# taz.de -- Spanien muss neu wählen: Regierungsbildung gescheitert | |
> Premier Sánchez konnte sich nicht mit den anderen Parteien einigen. Aus | |
> Kalkül? Seine PSOE dürfte bei einer Neuwahl stärker werden. | |
Bild: Wird ihm die Neuwahl die Mehrheit bringen? Ministerpräsident Pedro Sánc… | |
MADRID taz | Spanien wird zum vierten Mal in nur vier Jahren wählen. Nach | |
einer Gesprächsrunde mit allen im Parlament vertretenen Parteien teilte | |
König Felipe VI. mit, dass er keinen Kandidaten für das Amt des | |
Ministerpräsidenten vorschlagen werde, da keiner die Aussicht [1][auf eine | |
Parlamentsmehrheit habe]. Stattdessen wird er als Staatschef am kommenden | |
Montag die Auflösung des Parlaments in die Wege leiten und damit den Weg | |
für Neuwahlen am 10. November frei machen. | |
Damit ist der amtierende Ministerpräsident Pedro Sánchez [2][endgültig | |
daran gescheitert], erneut zum Regierungschef gewählt zu werden. Im Juni | |
2018 per Misstrauensvotum ins Amt gekommen, gewann der Vorsitzende der | |
sozialistischen PSOE im vergangenen 28. April die Wahlen. Allerdings | |
verfügt er nur über 123 der insgesamt 350 Abgeordneten. Ein Partner musste | |
her. | |
Doch in fünf Monaten konnte Sánchez nur den einzigen Abgeordneten einer | |
kleinen Regionalpartei überzeugen, ihn zu unterstützen. Mit der | |
linksalternativen Unidas Podemos (UP), deren 42 Stimmen Sánchez dringend | |
braucht, kam es zu keiner Einigung. Sie enthielten sich im Juli bei einer | |
ersten Abstimmung, da ihnen die von Sánchez angebotenen drei Ministerien | |
nicht ausreichten. | |
Statt nach der Sommerpause mehr anzubieten, weigerte sich Sánchez | |
endgültig, linksalternative Minister ins Kabinett aufzunehmen, und | |
verlangte von UP die Unterzeichnung eines gemeinsam ausgehandeltes | |
Regierungsprogramms ohne nennenswerte Gegenleistung. Es war das Ende der | |
Gespräche. | |
## Sánchez: „Wir haben alles versucht“ | |
In letzter Minute boten die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) „aus | |
Staatsräson“ an, per Enthaltung eine Regierung Sánchez zu ermöglichen, | |
falls dieser über mehrere Programmpunkte mit ihnen verhandle. Das wies | |
Sánchez zurück. Er verlangte stattdessen eine „rein technische Enthaltung“ | |
ohne Abkommen. | |
„Wir haben alles versucht, aber sie ermöglichten es uns nicht“, beklagte | |
sich Sánchez am Dienstagabend in einer Pressekonferenz. Alle andere großen | |
Parteien sehen dies freilich anders. Sie beschuldigen Sánchez angesichts | |
der guten Umfragewerte für die Sozialisten, von Anfang an auf Neuwahlen | |
gesetzt zu haben. „Jetzt hat er das erreicht“, erklärte der Vorsitzende der | |
konservativen Partido Popular (PP), Pablo Casado. „Ein Kandidat, der keine | |
Einigungen erzielen kann, ist ein gescheiterter Kandidat“, resümiert | |
Cs-Chef Albert Rivera. | |
Und für den Chef der linksalternativen UP, Pablo Iglesias, ist die Haltung | |
von Sánchez „ein historischer Fehler von enormen Ausmaßen, aus | |
Besessenheit, die Macht zu monopolisieren, etwas, was ihm die Spanier nicht | |
gegeben haben“. | |
Sánchez hofft nun, dass sich die Umfragen bewahrheiten und seine | |
Sozialisten bei den Neuwahlen ihre Fraktion auf Kosten von UP stärken | |
können. „Am 10. November haben wir die Gelegenheit, die Dinge viel klarer | |
zu sagen“, richtete sich Sánchez in seiner Pressekonferenz an die Wähler | |
und Wählerinnen. | |
## Frust im linken Wählerspektrum | |
Doch es könnte auch ganz anders kommen. Die spanische Wirtschaft | |
schwächelt, die Arbeitslosigkeit steigt. Die durch den Brexit | |
hervorgerufene Unsicherheit könnte diese Tendenz noch verstärken. Außerdem | |
wird sich der Konflikt um Katalonien diesen Herbst nach der | |
Veröffentlichung des Urteils gegen zwölf Unabhängigkeitspolitiker und | |
-aktivisten sicher zuspitzen. | |
Doch was am schwersten wiegt: Bei den Wahlen im vergangenen April stieg die | |
Beteiligung aus Angst vor einer Rechtsregierung von PP und Cs unter | |
Beteiligung der rechtsextremen Vox. Jetzt macht sich auf der Linken der | |
Frust breit. So mancher könnte im November zu Hause bleiben, während das | |
rechte Wählerspektrum weiterhin hoch motiviert ist. Anstatt gestärkt aus | |
den Wahlen hervorzugehen, könnte sich Sánchez auf der Oppositionsbank | |
wiederfinden, während Vox das Geschick Spaniens mitentscheidet. | |
18 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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