| # taz.de -- Bad news und rechte Jugend: Taylor Swift for President! | |
| > Zu viel schlechte Nachrichten machen depressiv und destruktiv. Dabei gibt | |
| > es auch Gutes zu berichten: Taylor Swifts toller Erfolg und ihr Einfluss. | |
| Bild: Taylor Swift posiert auf dem roten Teppich bei der 66. jährlichen Grammy… | |
| Es wäre wirklich schön, wenn nette Außerirdische auftauchen und der | |
| Menschheit helfen könnten, wie es auf dem letzten [1][wochentaz-Titel] | |
| gefordert wurde. Die bisherigen Erdbewohner*innen kriegen es ja ganz | |
| eindeutig allein nicht mehr hin. Deshalb ist jetzt auch die Zeit gekommen, | |
| um zu fragen: „[2][Entdecken wir bald Aliens?]“ Aber eigentlich machen wir | |
| es uns schon wieder viel zu kompliziert. | |
| Es gibt doch schon ein Wesen von einem anderen Stern, das viele Probleme | |
| lösen könnte, zumindest ein großes namens Donald. „Kann sie als einziger | |
| Mensch weltweit Trumps Wiederwahl stoppen?“, fragt nicht nur die SZ | |
| hoffnungsfroh. Auch der gute alte Stern traut dem neuen Megastar zu, die | |
| US-Wahl zu beeinflussen und ernennt [3][Taylor Swift] zur „Königin der | |
| Welt“. | |
| Hoffen wir, dass die singende Influencerin, die mit ihrem aktuellen | |
| Album alle eigenen Rekorde bricht, auch als politische Hoffnungsträgerin | |
| länger im Amt bleibt als die letzte. Die Älteren erinnern sich vielleicht | |
| noch an eine gewisse [4][Greta Thunberg], die auch zu allem fähig schien, | |
| bis sie wegen extremer Einseitigkeit in Kriegsfragen abgesetzt wurde, was | |
| nicht allzu schwerfiel, da sich für Thunbergs ursprüngliches Kernthema | |
| Klimaschutz ohnehin kaum noch jemand interessiert. | |
| Auch die von der Zukunft am meisten betroffene „[5][Jugend in Deutschland]“ | |
| ängstigt sich laut neuer Studie mehr vor den Kriegen, vor Inflation und | |
| knappem Wohnraum. Und sie ist „so pessimistisch wie noch nie in den letzten | |
| Jahren“. Ein trauriger Befund, der mich als Vater und Journalist berührt | |
| hat. Was können wir tun, damit unsere Kinder wieder mehr Gründe für | |
| Optimismus oder zumindest Hoffnung finden? | |
| ## Das halbe volle Glas | |
| Und damit sie nicht die AfD wählen, die bei den Jugendlichen zwischen 14 | |
| und 29 Jahren mit 22 Prozent stärkste Partei ist? Ein „deutlicher | |
| Rechtsruck“, wie der Spiegel schreibt. Aber vielleicht fängt das Problem | |
| genau hier an: bei unserer Wahrnehmung und Darstellung der Welt. Die ist | |
| überwiegend negativ, weil alarmierend klingende Meldungen eher gedruckt und | |
| gesendet werden. | |
| Auch und gerade in der taz sind wir es gewohnt, eher Missstände zu betonen | |
| und auf Mängel hinzuweisen, die vom sogenannten Mainstream nicht beachtet | |
| werden. Aber ich habe das Gefühl, dieser Ansatz kommt an seine Grenzen. Es | |
| wird zu viel des Schlechten. In einer Zeit, in der alle aktuellen | |
| Nachrichten zwangsläufig von den täglichen Kriegsmeldungen geprägt sind, | |
| kann man nicht so tun, als sei die Welt in Ordnung. | |
| Aber wir sollten uns bemühen, mehr Hoffnungsschimmer zu erkennen und in den | |
| Vordergrund zu stellen, statt immer nur die immer gleichen ungelösten | |
| Probleme aufzuzählen. Sie alarmieren nicht mehr, sie lähmen. Es ist | |
| leichter, Schuldige zu finden als Lösungsansätze. Aber dann müssen wir uns | |
| eben mehr anstrengen. Sonst wird es zu deprimierend und destruktiv. | |
| Wenn alles hoffnungslos klingt, müssen wir uns nicht wundern, dass sich | |
| immer mehr Menschen von den demokratisch orientierten Medien und Parteien | |
| abwenden. Versuchen wir es also zum Beispiel so zu sehen: Trotz aller | |
| Krisen wählen 78 Prozent der Jugendlichen nicht die AfD. Und vielleicht | |
| verliert sie ja noch mehr, wenn sich die [6][Russland- und China-Nähe der | |
| Partei] herumspricht. | |
| ## Warum keine Popsängerin? | |
| Statt immer nur zu bibbern, lachen wir ruhig über das absurde Schauspiel, | |
| wie die AfD ihren peinlichen Spitzenkandidaten offiziell im Amt lässt, aber | |
| im Wahlkampf versteckt. Ja, freuen uns wir uns auch darüber, dass Taylor | |
| Swift mit ihrem seichten Supermarktgedudel über verflossene Lover so | |
| unglaublich viel Erfolg hat, dass ihre Empfehlung ernsthaft die nächste | |
| US-Präsidentschaftswahl beeinflussen könnte. | |
| Und auch das gehört zum positiven Schreiben: Lasst uns mehr herumspinnen, | |
| statt nur zu hadern. Warum tritt Swift eigentlich nicht gleich selbst an? | |
| Sie hätte wahrscheinlich bessere Chancen als [7][der tattrige Joe Biden]. | |
| Und die Qualifikation, nun ja. Die USA wurden schon von Schauspielern und | |
| Goldturmbauern regiert und haben es überstanden, warum nicht von einer | |
| cleveren Sängerin? | |
| 27 Apr 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Astrophysiker-ueber-Alien/!6004401 | |
| [2] https://www.zeit.de/2024/18/ausserirdisches-leben-forschung-astrophysik-ali… | |
| [3] /Taylor-Swift-als-Business-Phaenomen/!6003300 | |
| [4] /Klimaaktivistin-protestiert-in-Leipzig/!5988013 | |
| [5] https://simon-schnetzer.com/trendstudie-jugend-in-deutschland-2024/ | |
| [6] /Spionageverdacht-gegen-AfD-Mitarbeiter/!6006594 | |
| [7] /Alters-Debatte-ueber-US-Praesidenten/!5991337 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Wallraff | |
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