| # taz.de -- Steigender Rundfunkbeitrag: Weitersparen, weitersparen | |
| > Wie's aussieht, wird der Rundfunkbeitrag 2021 auf 18,36 Euro steigen, das | |
| > sind 86 Cent mehr. Warum ZDF und ARD trotzdem Ausgaben kürzen wollen. | |
| Bild: Haushalte würden nach jetzigem Entwurf ab 2021 pro Monat 86 Cent mehr za… | |
| Der Höhepunkt der öffentlich-rechtlichen Expansion liegt bald drei | |
| Jahrzehnte zurück. In den Neunzigern wuchsen die Rundfunkanstalten nicht | |
| nur wegen des Falls der Mauer, sondern auch mit der Digitalisierung. ARD | |
| und ZDF starteten etliche Spartensender, dazu diverse Angebote im Netz. | |
| Die Medienpolitik nickte damals fleißig ab, inzwischen ist aber Rückbau | |
| angesagt. Auch wenn das ziemlich kurios klingt: Selbst wenn der | |
| [1][Rundfunkbeitrag] in knapp einem Jahr deutlich steigen sollte – die | |
| öffentlich-rechtlichen Angebote dürften kleiner und weniger werden. | |
| ZDF-Intendant Thomas Bellut, der zuletzt mehr als 500 Arbeitsplätze abbauen | |
| musste und unter anderem [2][einige TV-Magazine strich], will „bald“ einen | |
| Plan vorlegen, wie er vor einigen Tagen auf einem Pressegespräch in Berlin | |
| sagte. | |
| Das Abendprogramm werde möglichst verschont, ebenso Information und Kultur. | |
| „Wir werden aber Punkte definieren müssen, wo wir weniger aktiv sind.“ | |
| WDR-Intendant Tom Buhrow, der seit Januar der ARD vorsitzt, sendet ein | |
| ähnliches Signal. „Die Bevölkerung will uns offenbar schlanker aufstellen�… | |
| sagte er in einem Interview, das der Autor dieser Zeilen für [3][den NDR] | |
| geführt hat. „Ob uns das gefällt oder nicht, wir müssen uns der | |
| Herausforderung stellen.“ | |
| Die Intendanten reagieren damit auf Berechnungen der Finanzkommission Kef. | |
| Die ermittelt, wie hoch der Rundfunkbeitrag sein muss, damit die Sender | |
| umsetzen können, wozu sie die Länder im Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet | |
| haben. Der vorläufige Vorschlag liegt bei 18,36 Euro. Ende Februar will die | |
| Kef ihre abschließende Rechnung vorlegen, in einem dicken Bericht. Der | |
| Vorsitzende der Kommission gibt jedoch zu verstehen, dass sich wenig ändern | |
| wird. „Der Rundfunkbeitrag soll in der nächsten Periode um 86 Cent | |
| steigen“, sagt Heinz Fischer-Heidlberger, der früher den Bayerischen | |
| Obersten Rechnungshof geleitet hat. | |
| ## Zahl der Haushalte könnte steigen | |
| Mit 18,36 Euro wären die Anstalten „alle ausreichend finanziert“, betont | |
| der Kef-Chef. Die Sender erhielten dann zwischen 2021 und 2024 insgesamt | |
| 1,8 Milliarden Euro mehr als in der laufenden Vier-Jahres-Periode. | |
| Beitragszahler*innen sollen pro Haushalt mehr zahlen als die | |
| gegenwärtigen 17,50 Euro im Monat. ARD und ZDF weisen wiederum darauf hin, | |
| dass der Rundfunkbeitrag de facto schon bei 18,35 Euro liege. Es würden | |
| Rücklagen aufgebraucht, die zustande kamen, weil der Rundfunkbeitrag pro | |
| Haushalt anfangs mehr gebracht habe als die frühere geräteabhängige Gebühr | |
| – daraufhin sei der Beitrag immerhin gesenkt worden. | |
| Rechnerisch komme also nur ein Cent oben drauf, während die Inflation auch | |
| für die Sender vieles immer teurer mache. Die Kef rechnet allerdings auch | |
| einiges gegen – im Sinne der Beitragszahler*innen. So geht die Kommission | |
| davon aus, dass die Zahl der Haushalte steigt. Damit würden mehr Beiträge | |
| gezahlt. | |
| Tatsächlich leben hierzulande auch zunehmend Menschen allein oder nur zu | |
| zweit. Außerdem wandern mehr Menschen ein. Wie belastbar diese Prognose | |
| ist, ist aber offen. Die Kef hat aber bei WDR und SWR auch sogenannte | |
| Eigenmittel entdeckt, also Geld für geplante Anschaffungen. Und: Sie geht | |
| davon aus, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio stärker zusammenarbeiten und | |
| so in Technik und Verwaltung kräftiger sparen können als geplant. | |
| ## Die Sender sind strategisch zahm | |
| ZDF-Chef Bellut, der wie alle Intendant*innen den vorläufigen Bericht | |
| lesen durfte, sagt, er sei „nicht durchgehend glücklich“, erklärt aber | |
| ebenso demütig wie Buhrow: „Ich akzeptiere das.“ | |
| Warum so zahm? Das dürfte mit der politischen Lage zusammenhängen. Einen | |
| höheren Rundfunkbeitrag müssen erst alle Landesregierungen, dann die | |
| Landtage beschließen. Bei Änderungen des Rundfunkrechts gilt das | |
| 16:0-Prinzip. Da ist eine Erhöhung realistischer, wenn die Sender den | |
| Vorschlag der Kef nicht bekämpfen. | |
| Das gilt noch mal mehr in Zeiten, in denen die FDP für die Halbierung des | |
| Beitrags kämpft, die AfD sogar für eine Abschaffung dieses Modells. Die | |
| Ministerpräsident*innen diskutieren zudem einen neuen Auftrag. | |
| Unterhaltungsformate oder auch Spitzensport könnten begrenzt werden, | |
| wünscht sich auch mal einer in der Union. 2020 ist für die Sender alles in | |
| allem ein entscheidendes Jahr. Es geht um die Frage, wie groß die Akzeptanz | |
| für das öffentlich-rechtliche System noch ist und wie es sich verändern | |
| muss, damit der Zuspruch nicht zerfällt. | |
| Damit das klappt, will Tom Buhrow bei seinen Kolleg*innen dafür werben, | |
| dass die ARD noch stärker in die Regionen geht. Sein neuer Lobby-Spruch ist | |
| dieser Tage: „Wir sind nicht nur Berichterstatter, wir sind Nachbarn.“ Er | |
| ventiliert ihn, wo immer er kann. | |
| 27 Jan 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Jahresbericht-zum-Rundfunkbeitrag/!5603898 | |
| [2] /Peter-Frey-ueber-die-Sparplaene-beim-ZDF/!5388324 | |
| [3] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Rundfunkbeitrag-Sind-86-Cent-me… | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bouhs | |
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