| # taz.de -- Unterbringung von Geflüchteten: Fensterlose Mehrbettzimmer | |
| > Immer noch leben Geflüchtete in Hamburgs „Ankunftszentrum“ unter prekär… | |
| > Bedingungen. Die SPD findet das okay, die Grünen äußern sanftes | |
| > Unbehagen. | |
| Bild: Privatsphäre geht anders: ein Zimmer im Hamburger „Ankunftszentrum“ | |
| Hamburg taz | Fensterlose Mehrbettzimmer, die Decken nach oben hin offen. | |
| Stress, keine Privatsphäre. Und nachts kommt regelmäßig die Polizei, um | |
| Menschen für die Abschiebung abzuholen. Für die Geflüchteten, die in | |
| Hamburgs sogenanntem Ankunftszentrum in Rahlstedt leben, ist das Alltag, | |
| [1][wie sie selbst und auch die Organisationen der Geflüchtetenhilfe | |
| berichten]. | |
| Das Ankunftszentrum ist die erste Anlaufstelle für Geflüchtete in Hamburg. | |
| Anfangs hieß es noch, sie sollen nur wenige Tage dort bleiben. Seit Oktober | |
| 2018 bleiben jene, die eine angeblich „schlechte Bleibeperspektive“ haben, | |
| weil sie aus einem angeblich sicheren Herkunftsland kommen oder bereits in | |
| einem anderen Land registriert wurden, aber bis zu sechs Monate [2][und | |
| sogar noch länger] dort. Das erklärte Ziel: schnelle Abschiebung. Eine den | |
| umstrittenen Ankerzentren „funktionsgleiche Einrichtung“ habe Hamburg, soll | |
| [3][ein Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums vor kurzem] gesagt haben. | |
| Mehrere Organisationen der Geflüchtetenhilfe wollen, dass sich das ändert | |
| und haben [4][Forderungen an die Hamburger Politik] formuliert, die an | |
| diesem Donnerstag Thema einer Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen von | |
| SPD, Grünen, Linken, CDU und FDP sein werden. Auch das Ankunftszentrum wird | |
| diskutiert werden, denn eine Forderung ist die Reduzierung der Wohnpflicht | |
| dort auf wenige Tage. Vor Beginn des Asylverfahrens soll den Menschen eine | |
| dreiwöchige Orientierungsphase gewährleistet werden, genauso wie eine | |
| verlässliche und unabhängige Rechtsberatung. | |
| Außerdem solle der Schutzbedarf vulnerabler Personen, also jener Menschen, | |
| die beispielsweise traumatisiert oder Opfer von sexualisierter Gewalt | |
| geworden sind, früher und systematischer erfasst werden und dieser | |
| Schutzbedarf sich auch in der Art ihrer Unterbringung niederschlagen. | |
| Dass es an diesen Mechanismen fehlt, sagt auch Christiane Schneider, | |
| flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die taz hat sie und die | |
| Vertreter*innen anderer Parteien zu der Unterkunft befragt. | |
| „Viele Geflüchtete haben vor oder während ihrer Flucht traumatische | |
| Erfahrungen gemacht. Um sie zu erkennen und adäquat behandeln zu können, | |
| braucht es ein sicheres Umfeld, das die Zentrale Erstaufnahme keinesfalls | |
| bieten kann“, sagt Schneider. Auch sie fordert, dass Menschen nicht mehr | |
| wochen- und monatelang in Rahlstedt untergebracht werden. | |
| Und es leben dort nicht nur Erwachsene. Auch schulpflichtige Kinder werden | |
| [5][längerfristig untergebracht, obwohl das eigentlich nicht so sein soll]. | |
| Und es müssen dort auch Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, über | |
| Wochen und Monate unter den genannten Umständen leben, wenn ihre Eltern | |
| eine „schlechte Bleibeperspektive“ haben. | |
| Die Menschen seien gewissermaßen zusammengepfercht mit keiner anderen | |
| Perspektive als Warten auf ihren Abschiebeflug, sagt Dirk Hauer, Leiter des | |
| Fachbereichs Migration und Existenzsicherung der Diakonie. „Für Kinder ist | |
| die Unterbringung in dieser Halle schlicht nicht zumutbar.“ | |
| Doch dass sich daran etwas ändert, ist nicht absehbar. Die FDP ließ die | |
| Fragen der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Die zuständige | |
| CDU-Fachpolitikerin Franziska Rath war noch nie in dem Ankunftszentrum. | |
| Und laut SPD ist alles bestens. Für Kazim Abaci, Sprecher für Migration und | |
| Geflüchtete der SPD-Fraktion, ist das Ankunftszentrum „eine sehr gute | |
| Einrichtung“. Den Aufenthalt dort für Menschen ohne „besondere | |
| Schutzbedürftigkeit“ über mehrere Monate nennt er grundsätzlich | |
| „vertretbar“. Auf die nicht-schulpflichtigen Kindern geht er dabei nicht | |
| ein. | |
| Und Antje Möller, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, spricht von | |
| der „Unwirtlichkeit der Hallen und der abgeschiedenen Lage der Einrichtung“ | |
| und sagt, die Grünen halten es für notwendig, dass der mehrmonatige | |
| Aufenthalt dort beendet wird. Aber die Unterkunft besteht erst seit | |
| Rot-Grün. | |
| Dabei gibt es auch laut Möller als Reserve vorgehaltene Kapazitäten in | |
| anderen Einrichtungen. Andere [6][Unterkünfte werden einfach geschlossen]. | |
| „Die Unterbringung in Rahlstedt zu den dort herrschenden Bedingungen ist | |
| eine politische Entscheidung, keine Frage von Kapazitäten“, sagt Schneider. | |
| Dirk Hauer von der Diakonie erwarte von Rot-Grün, dass das Primat des | |
| Abschiebeinteresses aufgehoben wird: „Und wenn die Menschen mit sogenannter | |
| schlechter Bleibeperspektive schon gesondert untergebracht werden sollen, | |
| dann muss das an einem anderen Ort in einer vernünftigen Einrichtung sein.“ | |
| 13 Feb 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Abschiebezentrum-in-Hamburg-Rahlstedt/!5637272 | |
| [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/68738/situation_in_der_zen… | |
| [3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/69826/anker_zentrum_rahlst… | |
| [4] https://irp-cdn.multiscreensite.com/f4be42b0/files/uploaded/EINSPRUCH%20AUF… | |
| [5] /Umstrittenes-Ankunftszentrum/!5641344 | |
| [6] https://www.studierendenwerk-hamburg.de/studierendenwerk/de/downloads/PM/PM… | |
| ## AUTOREN | |
| Marthe Ruddat | |
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