# taz.de -- Streit um E-Evidence-Verordnung: Barley hat begründete Bedenken | |
> Ist die E-Evidence-Verordnung ein „revolutionärer Vorschlag“ zur | |
> Herausgabe elektronischer Beweismittel? Der EU-Ministerrat stimmt am | |
> Freitag ab. | |
Bild: Wird gegen die geplante E-Privacy-Verordnung stimmen: Justizministerin Ka… | |
FREIBURG taz | Erstmals sollen Ermittler aus anderen EU-Staaten direkt auf | |
deutsche Internet- und Telefonfirmen zugreifen und die Herausgabe von Daten | |
verlangen können. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sieht das | |
mit großer Sorge. Doch Deutschland wird bei der Abstimmung im | |
EU-Ministerrat, die für den heutigen Freitag geplant ist, wohl überstimmt. | |
Im April hatte die EU-Kommission eine Verordnung über elektronische | |
Beweismittel vorgeschlagen, [1][die E-Evidence-Verordnung]. Danach können | |
Staatsanwaltschaften und Untersuchungsrichter aus anderen EU-Staaten | |
deutsche Firmen direkt verpflichten, ihnen Daten herauszugeben oder sie im | |
Zweifelsfall zunächst zu sichern. | |
Falls sich der Provider unberechtigt weigert, der Anordnung nachzukommen, | |
kann ihm eine Geldbuße von bis zu 2 Prozent seines globalen Jahresumsatzes | |
auferlegt werden. | |
Es geht dabei unter anderem um Zugangsdaten (etwa PIN-Nummern), | |
Verkehrsdaten (wer hat den Dienst wann und wo genutzt) und Inhaltsdaten | |
(was stand in der SMS). | |
## Direkter Zugriff | |
Früher war grenzüberschreitende Strafverfolgung extrem kompliziert. | |
Rechtshilfeersuchen mussten über Regierungsstellen abgewickelt werden. | |
Innerhalb der EU gibt es inzwischen die Europäische Ermittlungsanordnung, | |
bei der sich Staatsanwaltschaften direkt an Staatsanwaltschaften in anderen | |
EU-Staaten wenden können. | |
Für elektronische Beweismittel soll den Ermittlern aus anderen EU-Staaten | |
jetzt sogar der direkte Zugriff erlaubt werden. Als problematisch gilt dies | |
vor allem, wenn nicht nur die Daten in Deutschland gespeichert sind, | |
sondern der Verdächtige auch hier lebt. | |
Bisher konnte die deutsche Polizei die Mitarbeit verweigern, wenn zum | |
Beispiel die Tat in der Bundesrepublik gar nicht strafbar war oder die | |
geplante Maßnahme völlig unverhältnismäßig erschien. Sobald jedoch die | |
ausländischen Ermittler direkt auf deutsche Provider zugreifen können, | |
läuft der deutsche Grundrechtsschutz leer. | |
Als Kompromiss wurde in den Kommissionsvorschlag zwar noch eine | |
Notifikationsregel eingefügt. Danach muss die zuständige deutsche | |
Staatsanwaltschaft benachrichtigt werden, wenn Inhaltsdaten von einer in | |
Deutschland lebenden Person betroffen sind. Die deutschen Ermittler können | |
bei Bedenken aber nur protestieren, aber nicht die Herausgabe verhindern. | |
## Barley fordert mehr | |
Justizministerin Barley wird deshalb gegen den Vorschlag stimmen. | |
„Rechtsstaatliche Grundsätze sind in der Europäischen Union nicht überall | |
gleichermaßen gesichert“, sagte sie der taz. „Wenn gravierende | |
grundrechtliche Bedenken bestehen, sollte der betroffene Mitgliedstaat auch | |
widersprechen können.“ | |
In einem Brief an die EU-Kommission forderte Barley deshalb weitere | |
Kompromisse. Ein so „revolutionärer Vorschlag“ brauche eine breite Mehrheit | |
im Ministerrat. Der Brief wurde unter anderem von den Niederlanden und | |
Schweden unterstützt, aber auch von Ungarn. Andere Staaten wie Frankreich | |
und Spanien halten dagegen schon die Notifikationsregel für unnötig und | |
lehnen weitere Zugeständnisse ab. | |
Barley hofft nun, dass das Europäische Parlament eine | |
grundrechtsfreundlichere Position beschließt und diese in den | |
anschließenden Trilog-Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat möglichst | |
weitgehend durchsetzt. | |
7 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3343_de.htm | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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