| # taz.de -- Töchter-Demo in Berlin: Das Problem mit dem weißen Mann | |
| > Tausende folgten am Dienstagabend dem Demoaufruf „Wir sind die Töchter“. | |
| > Unterstützung kam von Luisa Neubauer und Grünen-Politikerin Ricarda Lang. | |
| Bild: Demo „Wir sind Töchter“ am 21. Oktober in Berlin | |
| Während der Berliner Feierabendverkehr die Straßen verstopft und in der | |
| CDU-Bundesgeschäftsstelle langsam die Lichter ausgehen, versammeln sich vor | |
| dem Gebäude immer mehr Menschen, vor allem: Mädchen und Frauen. Manche sind | |
| noch so klein, dass sie von ihren Müttern getragen werden, andere sind mit | |
| Rollator da. | |
| Sie alle sind zur Demonstration „Wir sind die Töchter“ gekommen, zu der das | |
| Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ sowie die Klimaaktivistin Luisa Neubauer | |
| aufgerufen haben. Kurz vor 19 Uhr sprechen die Veranstalter*innen von | |
| rund 7.500 Teilnehmenden, die Polizei meldet hingegen 2.000 Anwesende. | |
| Angemeldet war die Kundgebung mit 300 Personen. | |
| Anlass ist eine Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz am Montag, mit | |
| der er seine zuvor getätigte, umstrittene „Stadtbild“-Aussage | |
| rechtfertigte. Er sagte, man solle doch mal „seine Töchter“ fragen: „Alle | |
| bestätigen, dass das ein Problem ist, spätestens mit Einbruch der | |
| Dunkelheit.“ Damit bekräftigte er seinen Standpunkt, wonach es ein Problem | |
| „im Stadtbild“ gebe. Das könne man mit einer Migrationspolitik lösen, bei | |
| der man auf Rückführungen „in sehr großem Umfang“ setzt. | |
| Die Veranstalter*innen der Kundgebung werfen dem Kanzler vor, Mädchen | |
| und Frauen im Zusammenhang mit einer diskriminierenden und verletzenden | |
| Aussage zu instrumentalisieren. Denn diese unterstelle pauschal allen | |
| nicht-weißen Männern, eine Gefahr für Mädchen und Frauen zu sein, wie auch | |
| Neubauer am Dienstagabend vor den Versammelten betonte: „Ich lasse nicht | |
| zu, dass Frauen für eine Aussage angeführt werden, die verletzend, | |
| diskriminierend und umfassend rassistisch ist.“ Indem Merz versuche, | |
| Gruppen „gegeneinander auszuspielen“, so Neubauer weiter, treibe er die | |
| gesellschaftliche Spaltung voran. | |
| ## Demonstrant*innen vermissen bei Merz Nächstenliebe | |
| Sie wünsche sich eine Politik, die ein aufrichtiges Interesse daran habe, | |
| sich mit den tatsächlichen Gefahren für Frauen zu befassen, wie die | |
| 29-jährige Aktivistin und Autorin zuvor auch in einem Beitrag auf Instagram | |
| mitteilte: „Wir sind plusminus 40 Millionen Töchter in diesem Land. Wir | |
| haben ein aufrichtiges Interesse daran, dass man sich mit unserer | |
| Sicherheit beschäftigt.“ Stattdessen führe Friedrich Merz „völlig | |
| derangierte Debatten“, die Reflexion, Respekt und Anstand vermissen ließen, | |
| so Neubauer auf der Kundgebung. | |
| Von den Teilnehmer*innen bekommt Neubauer Zuspruch. Sie halten Schilder | |
| hoch mit Sätzen wie „Ich bin Tochter und mein Problem im Stadtbild sind | |
| Rassismus und Sexismus“ oder „Nicht im Namen meiner Tochter“. Immer wieder | |
| setzen Sprechchöre wie „Wir, wir, wir sind das Stadtbild“ und „Shame on | |
| you, CDU“ ein. Auch für Demo-Teilnehmerin Penelope C. steht fest: „Nicht | |
| Ausländer sind das Problem, sondern Männer.“ Außerdem habe sie ein Problem | |
| damit, dass sich „da ein Mann hinstellt und denkt, er kann für alle Frauen | |
| sprechen“. Neben ihr steht Viola W., die das „Christliche“ bei der CDU | |
| vermisse: „Was ist denn mit Werten wie Nächstenliebe?“ | |
| Neben Neubauer traten auch die Publizistin Carolin Emcke und die | |
| Grünen-Bundestagsabgeordnete Ricarda Lang auf. Weitere Politiker*innen | |
| von Grünen und Linken solidarisierten sich online mit dem Demo-Aufruf, | |
| darunter die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, sowie Heidi | |
| Reichinnek von der Linkspartei. | |
| Lang sagt, sie habe es satt, dass Frauen „als Feigenblatt für rechte | |
| Narrative“ herhalten müssten. Mit der Stadtbild-Aussage täte der Kanzler | |
| indes nichts für den dringend gebotenen Schutz von Frauen, etwa bei | |
| häuslicher Gewalt. Auch tatsächlich im Stadtbild wahrnehmbare Probleme wie | |
| Armut oder Drogenabhängigkeit würden durch solche Narrative nicht gelöst. | |
| 22 Oct 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Nina Schieben | |
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