| # taz.de -- Spaniens Regierung: Verdiente Niederlage | |
| > Die eigene Arroganz hat seine Wiederwahl als Ministerpräsident | |
| > verhindert. Will Pedro Sánchez im Amt bleiben, muss er Kompromisse | |
| > anbieten. | |
| Bild: Hat kein politisches Bündnis zustande gebracht: Pedro Sánchez | |
| Genau einen Abgeordneten, der nicht zu seiner sozialistischen PSOE gehört, | |
| konnte [1][Pedro Sánchez davon überzeugen, für seine Wiederwahl] im Amt des | |
| spanischen Ministerpräsidenten zu stimmen. Der Wirtschaftswissenschaftler, | |
| dem es vor etwas mehr als einem Jahr bei einem Misstrauensvotum gelang, die | |
| absolute Mehrheit in einem völlig aufgesplitterten Parlament hinter sich zu | |
| vereinen, fiel damit bei der ersten Abstimmung vor dem Parlament krachend | |
| durch. Jetzt hat er bis Donnerstagnachmittag Zeit, mehr Ja- als Neinstimmen | |
| auf sich zu vereinen. Gelingt ihm das nicht, steuert Spanien auf Neuwahlen | |
| zu. | |
| Sánchez ist an seinem schlechten Abschneiden selbst schuld. Statt mit den | |
| Linksalternativen von [2][Unidas Podemos] (UP) zu verhandeln, setzte er auf | |
| eine Strategie irgendwo zwischen arroganter Nichtbeachtung und | |
| beleidigendem Auftreten. | |
| Nach den Wahlen vom April suchte Sánchez über 80 Tage lang keinen | |
| ernsthaften Dialog. UP-Chef Pablo Iglesias musste sich von ihm vorwerfen | |
| lassen, er sei kein Demokrat und könne deshalb nicht im Kabinett sitzen. | |
| Als Iglesias öffentlich auf einen Ministerposten verzichtete, um doch noch | |
| eine Koalitionsregierung zustande zu bekommen, begannen die | |
| Sánchez-Unterhändler tatsächlich mit UP zu reden. Das letzte | |
| Verhandlungsangebot: eine Koalition mit einer stellvertretenden | |
| Ministerpräsidentin für UP, allerdings ohne politische Zuständigkeiten und | |
| ohne Haushalt für eigene Politik. Gleichzeitig erwähnte Sánchez UP mit | |
| keinem Wort in seiner Rede vor dem Parlament. | |
| Auch gegenüber den katalanischen Parteien, die ihn einst beim | |
| Misstrauensvotum unterstützten, trat der Sozialist arrogant auf. In | |
| Interviews redet er von der Möglichkeit, die nach Unabhängigkeit strebende | |
| Nordostregion erneut unter Zwangsverwaltung zu stellen. [3][Verhandlungen | |
| über ein Referendum] in beiderseitigem Einvernehmen lehnt er ab. | |
| ## Ein großes Schattentheater | |
| So unglaublich es auch klingen mag, Sánchez und seine Berater gingen davon | |
| aus, dass diese Strategie zum Erfolg führen würde. Der Sozialist ist ein | |
| großer Schattentheaterdirektor. Wie in der Höhle Platons projiziert Sánchez | |
| furchterregende Schatten an die Wand. Wer gegen ihn stimme, stimme mit der | |
| rechtsextremen Vox und müsse dafür bei den nächsten Wahlen zahlen, | |
| schleuderte er in der Parlamentsdebatte Pablo Iglesias ins Gesicht. So | |
| sollte ihm das Amt ohne Zugeständnisse in den Schoß fallen. | |
| Die Stimmenthaltung von UP und die Neinstimmen der Katalanen sind eine | |
| Reaktion auf diese Arroganz. Jetzt ist Sánchez am Zug. Entweder er legt ein | |
| ordentliches Verhandlungsangebot vor, oder UP kann nicht anders, als ihn am | |
| Donnerstag erneut durchfallen zu lassen. Dann wäre bis September Zeit für | |
| einen zweiten Versuch. Würde auch der scheitern, müssten die Spanier zum | |
| vierten Mal in vier Jahren an die Urnen. | |
| Ob dies Sánchez zugutekommt, wie einige Umfragen glauben machen wollen, | |
| darf bezweifelt werden. Wahlmüdigkeit und die daraus resultierende niedrige | |
| Beteiligung könnte auch den Rechten nutzen. Sánchez sollte besser auf die | |
| Schatten schauen, die er so gerne projiziert. | |
| 24 Jul 2019 | |
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| Reiner Wandler | |
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