# taz.de -- Taylor Swift in Hamburg: Durch 40 Lieder geackert | |
> US-Superstar Taylor Swift brachte ihre Fans in Hamburg auch im Regen zum | |
> Kreischen. Sie bot Glitzerbody, Werwolfaugen und Ohrwürmer. | |
Bild: Hey, hey, we’re the Swifties: Taylor Swift und ihre Fans in Hamburg | |
Drei Frauen stehen vor der Westkurve des Hamburger Volksparkstadions. Jede | |
hält eine durchsichtige Tüte in den Händen, gut gefüllt mit | |
Freundschaftsbändchen. „[1][Hast du '1989]’?“, fragt die eine. Die andere | |
nickt. Willkommen im Taylorversum! Hier haben die überwiegend weiblichen | |
Fans ihre ganz eigenen Regeln und Rituale. Sie tauschen | |
Freundschaftsbändchen mit Song- oder Albumtiteln, viele haben eine 13 auf | |
der Haut – Taylor Swifts Glückszahl. | |
Wenn die Swifties richtig aufdrehen, können sie Erschütterungen erzeugen, | |
die einem Minibeben gleichkommen. So wie bei dem Auftritt des Superstars in | |
Zürich. Beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten in Hamburg dürften die | |
Seismografen allerdings nicht angeschlagen haben. Die 50.000 Leute spielen | |
nicht dreieinhalb Stunden verrückt. Vielleicht ist das der hanseatischen | |
Zurückhaltung geschuldet. | |
Anderseits: Im Publikum wird oft Englisch gesprochen, Menschen aus aller | |
Welt sind angereist, um an diesem Abend mit der Musikerin im Rahmen ihrer | |
„[2][Eras Tour]“ Songs aus fast all ihren Alben zu zelebrieren. Mit 34 hat | |
sie genügend Lieder für ein mehrstündiges Best-of-Programm – gespickt mit | |
Hits. Allein das beeindruckt. | |
## Bis auf die Haut durchnässt | |
Die ganze Sache hat nur einen Haken: Als die im US-Staat Pennsylvania | |
geborene Künstlerin auf die Bühne kommt, fängt es an zu regnen, ach was, es | |
gießt. Die Menge jubelt, so krassen Kreischalarm wie bei [3][Harry Styles] | |
gibt es aber nicht. Dennoch genießt Taylor Swift diesen Empfang sichtlich. | |
„Schön, euch zu sehen“, sagt sie auf Deutsch. Sie strahlt mit ihrem | |
Glitzerbody um die Wette, als sie den Abend mit ein paar „Lover“-Stücken | |
eröffnet. Dabei ist sie binnen weniger Minuten bis auf die Haut durchnässt. | |
Aber wie heißt es so schön: The show must go on … Für den Titel „The Man… | |
schlüpft Taylor Swift in ein Sakko und turnt in einem Büro herum. Die | |
Aussage ist überdeutlich: Weder in der Arbeitswelt noch im Alltag werden | |
Frauen und Männer wirklich gleichberechtigt behandelt. | |
Ins Auge sticht, dass Taylor Swift auf eine gigantische Ausstattung | |
verzichtet. Gewiss hat sie Tänzer:innen mitgebracht, doch die sind nicht | |
ständig an ihrer Seite. Selbst wenn bei „Lover“ verliebte Paare um sie | |
herumtanzen, liegt der Fokus immer auf ihrem Gesang. Der hat sich im Laufe | |
der Jahre merklich gesteigert, das zeigt sich gerade bei den ruhigeren | |
Liedern. | |
Etwa bei den Überraschungssongs. Da steht Taylor Swift allein am Ende des | |
langen Laufstegs. Sie greift zu ihrer Gitarre, um sich bei einem Mashup aus | |
„Teardrops on My Guitar“ und „The Last Time“ selbst zu begleiten. Danach | |
setzt sie sich ans Klavier, um „We Were Happy“ zum allerersten Mal live zu | |
interpretieren. Ein intimer Moment, wunderschön! | |
## Krasser Bruch | |
Für den kurzen „Speak Now“-Part verwandelt sich Taylor Swift dann in eine | |
Märchenprinzessin. Ihr cremefarbenes Abendkleid passt perfekt zu dem Song | |
„Enchanted“. Nicht nur dieses Outfit ist stilvoll. Sogar wenn die | |
Musikerin, die zu jedem Album etwas Neues trägt, im „Reputation“-Teil in | |
einem schwarz-roten Glitzeranzug mehr nackte Haut zeigt, hat sie Klasse. | |
Obwohl der Bruch von „Speak Now“ zu „Reputation“ krass ist. | |
Erst taucht man in eine Märchenwelt ein, danach poppen auf einer Leinwand | |
laut klackernde Boots auf. So läutet Taylor Swift eine R’n’B-Phase ein, die | |
sich am Schluss mit „Midnights“ fortsetzt. Bei „Vigilante Shit“ sitzt s… | |
breitbeinig auf einem Stuhl oder twerkt ein bisschen – angelehnt an die | |
Rapästhetik. Das passt irgendwie nicht so recht zu ihr, als All American | |
Girl wie im „1989“-Block ist sie authentischer. | |
Ein Höhepunkt des Abends ist die „Folklore/Evermore“-Sequenz, bestückt mit | |
Titeln der beiden Pandemie-Alben. Die Bühne verwandelt sich in einen Wald, | |
„Cardigan“ intoniert Taylor Swift in einer Hütte. Mit „Folklore“, erz�… | |
sie, habe sich alles verändert. Statt über sich zu schreiben, habe sie | |
Charaktere erfunden. | |
Etliche „The Tortured Poets Department“-Tracks sind dagegen persönlichen | |
Gefühlen entsprungen, für manche soll ein Expartner Pate gestanden haben. | |
Wieder einmal. In dieser Episode steht Taylor Swift auf einem Podest, das | |
über den Laufsteg fährt. Am Ende von „Who’s Afraid of Little Old Me?“ | |
bekommt sie plötzlich Werwolfsaugen. Ein kleiner Effekt mit großer Wirkung. | |
Viel Brimborium ist gar nicht vonnöten. Taylor Swift kann sich auf die | |
magische Wirkung ihrer fest im Mainstream verankerten Ohrwürmer verlassen. | |
Wenn sie sich mit Hingabe durch mehr als 40 Lieder ackert, wirkt sie | |
nahbar. Wie eine große Schwester oder eine gute Freundin, der man alles | |
erzählen kann. Man hat eigentlich nie das Gefühl, dass ein unnahbarer Star | |
vor einem steht. Gerade das verzaubert die Menschen, auch in Hamburg. | |
24 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Dagmar Leischow | |
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