# taz.de -- Infektionsrisiko in Quarantäneunterkunft: Echter Lockdown für Gef… | |
> In einer Hamburger Unterkunft sollen positiv und negativ auf Corona | |
> getestete Geflüchtete in Quarantäne sein. Die Stadt weist die Vorwürfe | |
> zurück. | |
Bild: Für Geflüchtete in Quarantäne schon fast ein Sehnsuchtsort: Die Zentra… | |
HAMBURG taz | Drei Wochen in Quarantäne und kein Ende in Sicht – trotz | |
mehrerer negativer Tests. Damit müssen sich aktuell mehrere Geflüchtete am | |
Quarantänestandort Bargkoppelstieg 60 abfinden. In der Unterkunft bringt | |
die Innenbehörde Geflüchtete aus dem [1][Ankunftszentrum in Rahlstedt] | |
isoliert unter, [2][wenn sie positiv auf Covid-19 getestet wurden oder | |
direkte Kontaktpersonen sind]. Am Dienstag befanden sich nach Angaben der | |
Behörde 236 Personen dort. | |
In der Unterkunft am Rande Rahlstedts wohnten die Geflüchteten in Vier- | |
bis Achtbettzimmern, Erkrankte und Gesunde zusammen, darunter viele Frauen | |
mit ihren Neugeborenen, sagt Carola Ensslen, flüchtlingspolitische | |
Sprecherin der Linksfraktion, die die Unterkunft in regelmäßigen Abständen | |
besucht. Ihr zufolge spitzt sich die Lage in der Unterkunft immer weiter | |
zu: „Die Geflüchteten sind nun schon seit drei Wochen hier und wissen immer | |
noch nicht, wann sie gehen dürfen – und das, obwohl einige schon mehrfach | |
negativ getestet wurden.“ Vor Kurzem sei eine Frau von ihren Mitbewohnern | |
eingesperrt worden, weil sie positiv auf Corona getestet wurde. | |
Wann die Geflüchteten die Unterkunft verlassen können, hängt davon ab, wie | |
viele noch positiv getestet werden, denn erst wenn zwei Wochen lang kein | |
Fall auftritt, ist die Quarantäne beendet. Bis dahin müssen alle in | |
Isolation bleiben. Diese Situation sei für die Menschen unzumutbar, so | |
Ensslen: „Die Geflüchteten leben in noch größerer Unsicherheit als vorher | |
schon. Sie fühlen sich allein gelassen.“ | |
Auch Heiko Habbe von der Beratungsstelle Fluchtpunkt kritisiert das | |
Vorgehen der Behörde: „Aktuell wartet man einfach ab, bis sich alle | |
Bewohner infiziert haben. Das ist aus menschenrechtlicher Perspektive nicht | |
in Ordnung.“ | |
Die Innenbehörde weist die Kritik zurück. Man bringe positiv und negativ | |
getestete Bewohner nicht gemeinsam unter und halte sich an die Vorgaben des | |
Robert-Koch-Instituts. Zudem könne man nicht beeinflussen, wie lange die | |
Bewohner in der Unterkunft bleiben müssen: „Grundsätzlich legt das | |
Gesundheitsamt die Quarantänedauer fest. Eine Testung erfolgt am Standort | |
Bargkoppelstieg 60 am Ende der Quarantänezeit.“ Bei einem negativen | |
Testergebnis kehrten die Bewohner*innen in die Zentrale | |
Erstaufnahmeeinrichtung in Rahlstedt zurück. | |
## Nachteile im Asylverfahren | |
Laut Heiko Habbe hat die Quarantäne auch Folgen für die Asylverfahren. Er | |
ist zwar erleichtert darüber, dass inzwischen Geflüchteten in Quarantäne | |
kein Bescheid mehr über die Ablehnung ihres Asylantrags zugestellt werden | |
kann: „Das war problematisch, weil die Betroffenen in Quarantäne kaum die | |
Möglichkeit hatten, Kontakt zu ihren Anwälten aufzunehmen, um sich beraten | |
zu lassen“. | |
Habbe hat jedoch auch an der neuen Regelung Kritik: „Theoretisch ist das | |
eine gute Idee. In der Praxis ist die Vorgabe allerdings kaum umsetzbar. | |
Wenn der Brief losgeschickt wird, kann die Behörde ja nicht wissen, ob der | |
Empfänger in zwei Tagen in Quarantäne muss.“ | |
Dann bleibe den Geflüchteten nur die Möglichkeit, einen Antrag auf | |
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen, der sie in die Situation | |
zurückversetzt, in der sie sich vor der Quarantäne befanden. Auch hier | |
sieht Habbe Hürden: „Damit der Antrag genehmigt wird, müssen die | |
Geflüchteten zeigen, dass sie nichts für die Fristversäumnis können.“ Da | |
die Anwälte noch telefonisch und per Mail erreichbar seien, sei es für die | |
Geflüchteten aber schwierig, ausreichend zu belegen, dass tatsächlich | |
niemand erreichbar war. | |
12 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Paula Bäurich | |
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