| # taz.de -- Stichwahl in Kroatien: Zoran gegen Dragan | |
| > Der sozialdemokratische Präsident Zoran Milanović schrammt an der | |
| > absoluten Mehrheit vorbei. Die finale Abstimmung ist für den 12. Januar | |
| > angesetzt. | |
| Bild: Der amtierende Präsident und Präsidentschaftskandidat Zoran Milanović … | |
| Split taz | Nur ein paar Stimmen haben dem bisherigen Amtsinhaber Zoran | |
| Milanović gefehlt, um die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Kroatien | |
| klar für sich zu entscheiden. Nach Auszählung fast aller Stimmen erreichte | |
| das Mitglied der sozialdemokratischen Partei SDP ein Ergebnis von 49,1 | |
| Prozent und schrammte nur knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. | |
| Sein Herausforderer von der [1][konservativen kroatischen Regierungspartei | |
| HDZ], der Mediziner und Wissenschaftler Dragan Primorac, kam demnach nur | |
| auf enttäuschende 19,3 Prozent der Stimmen, andere Kandidaten blieben unter | |
| 10 Prozent. Die beiden Kontrahenten müssen nun am 12. Januar in einer | |
| Stichwahl gegeneinander antreten. | |
| Da die Wahlbeteiligung von 46 Prozent auch für Kroatien niedrig war, | |
| konnten die Konservativen ihr Potenzial offenbar nicht ausschöpfen. | |
| Primorac wurde zwar von der konservativen Regierungspartei HDZ von | |
| Ministerpräsident Andrej Plenković unterstützt, doch ihm gelang es nicht, | |
| deren Basis für sich zu begeistern. | |
| Für die Partei mit den meisten Ressourcen und den mächtigsten Netzwerken im | |
| ganzen Land fiel das Ergebnis ihres Kandidaten deshalb eher blamabel aus. | |
| Der Arzt und Besitzer einer Privatklinik war von 2003 bis 2009 zwar | |
| Wissenschaftsminister in HDZ-geführten Regierungen, passte mit seinem | |
| Habitus und Intellekt wohl aber nicht in die von ländlichen Wählern | |
| bestimmte Anhängerschaft der HDZ. | |
| ## Milanović stellt sich gegen pro-westliche Regierung | |
| Der populistisch auftretende 58-jährige Milanović hat es dagegen geschafft, | |
| sowohl linke wie rechte Wähler an sich zu binden. In der Ukraine-Frage | |
| stellt er sich gegen die pro-westliche Regierung von Ministerpräsident | |
| Andrej Plenković und suchte mehrmals die Nähe [2][des ungarischen | |
| Ministerpräsidenten Viktor Orbán]. Als Oberbefehlshaber der Armee blockiert | |
| Milanović die von der Plenković-Regierung angestrebte Beteiligung | |
| kroatischer Offiziere an einem neuen Nato-Ukraine-Kommando. | |
| Milanović betonte in seiner Wahlkampagne, kroatische Soldaten sollten nicht | |
| in der Ukraine eingesetzt werden, obwohl dies niemand vorgeschlagen hatte. | |
| In Bosnien und Herzegowina unterstützt er die kroatischen nationalistischen | |
| Extremisten und strebt eine Aufteilung des Landes nach ethnischen Kriterien | |
| an. | |
| Die Hoffnungen des Herausforderers Primorac bei der Stichwahl am 12. Januar | |
| ruhen auf der Zersplitterung des rechten Lagers in mehrere Parteien und | |
| Strömungen, die er bei der Stichwahl zusammenführen möchte. Neben Milanović | |
| und Primorac kandidierten sechs weitere Personen für das höchste Staatsamt, | |
| unter ihnen drei Frauen. | |
| Marija Selak-Raspudic, eine unabhängige rechte Politikerin, kam auf 9,3 | |
| Prozent. Auch andere Kandidaten der Rechten könnten das Lager von Primorac | |
| stärken. Doch kein Analytiker bei den Fernsehdiskussionen am Wahlabend | |
| glaubt bei der Stichwahl noch an eine Chance für Primorac, denn schon am | |
| Wahlabend erklärte Ivana Kekin von der Partei Mozemo, sie würde Milanović | |
| unterstützen. | |
| ## Unsicherheitsfaktor Milanović? | |
| Die linksgrüne Mozemo kam auf 8,9 Prozent der Stimmen. Sie ist vor allem in | |
| der städtischen Bevölkerung Zagrebs verankert, stellt auch den | |
| Bürgermeister der Hauptstadt. Kritiker aus den eigenen Reihen bedauern, | |
| dass ihre Spitzenkandidatin Ivana Kekin nicht kämpferisch genug aufgetreten | |
| sei. [3][Das Umweltthema], die Hitze und Dürre im Sommer, die | |
| Überschwemmungen und die Schneekatastrophe seither hätten viele | |
| Angriffspunkte ergeben. Doch andere Stimmen gaben sich damit zufrieden, | |
| dass Mozemo (Wir können) nach dem überraschenden Wahlerfolgen seit 2020 | |
| ihre Position jetzt gut behaupten und sich damit konsolidieren kann. | |
| Milanović war für die sozialdemokratische SDP von 2011 bis 2016 | |
| Ministerpräsident des Landes, das 2013 unter seiner Führung der EU beitrat. | |
| Ihm gelang es, als Präsident in seiner 5-jährigen Amtszeit nicht nur seine | |
| linke Stammwählerschaft aus dem Arbeitermilieu anzusprechen, sondern auch | |
| rechte und ultra-rechte Wähler an sich zu binden. Seine bittere Feindschaft | |
| zu dem seit 2016 regierenden Andej Plenković führte zu einem die | |
| öffentliche Debatte beherrschenden rüden Ton. | |
| 30 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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