# taz.de -- Umweltverschmutzung in Mexiko: Toxische Beziehungen | |
> Industrieabfälle verseuchen den Atoyac-Fluss in Mexiko. Unter den | |
> Verschmutzern sind auch deutsche Firmen, die von laxen Vorschriften | |
> profitieren. | |
Bild: Chemie aus Deutschland, Gift für Mexiko? | |
Jetzt stinkt es, aber manchmal hält man es dort gar nicht aus“, sagt | |
Maribel Rojas am Ufer des Flusses Atoyac. Seit sechs Jahren ist sie | |
Pastorin hier in der Region des Alto Atoyac. In dieser Zeit hat sie | |
gesehen, wie sich das Wasser des Flusses blau, rot, violett oder schwarz | |
färbt. Wird es ganz schwarz, kommen die Tiere der Umgebung nicht einmal in | |
die Nähe. | |
Die 32-Jährige beobachtet den heute violett gefärbten Fluss mit | |
Resignation. „Früher konnte man hier baden und Wasser trinken. Es war | |
kristallklar.“ Neben ihr laufen sechs verkümmerte Kühe, ein kleines Pony | |
und ihre Hunde ruhelos am Ufer auf und ab. „Es sind die Unternehmen, die | |
ihre Chemikalien freisetzen. Und als Bürger können wir nichts tun“, sagt | |
sie. | |
Das Alto-Atoyac-Becken in Mexiko erstreckt sich über 4.000 Quadratkilometer | |
in den Bundesstaaten Tlaxcala und Puebla, Heimat von über drei Millionen | |
Menschen. Die mexikanische Regierung hat das Gebiet zur sozioökologische | |
Notstandszone erklärt. [1][2023 wies ein Bericht] des Nationalen | |
Wissenschafts- und Technologierates erschütternde gesundheitliche Folgen im | |
Zusammenhang mit industrieller Verschmutzung nach. Es ist die erste Analyse | |
des Alto-Atoyac-Beckens, die solide wissenschaftliche Daten dafür liefert. | |
Die Sterberaten durch chronische Nierenerkrankungen bei Menschen im Alter | |
von 15 bis 49 Jahren sind hier bis zu fünfmal höher als im nationalen | |
Durchschnitt. Im Süden von Puebla und Tlaxcala hängen die erhöhten Arsen- | |
und Metallwerte des Flusses mit akuter Leukämie bei Kindern zusammen. 58 | |
Prozent dieser Fälle verlaufen tödlich. „Das Auftreten von chronischen | |
Nierenerkrankungen und Leukämien bei Kindern ist fast immer mit der | |
Belastung durch Giftstoffe verbunden“, so der Bericht. | |
## Giftige Spuren deutscher Firmen | |
Verursacher dieser Giftstoffe: Industrien und ihre Abwässer. Die | |
Hauptquellen sind oft schwer zu lokalisieren und stammen vor allem aus der | |
Automobil-, Chemie-, Elektro- und Textilindustrie. Sie leiten | |
Schwermetalle, Halbmetalle, organisch-synthetische Verbindungen und | |
Pestizide in den Atoyac-Fluss. | |
Am Ufer liegt das Viertel Nueva Alemania (Neues Deutschland). Hier, mit | |
Blick auf die Vulkane Popocatépetl und Iztaccíhuatl, stehen Werke von | |
Volkswagen und BASF in Straßen mit Namen wie Frankfurt, Hamburg und Berlin. | |
María Ocotlán betreibt einen Imbiss in der Münchner Straße. „Der Fluss hat | |
sich in den letzten zwanzig Jahren verschlechtert“, sagt sie. „Früher haben | |
die Leute in seinem kristallklaren Wasser ihre Kleidung gewaschen und | |
gebadet. Jetzt kann man sich nicht einmal mehr die Hände waschen.“ | |
Seit 2021 prangert eine Koalition von NGOs [2][die Umweltzerstörung] an, | |
die von multinationalen Konzernen wie Volkswagen, Bayer, BASF und | |
Thyssenkrupp verursacht werde. Sie wirft ihnen vor, „ihre Spuren auf dem | |
Territorium und den Körpern der Menschen zu hinterlassen“. | |
Alejandra Méndez, Direktorin der mexikanischen Menschenrechtsorganisation | |
Fray Julián Garcés Center, betont den Mangel an Transparenz in den | |
Industriebetrieben. „Unternehmen wie Volkswagen tragen Verantwortung für | |
seine Zulieferer in der gesamten Lieferkette“, erklärt sie. VW produziert | |
keine Autos vor Ort, sondern stellt Einzelteile her. Dabei verlässt es sich | |
auf eine Lieferkette von Textil- und Chemieunternehmen, die in der Region | |
ansässig sind. | |
## Nierenschäden durch Arsengehalt | |
Bei einem Treffen mit der Menschenrechtsabteilung von Volkswagen forderte | |
Méndez von dem Unternehmen Informationen über die in ihren | |
Fertigungsprozessen verwendeten Stoffe. „Sie lehnten das natürlich ab“, | |
sagt sie. Solange die Regierungen diese Informationen nicht einfordern, | |
wird sich nichts ändern. Denn das erschwert, ihnen die Umweltverschmutzung | |
nachzuweisen. | |
Dabei ist die Verschmutzung evident: Das Sekretariat für Umwelt und | |
natürliche Ressourcen berichtete gemeinsam mit der Nationalen | |
Wasserkommission, dass von achtzehn überwachten Standorten entlang des | |
Atoyac-Flusses in Puebla und Tlaxcala nur einer als nicht kontaminiert | |
gilt. | |
Seit 2011 haben staatliche Messungen gezeigt, dass der Arsengehalt im Fluss | |
den WHO-Grenzwert weit überschreitet. Giftige Metalle wie Cadmium, Kupfer, | |
Chrom, Nickel, Blei und Zink überschreiten ebenfalls die | |
Sicherheitsgrenzwerte und verursachen Nierenschäden, Atemprobleme, | |
neurologische Schäden und Magen-Darm-Probleme. | |
Seit Jahrzehnten erleben die Bewohner des Alto-Atoyac-Beckens die Expansion | |
des Industriekorridors. 1965 siedelte sich Volkswagen an, 1969 kam der | |
Petrochemiekomplex Independencia, 2016 Audi. Viele leiten ihre Abfälle in | |
den Fluss, zu den größten Verursachern gehören deutsche Unternehmen. | |
## Hoher Wasserverbrauch, giftiges Abwasser | |
Im Jahr 2020 würdigte Johannes Hauser, Generaldirektor der | |
Mexikanisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, die engen | |
[3][Handelsbeziehungen zwischen dem Bundesstaat Puebla und Deutschland] und | |
hob die Präsenz von über 180 deutschen Unternehmen in Sektoren wie | |
Automobil, Chemie, Logistik und Umwelttechnologie hervor. | |
Zu dieser Zeit war Deutschland Pueblas drittgrößter Handelspartner, und | |
Puebla galt als der wichtigste mexikanische Standort für deutsche | |
Auslandsinvestitionen. Im Jahr 2023 exportierte Puebla Waren im Wert von | |
3,66 Milliarden Dollar nach Deutschland und erhielt 942 Millionen Dollar an | |
deutschen Direktinvestitionen. | |
Das [4][BASF-Werk in Puebla] gleicht einer Festung, umgeben von | |
Überwachungstürmen und privaten Sicherheitskräften. Im Inneren erstrecken | |
sich Industrielager auf 220.000 Quadratmetern, mit Rohren und | |
Schornsteinen, aus denen dichter Rauch aufsteigt. Schilder verbieten die | |
Verwendung von Mobiltelefonen oder Kameras und unterstreichen die | |
Geheimhaltung des Standorts. BASF behauptet, Chemie für eine nachhaltige | |
Zukunft zu machen und sich dabei an Bundesgesetze zu halten. Die Fabrik | |
produziert hochleistungsfähige chemische Produkte für den Bergbau-, | |
Luftfahrt- und Automobilsektor. | |
Laut dem öffentlichen Register für Wasserrechte entnimmt BASF täglich 1.750 | |
Kubikmeter Wasser – das entspricht dem jährlichen Wasserverbrauch eines | |
Einwohners im nahe gelegenen Mexiko-Stadt. Außerdem leitet das Unternehmen | |
jährlich fast 194.000 Kubikmeter Abwasser in den Fluss Atoyac ein, genug, | |
um 57 olympische Schwimmbecken zu füllen. Eingeleitete Schadstoffe | |
verschlechtern die Wasserqualität, schädigen Lebewesen und stören die | |
landwirtschaftliche Nutzung des Flusses, was zu einer Kettenreaktion für | |
Mensch und Umwelt führt. | |
## Unklare Verantwortlichkeit | |
BASF gibt an, dass seine Kläranlagen rund um die Uhr in Betrieb sind, sie | |
erscheinen jedoch nicht im staatlichen Verzeichnis der Kläranlagen. Das | |
Unternehmen erklärt das per E-Mail mit einer speziellen bundesstaatlichen | |
Genehmigung, das Wasser direkt in den Atoyac zu leiten. Und das Verzeichnis | |
erfasst nur Anlagen, die Wasser recyceln. Dadurch entsteht eine | |
Regulierungslücke, | |
Doch BASF ist nur eines von vielen solcher Unternehmen: Im Jahr 2022 haben | |
219 Unternehmen täglich Tonnen von Abfällen in das Atoyac-Becken gekippt | |
und so die Verschmutzung weiter verschlimmert. Auf der anderen Seite des | |
Flusses liegt ein Volkswagenwerk, das seit den 1960er Jahren hier Autos | |
zusammenbaut. Es ist nach eigenen Angaben das „größte Automobilwerk | |
Mexikos“. | |
Seit 1996 hat VW im Rahmen einer staatlichen Konzession jährlich 1,5 | |
Millionen Kubikmeter Wasser entnommen, genug, um 11.000 Menschen ein Jahr | |
lang zu versorgen. Seit 2004 hat das Unternehmen eine entsprechende | |
Abwassermenge gemeldet – ausreichend, um 415 olympische Schwimmbecken zu | |
füllen. Doch VW behauptet, die mexikanischen Vorschriften einzuhalten, und | |
bestreitet, Beschwerden aus der Bevölkerung über seinen Wasserverbrauch | |
oder sein Abwasser erhalten zu haben. | |
Dass sich Unternehmen auf kommunale Abwassersysteme verlassen können und | |
ihren eigenen Abfall nicht richtig entsorgen, führt die Menschenrechtlerin | |
Alejandra Méndez auf die Lockerung der Umweltschutzbestimmungen während des | |
neoliberalen Booms der 1990er Jahre zurück. Damals wurde es den Industrien | |
ermöglichte, ihre Verantwortung legal zu umgehen. Das ist kein Zufall – die | |
Lobbyarbeit der Unternehmen prägt seit Langem die Umweltpolitik, zulasten | |
der öffentlichen Gesundheit. Doch Méndez fordert, die Firmen „müssen sich | |
um ihren Abfall kümmern“. | |
## Viel Geld für Lobbyarbeit | |
BASF ist ein wichtiger Akteur in der europäischen Chemielobby und gibt laut | |
offiziellen Registern jährlich fast 5 Millionen Euro für EU-Lobbyarbeit und | |
weitere 4 Millionen Euro in Deutschland aus. Ähnlich wie der deutsche | |
Chemieriese Bayer versucht auch BASF Einfluss auf Industrieverbände zu | |
nehmen. In Brüssel ermöglichen gesponserte Debatten und informelle Treffen | |
den Unternehmen, Narrative zu kontrollieren und gleichzeitig als legitime | |
Teilnehmer aufzutreten. | |
Im Bundesstaat Tlaxcala produziert Bayer Pilzvernichtungsmittel, von denen | |
über 80 Prozent in die USA und nach Europa exportiert werden. Auch Bayer | |
behauptet, die offiziellen Abwasservorschriften einzuhalten, und | |
versichert, dass das Abwasser, das durch die kommunale Kläranlage fließt, | |
den erforderlichen Standards entspricht. „Wir haben Klarheit über unseren | |
Wasserverbrauch und die Einhaltung der Umweltvorschriften“, sagt Laura | |
Tamayo, Kommunikationsdirektorin von Bayer Mexiko, und verweist auf | |
regelmäßige Inspektionen, unter anderem von der Nationalen Wasserbehörde im | |
Jahr 2017. | |
Im April 2024 wurde eine [5][EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht in Bezug | |
auf die Nachhaltigkeit] verabschiedet, die für Unternehmen ab 1.000 | |
Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 450 Millionen Euro gilt. Die | |
Richtlinie verpflichtet sie, Umwelt- und Menschenrechtsrisiken in ihren | |
Lieferketten zu berücksichtigen, obwohl dies mit erheblichen Betriebskosten | |
verbunden ist. | |
Während die EU-Richtlinie erst 2027 oder nach neuesten Vorschlägen der | |
EU-Kommission sogar erst 2028 in Kraft tritt, gilt das deutsche | |
Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeiterin | |
bereits seit dem 1. Januar 2024. Demnach sind Unternehmen bereits jetzt | |
dafür verantwortlich, Menschenrechte einzuhalten und die Umwelt zu | |
schützen. | |
## Wirtschaft vor Gesundheit | |
NGOs sehen darin ein Potenzial, aber bisher fehlt es ihnen an | |
grenzüberschreitenden Mechanismen, ihre Klagen und Beschwerden wirklich | |
durchzusetzen. Das hängt auch mit der nationalen Gesetzgebung zusammen: | |
Obwohl in der Region über 22.000 Unternehmen tätig sind, sind nur 6.000 | |
davon verpflichtet, ihre Emissionen an das entsprechende Register zu | |
melden. Im Jahr 2021 kamen weniger als 225 Unternehmen dieser Verpflichtung | |
nach. | |
„In den letzten 60 Jahren wurde die wirtschaftliche Produktion zur | |
Priorität, was die traditionellen Lebensweisen radikal veränderte und eine | |
komplexe Realität für die im Becken lebenden Menschen schuf“, erklärt | |
Rodrigo Gutiérrez, Menschenrechtsforscher an der Universidad Autónoma von | |
Mexiko (Unam). | |
Das für die Produktion unverzichtbare Wasser wird von der Nationalen | |
Wasserkommission verwaltet, die Lizenzen direkt an Unternehmen vergeben | |
kann. „Das Nationale Wassergesetz wurde 1992 geschaffen, um Unternehmen | |
Rechtssicherheit zu bieten“, sagt Gutiérrez. Dieser Rechtsrahmen, fügt er | |
hinzu, sei Teil eines ideologischen Projekts, das darauf abzielte, | |
nationale Ressourcen mit internationalen Geschäftsinteressen in Einklang zu | |
bringen. | |
In der Girasoles-Straße südwestlich von Puebla stagniert der Atoyac-Fluss | |
unter einer Kruste aus Schadstoffen und schimmert rosa – ein Cocktail aus | |
chemischen Industrieabfällen. Trotz seines schlammigen Aussehens verwendet | |
Felipe Pérez dieses Wasser immer noch zur Bewässerung seines ein Hektar | |
großen Bohnen- und Luzernefelds. | |
## Komplexe Schadstoffgemische | |
Felipe erinnert sich, wie er versuchte, auf dem Markt Zwiebeln zu | |
verkaufen. Doch wegen ihres bitteren Geschmacks fand er keine Käufer – eine | |
Folge des verunreinigten Wassers. Ein defektes hydraulisches Pumpsystem, | |
das inzwischen verlassen und geplündert wurde, steht in der Nähe als Symbol | |
gebrochener Versprechen. Die Pumpmaschine wurde laut Felipe vor vier Jahren | |
in Betrieb genommen, funktionierte jedoch nicht und wurde sofort | |
aufgegeben. „Wir leben einfach weiter“, sagt er. | |
Weiter flussabwärts liegt der Valsequillo-Damm rissig und öde da. In den | |
verbleibenden feuchten Stellen erstickt der erhöhte Nährstoffgehalt das | |
Leben im Wasser, während gelegentlich noch Vögel über die Oberfläche | |
gleiten. Der Fluss ist wie viele andere in Zentralmexiko voller Schadstoffe | |
aus Industrie, Haushalt und Landwirtschaft. | |
Rodolfo Omar Arellano Aguilar ist Doktor für Biowissenschaften und Forscher | |
an der Unam. Er erklärt: „Wir haben es mit komplexen Schadstoffgemischen zu | |
tun – organischen Krankheitserregern wie Salmonellen, Coli-, Hepatitis- und | |
Herpesviren sowie anorganischen Giften wie Arsen, Cadmium, Chrom, Zink und | |
Nickel.“ | |
Auch Spuren von Organphosphaten und Organochlorverbindungen wie DDT seien | |
zu finden, obwohl diese inzwischen verboten sind, denn sie beeinträchtigen | |
nicht nur das Nervensystem von Insekten, sondern bergen auch Risiken für | |
die Gesundheit von Menschen. Doch noch immer werden diese Chemikalien als | |
Pestizide eingesetzt. „Wir haben sogar Glyphosat direkt im Wasser | |
nachgewiesen, das verantwortungslos eingesetzt wird, um Lilien zu | |
vernichten oder Moskitos zu töten“, sagt er. | |
## Absurd hohe Grenzwerte | |
In seinem Büro blättert Arellano in einem Buch über die Fischarten im | |
Atoyac. Heute sind fast all diese Arten verschwunden. „Ausgestorben, | |
ausgestorben, vom Aussterben bedroht, ausgestorben, vom Aussterben bedroht | |
…“, kommentiert er. | |
Arellano erinnert sich an ein Experiment mit Zebrafischembryonen aus dem | |
Jahr 2012, bei dem Wasserproben aus dem Atoyac so giftig waren, dass sie | |
fünfzig mal verdünnt werden mussten, damit die Embryonen überlebten. Selbst | |
dann wiesen sie noch schwere Missbildungen auf. Aber es gehe nicht nur um | |
Fische und Insekten: „Der Zusammenhang zwischen der Gesundheit des Flusses | |
und der der Menschen ist verheerend.“ | |
Ein Problem sei auch, dass die Umweltschutzbestimmungen nicht den Fluss | |
überwachen, sondern die Abwässer, erklärt er. „Die Industrie muss ihre | |
Schadstoffe unter bestimmten Werten halten, aber diese Grenzwerte sind | |
absurd hoch. Darüber hinaus werden die Abwässer in öffentliche Kanäle | |
abgeführt, sodass es unmöglich ist, herauszufinden, wer dafür | |
verantwortlich ist.“ | |
In den 1990er Jahren wurden die Umweltschutzbestimmungen im Rahmen des | |
[6][US-amerikanisch-kanadisch-mexikanischen Freihandelsabkommens Nafta] | |
abgeschwächt und von fünfzig Bestimmungen auf nur drei reduziert. Laut | |
Arellano ist die Textilindustrie mit ihren auffälligen chemischen | |
Abwässern weiterhin ein Hauptverschmutzer. Vielen kleinen Fabriken fehlt | |
die Infrastruktur zur Entsorgung ihrer Abfälle, was die Krise verschärft. | |
## Eine Strafe Gottes? | |
Die sozioökologischen Auswirkungen gehen über die Gesundheit hinaus: Sie | |
stören traditionelle Lebensweisen, zwingen Menschen zur Migration und | |
drängen sie in prekäre Industriejobs. | |
Die Umwelt- und Gesundheitsschäden im Alto-Atoyac-Becken die Aufmerksamkeit | |
von Menschenrechtskommissionen, Ethikgerichten und dem Interamerikanischen | |
Gerichtshof für Menschenrechte (IACHR) auf sich gezogen. | |
In San Mateo Ayecac in Tlaxcala, erinnert sich die 51-jährige Alejandra | |
Ramírez Varela an ihre Kindheit am Fluss. Daran, wie sie Blumen für die | |
traditionellen Sägemehl-Teppiche sammelte – heute eine unmögliche | |
Tradition, da das giftige Wasser Pflanzen tötet und Bäume vorzeitig | |
vertrocknen. Mit der Zeit tauchten immer mehr große Rohre auf, die dicke | |
schwarze Abwässer in den Fluss leiteten. | |
Ramírez schloss sich der Nichtregierungsorganisation Atoyac with Life an, | |
die Wasserproben sammelt. Diese zeigten alarmierende Toxizitätswerte an. | |
„Viele glauben, Krankheiten seien eine Strafe Gottes, aber Studien | |
bewiesen, dass sie von Chemikalien im Wasser herrühren“, erklärt sie. | |
## Schikane von betroffenen Gemeinden | |
2006 reichte die mexikanische Menschenrechtsorganisation Fray Julián Garcés | |
Center eine Beschwerde beim Lateinamerikanischen Wassertribunal ein. Deren | |
Direktorin Montero dokumentierte gentoxische Schäden, also Zellschäden, die | |
mit einem erhöhten Risiko für Krebs und Missbildungen verbunden sind. | |
Aber noch immer schikanieren die Behörden betroffene Gemeinden und | |
verteidigen die Industrie. „Sie sagten uns, dass Kinder krank werden, weil | |
ihre Eltern sich nicht um sie kümmern oder weil sie Cousins heiraten“, sagt | |
Méndez empört. „Wir sind weder verantwortlich für das, was passiert, noch | |
schuld daran. Es ist die Industrie. Und man muss es so benennen“, sagt sie. | |
Die verheerenden Auswirkungen zeigen sich unverkennbar. In einem der | |
Gewässer, die die Industriekorridore der Bundesstaaten Puebla und Tlaxcala | |
verbinden, nur wenige Meter von den Schornsteinen der Textilfabriken | |
entfernt, treibt ein Entenpaar über einen See aus Industrieabfällen. Ihre | |
weißen Federn sind schwarz gefärbt und hinterlassen eine dunkle Spur im | |
giftigen Wasser. | |
Aus dem Englischen von Sabina Zollner | |
Dieser Artikel wurde mithilfe des Journalismfund Europe finanziert. | |
9 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://secihti.mx/conahcyt-orienta-quehacer-cientifico-y-humanistico-a-la-… | |
[2] https://www.mexiko-koordination.de/2020/11/05/umweltnotstand-in-mexiko/?l=de | |
[3] https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/mexiko-node/bilateral-21… | |
[4] https://www.basf.com/global/de/who-we-are/organization/locations/central-am… | |
[5] /Von-der-Leyens-Plaene/!6069345 | |
[6] https://library.fes.de/dignew/stabsabteilung/00503001.htm | |
## AUTOREN | |
Alejandro Saldívar | |
Marta Montojo | |
Federica Bordaberry | |
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