum nur mangelhaft verankert sind. Dennoch | |
müssten die Betroffenen davor geschützt werden, dass ihr Name vorschnell | |
bekannt wird. Dies müsse auch für Informationen gelten, die eine | |
Identifikation leicht machen (zum Beispiel die Formulierung „ein bekannter | |
Wettermoderator“ für Jörg Kachelmann). | |
## Neuer Paragraph gefordert | |
Altenhain schlägt nun einen neuen Paragrafen in der Strafprozessordnung vor | |
(§ 457a). Danach dürfte die Staatsanwaltschaft den Namen eines | |
Beschuldigten den Medien nur mitteilen, wenn der Betroffene einverstanden | |
ist oder wenn der Name bereits bekannt ist (zum Beispiel weil das Opfer der | |
Straftat an die Presse ging). Nicht ausreichen soll, dass es sich um eine | |
prominente Person handelt. Das wäre das „Prinzip der Boulevardzeitung“, | |
kritisiert Jurist Altenhain. | |
Zwar sei auch die unterhaltende Berichterstattung über das Leben der Stars | |
von der Pressefreiheit geschützt, Medien können also über Strafverfahren | |
gegen Promis schreiben, wenn sie davon erfahren. Dies bedeute aber nicht, | |
so Altenhain, dass der Staat den Medien die Informationen hierzu liefern | |
muss. Das Auskunftsrecht der Presse in Strafverfahren habe aber eine andere | |
Funktion, es solle die öffentliche Kontrolle der staatlichen Justiz | |
ermöglichen. Diese Kontrolle sei bei Prominenten jedoch nicht dringlicher | |
als bei sonstigen Beschuldigten, argumentiert der Gutachter. | |
Die Regeln sollen nicht nur für die Beantwortung von Presseanfragen gelten, | |
sondern auch für Mitteilungen der Staatsanwaltschaft aus eigener | |
Initiative. Eine selbständige Öffentlichkeitsarbeit der Ermittler gibt es | |
zwar schon lange, doch ist sie bisher gar nicht gesetzlich geregelt, auch | |
nicht in den Pressegesetzen. Altenhain hält sie zum Beispiel für sinnvoll, | |
um Fehlinformationen zu korrigieren, etwa dass ein Brand gar nicht durch | |
Brandstiftung verursacht wurde. Auch wenn die Staatsanwaltschaft polemisch | |
kritisiert wird, dürfe sie reagieren, aber nur sachlich, sie habe kein | |
„Recht zum Gegenschlag“. | |
Der Juristentag existiert seit 1860 und tagt in der Regel alle zwei Jahre, | |
um rechtspolitische Empfehlungen zu beraten. An der Veranstaltung nehmen | |
jeweils rund 3.000 Anwälte, Richter, Staatsanwälte, Wirtschafts- und | |
Verwaltungsjuristen sowie Rechtswissenschaftler teil. | |
13 Sep 2016 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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