# taz.de -- Treffen zum UN-Pakt zur Migration: Migrationspakt angenommen | |
> Der UN-Migrationspakt ist von 164 Ländern angenommen worden. Dabei | |
> kritisierten Redner die vielen Mythen, die bis zuletzt darüber verbreitet | |
> wurden. | |
Bild: Ziel des Paktes ist, die globale Migration zu ordnen und zu sichern: Gefl… | |
MARRAKESCH taz | Die Neinsager blieben in der Minderheit: Die | |
Weltgemeinschaft hat am Montag den UN-Pakt für „sichere, geordnete und | |
geregelte Migration“ angenommen. Vertreter_innen von 164 Staaten waren dazu | |
nach Marrakesch gekommen. Anders als erwartet hatten die UN die | |
„Akklamation“ – also den Akt der formellen Annahme ohne schriftliche | |
Unterzeichnung – an den Anfang der Aussprache über den Pakt gestellt. Unter | |
Vorsitz des marokkanischen Außenministers Nasser Bourita spendeten die | |
Delegierten gegen 10 Uhr minutenlangen Beifall, bevor etwa ein Dutzend | |
Staatschefs zu der Vereinbarung Stellung nahmen. | |
UN-Generalsektretär Antonio Guterres wies zu Beginn der Konferenz darauf | |
hin, dass seit Beginn des Jahrtausends über 60.000 Migrant_innen und | |
Flüchtlinge auf der Reise gestorben sind. Das sei „ein Quell der Scham für | |
uns alle“, so Guterres. Er sprach von drei „Mythen“, die in der Diskussion | |
um den Pakt eine Rolle gespielt hätten. | |
Mythos Nummer eins sei gewesen, dass der Pakt den Mitgliedstaaten eine | |
Migrationspolitik auferlege, die ihre Souveränität verletze. Guterres wies | |
dies zurück: Der Pakt sei kein Vertrag, vielmehr bekräftige er das | |
„souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik zu | |
bestimmen“. Ein weiterer Irrglauben sei, dass Migration im Wesentlichen | |
„eine Bewegung von Menschen aus dem Süden in den globalen Norden“ sei. | |
Tatsächlich sei die Migration innerhalb des globalen Südens heute „größer | |
als die Süd-Nord-Migration“. Schließlich habe sich der Mythos verbreitet, | |
dass entwickelte Länder keine Migration bräuchten. Falsch, so Guterres: Wo | |
die Geburtenrate sinkt und die Lebenserwartung steigt „wird Wirtschaft | |
stagnieren und Bevölkerung leiden, wenn es keine Zuwanderung gibt“. | |
Danach sprach auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es sei richtig, dass sich | |
die UNO am 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der | |
Migration annehme. Der Pakt bekräftige, dass die universellen | |
Menschenrechte für alle gelten, sagte Merkel. Sie erinnerte daran, dass | |
MigrantInnen oft „ausgesprochen unfairen Bedingungen“ ausgesetzt seien. | |
Migration sei „ganz natürlich“, Industriestaaten wie Deutschland seien auf | |
die Zuwanderung von Fachkräften angewiesen, die Freizügigkeit Teil des | |
europäischen Binnenmarktes. „Und das schafft unseren Wohlstand“, sagte | |
Merkel. | |
## Leid durch „puren Nationalismus“ | |
Sie erinnerte an das Leid, das der „pure Nationalismus“ in Deutschland über | |
die Welt gebracht habe und daran, dass die Gründung der UNO und der | |
Multilateralismus die Antwort auf dieses Leid gewesen seien. Der Pakt sei | |
in Deutschland kritisiert worden, im Bundestag aber habe eine große | |
Mehrheit für die Unterstützung der Vereinbarung gestimmt. Deutschland werde | |
sich deshalb „eng einbringen“, um den Pakt umzusetzen. Mit nationalen | |
Alleingängen sei das Problem dagegen nicht zu lösen, sondern nur mit | |
internationaler Kooperation, betonte die Kanzlerin. Globalisierung könne | |
nur menschlich gestaltet werden, wenn alle Länder auf der Welt faire | |
Entwicklungsmöglichkeiten hätten. | |
In dem Migrationspakt sind 23 Ziele formuliert, die helfen sollen, | |
Migration zu regeln und Migrant_innen Rechte zu geben. Zu diesen Zielen | |
gehören etwa besserer Schutz vor Ausbeutung, leichtere Zusammenführung von | |
Familien oder auch der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung sowie wie | |
Maßnahmen gegen Menschenhandel. | |
Der Text des Pakts war im Juli 2017 fertiggestellt worden. Bis auf die USA | |
hatten zunächst alle Staaten ihre Zustimmung signalisiert. Im Sommer | |
scherte dann zunächst Ungarn aus, nach starken Online-Kampagnen rechter | |
Gruppen verweigerten nach und nach ein Dutzend weitere Staaten wie | |
Österreich oder Kroatien ihre Zustimmung, angeblich, weil der Pakt ihre | |
Souveränität beeinträchtige. | |
Am Mittag gab ein UN-Sprecher bekannt, welche Staaten die Zustimmung | |
offiziell verweigert haben. Es waren Österreich, Australien, Tschechien, | |
die Dominikanische Republik, Ungarn, Lettland, Polen, Slowakei, USA sowie | |
Chile. Unentschieden seien nach Angaben des Sprechers Bulgarien, Estland, | |
Italien, Israel, Slowenien und die Schweiz. | |
10 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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