| # taz.de -- Urteil gegen Unabhängigkeitspolitiker: Bis zu 13 Jahre Haft | |
| > Neun katalanische Politiker und Aktivisten müssen wegen ihres Wirkens | |
| > beim Unabhängigkeitsreferendum ins Gefängnis. | |
| Bild: In Barcelona protestieren die Unabhängigkeitsbefürworter gegen den Rich… | |
| Madrid taz | Der oberste Gerichtshof Spaniens hat neun katalanische | |
| Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten wegen Aufstands und der | |
| Veruntreuung öffentlicher Gelder zu langjähriger Haft verurteilt. Das gab | |
| das siebenköpfige Richtergremium am heutigen Montag bekannt. Die Richter | |
| ließen den Vorwurf der „Rebellion“ fallen, den die Staatsanwaltschaft | |
| gefordert hatte. | |
| Neun der zwölf Angeklagten, die in Zusammenhang mit dem [1][verbotenen | |
| Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017] bereits seit knapp zwei | |
| Jahren in Untersuchungshaft sitzen, müssen zwischen 9 und 13 Jahre hinter | |
| Gitter. Drei weitere, die auf freiem Fuß sind, kommen mit einer Geldstrafe | |
| wegen „Ungehorsam“ davon. Auf Rebellion hätten Haftstrafen von bis zu 25 | |
| Jahren gestanden. | |
| Die höchste Strafe wurde gegen den ehemaligen Vizechef der katalanischen | |
| Regierung, Oriol Junqueras, verhängt. Er muss für 13 Jahre ins Gefängnis. | |
| Drei seiner Minister müssen für zwölf, zwei weitere für zehneinhalb Jahre | |
| in Haft. Die ehemalige Präsidentin des katalanischen Parlaments Carme | |
| Forcadell erhält elfeinhalb Jahre, und die beiden Aktivisten Jordi Cuixart, | |
| Vorsitzender des Kulturvereins Òmnium Cultural, und Jordi Sànchez, | |
| ehemaliger Chef der Bürgerbewegung Katalanische Nationalversammlung (ANC), | |
| müssen für neun Jahre ins Gefängnis. | |
| Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht möglich. Es bleibt nur der Weg vor | |
| Spaniens Verfassungsgericht. Doch dazu müssen Verfahrensfehler nachgewiesen | |
| werden. Die Verteidiger hatten bereits zu Prozessbeginn angekündigt, vor | |
| den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ziehen zu wollen. | |
| ## Keine Hinweise auf Rebellion | |
| Drei weitere Minister, die nicht in Untersuchungshaft sind, kommen mit zehn | |
| Monaten Geldstrafe bei einem Tagessatz von 200 Euro davon. Alle | |
| Verurteilten werden für die Zeit ihrer Strafe keine öffentlichen Ämter | |
| bekleiden können. | |
| Die Presse hatte das Urteil am Wochenende bereits in groben Zügen | |
| veröffentlicht. Irgendwer aus dem Gericht hatte die Schweigepflicht | |
| gebrochen und die Journalisten informiert. | |
| Die Richter fanden nach einer vier Monate dauernden Verhandlung, bei der | |
| Hunderte von Zeugen vernommen wurden, darunter der [2][ehemalige spanische | |
| Ministerpräsident Mariano Rajoy], keine Hinweise für „Rebellion“. Zur | |
| Erfüllung dieses Tatbestandes ist gewaltsames Vorgehen nötig, das darauf | |
| abzielt, die bestehende, verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen. | |
| Das Gericht habe nur tumultartige Mobilisierungen ausmachen können, hieß | |
| es. Das sei sowohl am 20. September 2017 der Fall gewesen, als Tausende | |
| friedlich gegen die Durchsuchung katalanischer Regierungsgebäude | |
| demonstrierten, sowie am Tag der Volksabstimmung selbst. Damals gingen | |
| Bilder von brutalen Polizeieinsätzen um die Welt. Rund 1000 Menschen wurden | |
| verletzt. | |
| ## Demos und Sitzblockaden gegen das Urteil | |
| Das Urteil ist der vorläufige Höhepunkt in einer sich immer weiter | |
| zuspitzenden Konfrontation zwischen dem spanischen Zentralstaat und | |
| Katalonien. Während es in Katalonien seit Sonntag immer wieder zu | |
| Demonstrationen und Sitzblockaden gegen das Urteil kommt, beklagten die | |
| Verteidiger der Betroffenen, dass die Presse das Urteil kannte, bevor sie | |
| und ihre Klienten es in der Hand hielten. Als einer der ersten Verurteilten | |
| reagierte der ehemalige Vizeregierungschef Oriol Junqueras bereits nach den | |
| ersten Presseberichten. „Ich werde weiterhin für dasselbe einstehen, hier | |
| drinnen oder draußen“, beteuerte er. | |
| Für die kommenden Tage sind weitere Mobilisierungen unter dem Motto | |
| „Demokratischer Tsunami“ angekündigt. All das kommt mitten im Wahlkampf f�… | |
| die spanischen Neuwahlen am kommenden 10. November. Der amtierende | |
| spanische Ministerpräsident, der Sozialist Pedro Sánchez, hat die Polizei | |
| vor Ort verstärken lassen und droht gar mit erneuter Zwangsverwaltung, | |
| falls die katalanische Regierung die Kampagnen zum zivilen Ungehorsam | |
| unterstützen sollte. | |
| Es wird erwartet, dass die spanische Justiz nun einmal mehr versuchen wird, | |
| des ehemaligen katalanischen Regierungschefs Puigdemont habhaft zu werden, | |
| in dem erneut ein europaweiter Haftbefehl gegen ihn erlassen wird. | |
| Puigdemont setzte sich Ende 2017, kurz bevor er vor Gericht hätte | |
| erscheinen müssen, ins Ausland ab. Er lebt seither in Brüssel. Sowohl | |
| Belgien als auch Deutschland, wo er Ostern 2018 nach einer | |
| Skandinavienreise festgenommen wurde, lehnten bisher die Auslieferung ab. | |
| 14 Oct 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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