# taz.de -- Umstrittene Anleihenkäufe der EZB: Karlsruhe weist Klagen zurück | |
> Die Europäische Zentralbank darf Staatsanleihen überschuldeter | |
> Mitgliedsstaaten aufkaufen. Das urteilt das Verfassungsgericht. | |
Bild: Macht den Deckel drauf: BVerfG-Präsident Andreas Voßkuhle | |
KARLSRUHE afp | Das Bundesverfassungsgericht hat die Klagen gegen das | |
Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückgewiesen. Das | |
sogenannte OMT-Programm verstoße wegen begrenzender Auflagen des | |
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht gegen das Verbot der monetären | |
Haushaltsführung in Eurokrisenstaaten, entschieden die Karlsruher Richter | |
am Dienstag. | |
Die Bundesbank darf sich deshalb künftig am Kauf maroder Staatsanleihen | |
beteiligen, Bundesregierung und Bundestag müssen aber beobachten, ob das | |
Programm nicht die vom EuGH bestimmten Grenzen verlässt. (Az. 2 BvR 2728/13 | |
u.a.) | |
Mit dem Urteil zogen die Verfassungshüter den Schlussstrich unter ein | |
dreieinhalb Jahre dauerndes Verfahren. Anlass war die umstrittene | |
Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi aus dem Jahr 2012, zur Beruhigung der | |
Finanzmärkte unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen. | |
Kläger wie der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, einige | |
Professoren sowie mehr als zehntausend Bürger sahen deshalb die Gefahr, | |
dass mit dem Programm Haushalte überschuldeter Staaten per Notenpresse | |
finanziert werden könnten und Deutschland dafür mithaften müsste. | |
Karlsruhe legte den Fall zunächst mitsamt einem Lösungspaket dem EuGH vor. | |
Die Luxemburger Richter billigten im Juni 2015 das bis heute nicht | |
aktivierte Programm unter einer Reihe von Auflagen. Demnach darf die EZB | |
etwa Anleihekäufe nicht ankündigen, das Volumen der Käufe muss begrenzt | |
werden, und eine Mindestfrist zwischen Kauf und Verkauf der Anleihen muss | |
eingehalten werden, um Spekulationen zu vermeiden. Zudem dürfen nur | |
Anleihen von noch kreditwürdigen Staaten gekauft werden, und die Titel | |
dürfen nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten werden. | |
## Kein relevantes Risiko für das Budgetrecht | |
Dem Urteil zufolge besteht unter diesen gerichtlich zu kontrollierenden | |
Maßgaben „kein relevantes Risiko für das Budgetrecht des Bundestags“, wenn | |
womöglich mit mehrstelligen Milliardenbeträgen für Schuldentitel gehaftet | |
werden müsse. Bundesregierung und Bundestag seien deshalb auch nicht | |
verpflichtet, „gegen das OMT-Programm vorzugehen“. | |
Kritisch äußerten sich die Richter aber zur Entscheidung des EuGH, die EZB | |
überschreite mit dem Programm noch nicht ihre Kompetenzen und betreibe | |
keine unzulässige Wirtschaftspolitik. Luxemburg hatte entschieden, dass die | |
Aufgabe der EZB zwar vorrangig Geldpolitik zur Stabilisierung der Preise | |
sei. Die EZB dürfe aber auch „ohne Beeinträchtigung dieses Ziels die | |
allgemeine Wirtschaftspolitik der Union unterstützen“. | |
Die Verfassungshüter zeigten sich im Urteil zwar unzufrieden über diese | |
unklare Abgrenzung von erlaubter Geldpolitik zu verbotener | |
Wirtschaftspolitik. Die Auffassung des EuGH bewege sich aber noch innerhalb | |
der Fehlertoleranz. Zudem sei Karlsruhe an die Entscheidungen des EuGH bis | |
an die Grenze zur Willkür gebunden. | |
21 Jun 2016 | |
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