# taz.de -- Twitter und Desinformation: Nicht mehr gegen Desinformation | |
> Laut Angaben der EU-Kommission will der Kurznachrichtendienst Twitter aus | |
> dem EU-Kodex gegen Desinformation austreten. | |
Bild: Twitter kündigt ein Regelwerk auf, das es selbst mitgestaltet hat | |
Twitter hat sich seit Elon Musk ja schon von so manchem Verhaltenskodex | |
verabschiedet, kürzlich erst durch die freundliche Unterstützung für | |
[1][Floridas rechtspopulistischen Gouverneur Ron DeSantis] als | |
Präsidentschaftskandidat der Republikaner*innen. Der neueste Move war | |
also beinahe absehbar: Das Unternehmen will laut Angaben der EU-Kommission | |
aus dem freiwilligen EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation | |
austreten. [2][Das schrieb unter anderem EU-Binnenmarktkommissar Thierry | |
Breton]. | |
[3][Der EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation], der im Juni 2022 von über | |
30 Unternehmen und Organisationen unterschrieben wurde, ist ein | |
freiwilliges Abkommen, das die Unterzeichnenden selbst geschrieben haben | |
auf Basis der Empfehlungen der EU-Kommission. Mit dabei sind auch Tiktok, | |
Twitch, Meta, Google und Microsoft. Jetzt steigt Twitter aus dem Regelwerk | |
aus, das es mitgestaltet hat. | |
Zu den Verpflichtungen gehören unter anderem, die Verbreitung von | |
Desinformationen einzudämmen und den Umgang mit politischer Werbung | |
transparent zu machen. Außerdem soll mit Fact-Checkern zusammengearbeitet | |
werden und Forschende sollen leichteren Zugriff auf relevante Daten | |
bekommen. | |
Das alles muss zudem evaluiert werden, weswegen die Unternehmen über ihre | |
Schritte berichten sollen. Ein solcher Bericht wurde Anfang 2023 | |
veröffentlicht. Twitter schnitt darin besonders schlecht ab – weil es gar | |
nicht erst die notwendigen Daten ablieferte. | |
## Twitter muss wegen Digital Services Act agieren | |
Beobachter*innen halten den Schritt für eine logische Konsequenz des | |
bisherigen Vorgehens von Elon Musk, der das Unternehmen im Herbst 2022 | |
kaufte und seitdem viele Mitarbeitende entlassen hat, auch in den | |
Abteilungen, die für die Moderation von Inhalten zuständig waren, also | |
dafür, Falschinformationen und Hassnachrichten zu sichten, zu löschen und | |
gegebenenfalls anzuzeigen. | |
Musk, selbsternannter Verfechter der Meinungsfreiheit, lässt immer wieder | |
Menschen zurück auf die Plattform, die vorher wegen | |
antisemitischer/rassistischer/sexistischer/faschistischer Aussagen verbannt | |
worden waren. Stattdessen sperrt Musk Personen, die ihn kritisieren, | |
zumindest zeitweise aus der Twitter-Öffentlichkeit aus. Auf Anfrage der | |
taz, wie Twitter verhindern möchte, dass Desinformation und Hass auf der | |
Plattform weiter gedeihen, antwortete das Unternehmen automatisiert mit dem | |
Emoji eines Kothaufens. | |
Trotz des Austritts aus dem Verhaltenskodex wird Twitter in Zukunft gegen | |
manche Inhalte vorgehen müssen – [4][wegen des Digital Services Act (DSA)]. | |
Der verpflichtet Plattformen unter anderem, illegale Inhalte schneller zu | |
löschen. Zudem muss es für User*innen einfacher werden, solche Inhalte zu | |
melden. Bei Nichteinhaltung sollen Strafen in Milliardenhöhe möglich | |
werden. Für besonders große Plattformen soll das Gesetz im August 2023 in | |
Kraft treten, für alle anderen im Februar 2024. | |
Breton verwies in seiner Nachricht auf den DSA und schrieb: „Ihr könnt | |
weglaufen, aber ihr könnt euch nicht verstecken.“ Ebenso äußerten sich | |
andere Politiker*innen wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), | |
Digitalminister Volker Wissing (FDP) und SPD-Vorsitzende Saskia Esken auf | |
Social Media und in Medien besorgt, aber entschlossen, den DSA | |
durchzusetzen. | |
29 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Ron-DeSantis-will-US-Praesident-werden/!5934444 | |
[2] https://twitter.com/ThierryBreton/status/1662194595755704321?cxt=HHwWgoC-ub… | |
[3] https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/code-practice-disinformat… | |
[4] /Digital-Services-Act/!5846955 | |
## AUTOREN | |
Johannes Drosdowski | |
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