# taz.de -- Umfrage unter Jugendlichen: Rechtsruck bei junger Generation | |
> Die jüngsten Krisen trüben die Stimmung bei Jugendlichen und jungen | |
> Erwachsenen ein. Eine Umfrage zeigt zudem: Sie wenden sich verstärkt der | |
> AfD zu. | |
Bild: Wer Jugendliche heute mit seiner Politik erreichen möchte, sollte auf re… | |
Berlin dpa | Jugendliche und junge Erwachsene sind einer Studie zufolge | |
immer unzufriedener und wenden sich stärker [1][der AfD] zu. 22 Prozent der | |
14- bis 29-Jährigen würden demnach AfD wählen, wenn jetzt Bundestagswahl | |
wäre. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren, wie aus | |
einer am Dienstag vorgelegten repräsentativen Befragung für die Studie | |
„[2][Jugend in Deutschland 2024]“ hervorgeht. 2022 hatten sich noch 9 | |
Prozent für die AfD ausgesprochen, im vergangenen Jahr waren es 12 Prozent. | |
Für die Studie der Jugendforscher Simon Schnetzer, [3][Klaus Hurrelmann] | |
sowie des Politikwissenschaftlers Kilian Hampel wurden im Januar und | |
Februar gut 2.000 junge Leute von 14 bis 29 Jahren repräsentativ befragt: | |
nach ihrer Parteipräferenz, ihren größten Sorgen, der Zufriedenheit mit | |
ihrer persönlichen Situation (Finanzen, Gesundheit, berufliche Chancen) und | |
der gesellschaftlichen Lage (Wirtschaft, Zusammenhalt, politische | |
Verhältnisse, Lebensqualität in Deutschland). Das Ergebnis: Die junge | |
Generation wird im Vergleich zu den Befragungen der Vorjahre immer | |
unzufriedener, besonders mit der gesellschaftlich-wirtschaftlichen Lage. | |
Nach den Auswirkungen der Coronazeit stünden nun wirtschaftliche und | |
politische Sorgen um die Zukunft im Vordergrund, etwa wegen der Inflation, | |
hoher Mieten, der Kriege in der Ukraine und in Nahost oder wegen einer | |
Spaltung der Gesellschaft, schreiben die Autoren. „Es wirkt so, als hätte | |
die Coronapandemie eine Irritation im Vertrauen auf die Zukunftsbewältigung | |
hinterlassen, die sich in einer anhaltend tiefen Verunsicherung | |
niederschlägt.“ | |
## Vor allem Zufriedenheit mit Politik sinkt | |
Die Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Lage, den beruflichen | |
Chancen, der Gesundheit und der sozialen Anerkennung liegt zwar insgesamt | |
auf einer Skala von „sehr zufrieden“ bis „sehr unzufrieden“ weiterhin | |
leicht im positiven Bereich, aber überall sind Rückgänge zu sehen. Eher | |
unzufrieden mit der wirtschaftlichen Entwicklung, dem gesellschaftlichen | |
Zusammenhalt und den politischen Verhältnissen war die junge Generation | |
auch schon 2022 und 2023. | |
Besonders die Zufriedenheit mit den politischen Verhältnissen ist dieses | |
Jahr aber noch einmal deutlich gesunken. Die Sorgen mit Blick auf den | |
Klimawandel gehen zurück und wachsen dafür bei Themen wie Inflation, | |
Wirtschaft oder Altersarmut. | |
„Wir können von einem deutlichen Rechtsruck in der jungen Bevölkerung | |
sprechen“, sagte Hurrelmann. „Während die Parteien der Ampel-Regierung in | |
der Gunst immer weiter absinken, hat die AfD besonders großen Zulauf.“ | |
18 Prozent der Jugendlichen und Jungen Erwachsenen würden demnach die | |
Grünen wählen, 2022 waren es noch 27 Prozent. Die FDP sackte in der Umfrage | |
ab von 19 auf 8, die SPD verlor von 14 auf 12 Prozent. Die Union | |
verbesserte sich der Umfrage zufolge bei jungen Menschen von 16 auf 20 | |
Prozent, das neue Bündnis Sahra Wagenknecht kommt auf 5 Prozent. Die Zahl | |
derjenigen, die auf die Frage, wen sie wählen würden, mit „Ich weiß es | |
nicht“ antworteten, stieg deutlich von 19 Prozent vor zwei Jahren auf heute | |
25 Prozent. | |
## „Heftiger Meinungsumschwung“ | |
Auffällig ist, dass trotz gestiegener Zustimmungswerte für die AfD, die | |
meisten jungen Menschen in einer ganz zentralen Frage eine andere Meinung | |
haben als die rechtspopulistische Partei. Der Aussage „Deutschland wäre | |
ohne die EU besser dran“, stimmten nur 13 Prozent zu, 56 Prozent nicht. | |
Hier blieb das Meinungsbild relativ stabil. | |
Sehr stark gesunken ist den Autoren zufolge aber im Vergleich zur | |
Shell-Jugendstudie von 2019 die Zustimmung zur Aufnahme vieler Flüchtlinge. | |
57 Prozent waren damals dafür, in der vorliegenden Studie sind es nur noch | |
26 Prozent. „Hier hat offensichtlich ein heftiger Meinungsumschwung in der | |
jungen Generation stattgefunden“, schreiben die Autoren. | |
Aus der Erhebung ergebe sich für die Regierungsparteien „das eindeutige | |
Signal, dass sie auch im Blick auf die junge Generation eine Einwanderungs- | |
und Flüchtlingspolitik betreiben müssen, die das positive Potenzial von | |
Migration für die Zukunft in Deutschland fördert und lösungsorientiert mit | |
den damit verbundenen Ängsten umgeht“, heißt es. „Hier gibt es | |
offensichtlich ein erhebliches Kommunikationsdefizit.“ | |
## Informierung über Tiktok | |
Apropos Kommunikation: Wer nicht auf relevanten Social-Media-Kanälen und | |
Plattformen aktiv ist, wird der Studie zufolge von jungen Menschen | |
schlichtweg nicht zur Kenntnis genommen. [4][Die AfD ist auf der | |
Videoplattform Tiktok schon lange aktiv] und hat dort viele Follower. Die | |
Partei erreiche die junge Generation in einem großen Ausmaß. „Den anderen | |
Parteien ist dringend anzuraten, hier nachzuziehen.“ | |
Die Befragung zeigt, dass sich die Mehrheit (57 Prozent) der Jugendlichen | |
und jungen Erwachsenen über Nachrichten und Politik auf | |
Social-Media-Kanälen informiert. 92 Prozent nutzen regelmäßig WhatsApp, | |
dahinter kommen Instagram (80 Prozent) und Youtube (77 Prozent). Tiktok | |
nimmt an Bedeutung zu: Inzwischen nutzen mit 51 Prozent mehr als die Hälfte | |
aller 14- bis 29-Jährigen die App regelmäßig, vor einem Jahr waren es noch | |
44 Prozent. | |
So langsam reagiert auch die Bundesregierung: Gesundheitsminister Karl | |
Lauterbach (SPD) hat vor Kurzem einen Tiktok-Kanal gestartet, | |
[5][Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ebenfalls]. Und es gibt neuerdings auch | |
einen WhatsApp-Kanal der Regierung, der über Entscheidungen und Vorhaben | |
der Ampel informiert. | |
23 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296 | |
[2] https://simon-schnetzer.com/trendstudie-jugend-in-deutschland-2024/ | |
[3] /Forscher-ueber-Zustand-der-Gesellschaft/!5951963 | |
[4] /Social-Media-gegen-rechts/!6003033 | |
[5] /Kanzleramt-startet-Account/!6002894 | |
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