| # taz.de -- Thüringen vor neuer Krise: Landtagswahl droht zu platzen | |
| > Vier CDU-Abgeordnete wollen gegen die Auflösung des Thüringer Landtags | |
| > stimmen. Dabei war genau das mit der rot-rot-grünen Regierung vereinbart. | |
| Bild: Soll den Streit klären: Mario Voigt im April im Thüringer Landtag | |
| Berlin taz | Für die Thüringer CDU sieht es nicht gut aus. Nach dem Debakel | |
| um die Wahl von Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-FDP-Ministerpräsidenten mit | |
| den Stimmen der AfD Anfang vergangenen Jahres schien es zunächst so, als | |
| kämpften sich die Christdemokraten langsam aus ihrem Tief. | |
| Doch zuletzt hagelte es wieder miese Schlagzeilen: über die Masken- und | |
| Aserbaidschanaffäre des Bundestagsabgeordneten Mark Hauptmann, die | |
| umstrittene Nominierung von Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zum | |
| Bundestagskandidaten, den Wechsel von Ex-Landrat Werner Thomas zur AfD. In | |
| der letzten Umfrage vom März lag die CDU bei 19 Prozent und damit nicht nur | |
| klar hinter der Linken – sondern auch der AfD. | |
| Ob es nun die schlechten Aussichten bei einer Landtagswahl im September | |
| sind, die vier Landtagsabgeordete bewegt, genau diese möglicherweise zu | |
| verhindern, weiß man nicht. Jedenfalls haben Michael Heym, Jörg Kellner, | |
| Maik Kowalleck und Christina Tasch in der Regionalzeitung Freies Wort | |
| verkündet, am 19. Juli nicht für die Selbstauflösung des Landtags zu | |
| stimmen. | |
| Damit wäre die Zweidrittelmehrheit dahin, die zur Auflösung des Landtags | |
| notwendig ist – und damit die Wahl im Herbst. Regulär wird in Thüringen | |
| erst 2024 gewählt. „Wir sehen keinen Anlass für vorgezogene Neuwahlen“, | |
| heißt es in einer Erklärung der vier Abgeordneten, die inzwischen | |
| öffentlich geworden ist. Die Verfassung lege die Dauer der Legislatur für | |
| fünf Jahre fest. | |
| ## Regierung fürchtet AfD-Tricks | |
| Hintergrund sind neben der Kemmerich-Wahl die [1][komplizierten | |
| Mehrheitsverhältnisse in Thüringen]: Die AfD ist zweitstärkste Kraft und | |
| die rot-rot-grüne Regierung unter Bodo Ramelow hat keine eigene Mehrheit. | |
| Deshalb hat sie sich mit der CDU auf einen sogenannten | |
| Stabilitätsmechanismus geeinigt, eine Vereinbarung über eine zeitlich | |
| befristete Stützung der Koalition sowie die Auflösung des Landtags. | |
| Das gefällt nicht allen in der Fraktion, in der es viele Zerwürfnisse gibt. | |
| Die vier Abgeordneten werden dem Lager des ehemaligen Partei- und | |
| Fraktionschefs Mike Mohring zugerechnet, der selbst über die | |
| Kemmerich-Affäre gestürzt ist. | |
| Linke, SPD und Grüne reagierten in einer gemeinsamen Erklärung sichtlich | |
| genervt auf die Äußerungen der vier ChristdemokratInnen: „Wir erwarten | |
| Klarheit vom CDU-Fraktionsvorsitzenden, ob die CDU sich weiter an die | |
| getroffene Vereinbarung hält“, heißt es darin. Man werde der CDU zu Beginn | |
| einer möglichen Frist einen Antrag vorlegen, der von allen 42 Abgeordneten | |
| der Linken, Grünen und der SPD unterzeichnet sei. | |
| Zur Auflösung des Landtags werden insgesamt 60 Stimmen gebraucht, von der | |
| CDU, die 21 Abgeordnete hat, müssen also 18 kommen. Drei Abweichler gehen | |
| also, vier sind zu viel. AfD und FDP hatten sich gegen Neuwahlen | |
| ausgesprochen. Wichtig dabei: Die Koalition will unbedingt verhindern, dass | |
| Raum für erneute Tricksereien der [2][Thüringer AfD] entsteht und deshalb | |
| eine klare Zusage von der CDU. | |
| Deren Fraktion tagte am Mittwochvormittag, doch weiter kam man nicht. Im | |
| Anschluss erklärten Fraktionschef Mario Voigt und Landeschef Christian | |
| Hirte zwar: „Die CDU-Landtagsfraktion hat sich heute erneut mit breiter | |
| Mehrheit für die Auflösung des Landtags und für Neuwahlen ausgesprochen.“ | |
| In einer Abstimmung hätten das 17 der anwesenden Abgeordneten getan. Doch | |
| das genau reicht eben nicht. Und so heißt es weiter: „Es bleibt jedoch noch | |
| Zeit, weitere klärende Gespräche zu führen.“ | |
| Für Voigt, Hirte und die Thüringer CDU steht weit mehr als die Neuwahl auf | |
| dem Spiel. Die vier Abgeordneten stellen die Glaubwürdigkeit und | |
| Führungskraft ihrer Spitze in Frage. Und Chaos in Thüringen würde der CDU | |
| auch im Bundestagswahlkampf wahrlich nicht helfen. | |
| 19 May 2021 | |
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| Sabine am Orde | |
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