# taz.de -- Peter Frey über die Sparpläne beim ZDF: „Dokus sind nachhaltige… | |
> Dem ZDF drohen sparsame Zeiten, der Sender muss massiv Personal | |
> einsparen. Chefredakteur Peter Frey erklärt, warum das gar nicht so | |
> schlimm ist. | |
Bild: Ab in die Dokumentation: „ML mona lisa“ macht im Sommer zu | |
Weil die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten | |
(KEF) festgestellt hat, dass einstige Verantwortliche das ZDF stärker | |
aufgebläht hatten als genehmigt, hat die KEF den Sender zum Sparen | |
verdonnert: ein Minus von 562 „Vollzeitäquivalenten“ in Redaktion, | |
Produktion und Verwaltung. | |
taz: Herr Frey, erst haben Sie „ZDF Reporter“ gestrichen, dann „ZDF Umwel… | |
und nun „ML mona lisa“. Wie sehr sparen Sie auf Kosten des Programms? | |
Peter Frey: Wir trennen uns von Bekanntem und entwickeln etwas Neues. Wer | |
nach den Vorgaben der KEF so massiv Personal sparen muss wie das ZDF, der | |
kann Veränderungen nicht anders umsetzen. Nur so konnten auch ZDFzoom und | |
ZDFzeit entstehen. Und auch nur so konnten wir ZDFinfo als | |
dokumentationsorientierten Digitalkanal ausbauen – sehr erfolgreich mit | |
inzwischen 1,2 Prozent Marktanteil, das heißt: täglich vier Millionen | |
Zuschauern, vor allem beim jüngeren Publikum. | |
Dokus statt Magazine – ein Trend? | |
Dahinter steht tatsächlich eine strategische Entscheidung. In Magazinen | |
laufen häufig dieselben Themen, nur anders aufbereitet. Dokumentationen | |
bieten mehr Chancen zu Originalität und Vertiefung. Außerdem bleiben sie | |
länger frisch und können so immer wieder eingesetzt werden – im | |
Hauptprogramm, auf ZDFinfo, 3sat und Phoenix. Dokus sind nachhaltiger als | |
Magazine. | |
Senden Sie noch mehr Dokus, wenn „ML mona lisa“ im Sommer ausläuft? | |
Wir planen tatsächlich eine neue Reihe und wollen nach britischem und | |
skandinavischem Vorbild auf Constructive Journalism setzen. Uns wird doch | |
immer wieder vorgeworfen, wir würden – etwa bei ZDFzoom – nur den Finger in | |
die Wunde legen oder – etwa bei 37 Grad – vor allem auf Schicksale setzen. | |
Jetzt werden Lösungen im Mittelpunkt stehen: Wie schaffen wir günstigen | |
Wohnraum in unseren Innenstädten oder wie können wir unsere Schulen besser | |
machen? Wir werden dafür die deutsche Wirklichkeit und europäische | |
Erfahrungen vergleichen. | |
Dieser Ansatz erinnert an das neue Re: auf Arte. | |
Auch das ist kein Zufall, sondern zwischen den Chefredaktionen besprochene | |
Sache. Unsere Idee ist, im Jahr etwa 15 Filme so zu konzipieren, dass wir | |
sie auf beiden Sendeplätzen laufen lassen können. | |
Können Sie für „Frontal 21“, „Auslandsjournal“ und „Wiso“ Entwarn… | |
Absolut! Eine unserer Grundlinien ist nämlich auch: Wir wollen mehr | |
Exzellenz im Hauptprogramm ab 19 Uhr, wenn wir besonders viele Zuschauer | |
haben. Damit wir für diese Sendungen unsere Kräfte bündeln und etwa auch | |
investigativ arbeiten können, müssen wir auf anderes verzichten, denn: Nach | |
der Rasenmähermethode überall ein bisschen zu kürzen, funktioniert nicht | |
mehr. Bei den Nachrichten und auch in anderen Redaktionen ist es längst eng | |
geworden. Wir müssen Prioritäten setzen und – das hat unser Personalrat | |
immer wieder gefordert – auch etwas aufgeben. | |
Im Haus heißt es, „drehscheibe“ und „hallo deutschland“ sollen | |
zusammengelegt werden. Es ist sogar von einer Fusion der Redaktionen von | |
„Morgen“- und „Mittagsmagazin“ die Rede – das eine bisher in Berlin, … | |
andere in Mainz. | |
Schon jetzt arbeiten „drehscheibe“ und „hallo deutschland“ in Teilen | |
zusammen. Wir denken aber darüber nach, wie wir hier noch mehr Synergien | |
schaffen können. Die Sendungen sollen jedenfalls ihre Eigenständigkeit | |
behalten: Man spricht Zuschauer zu unterschiedlichen Uhrzeiten auch | |
unterschiedlich an. Außerdem haben die Sendungen jeweils eigene Aufgaben. | |
Die „drehscheibe“ schaut etwa am Mittag ins Land, statt sich nur in den | |
Metropolen zu bewegen. Diesen Blick in die deutsche Realität brauchen wir | |
auch weiterhin, aber die redaktionellen Strukturen dahinter können | |
schlanker werden. | |
Was haben Sie eigentlich mit den MitarbeiterInnen von „ML mona lisa“ vor, | |
die ja noch in München sitzen – weit weg von der Mainzer Zentrale? | |
Erst mal: „ML mona lisa“ steht für fast 30 Jahre gesellschaftspolitisch | |
engagierten Fernsehjournalismus aus der Perspektive der Frauen. Sich von | |
einer so renommierten Sendung zu trennen, fällt nicht leicht. Es wird keine | |
betriebsbedingten Kündigungen geben. Im Gegenzug halte ich es für zumutbar, | |
den Arbeitsort zu wechseln. Die Zentrale des ZDF ist nun mal in Mainz und | |
so steht es auch in fast allen Arbeitsverträgen. Wir bieten dort andere, | |
spannende Arbeitsplätze – im Bereich Dokumentationen, aber auch für | |
heute.de und Social Media. Aktuell habe ich außerdem eine Position im | |
Studio Peking frei und in Berlin müssen wir „Frontal 21“ verstärken. | |
München ist keine Option? | |
In unserem Landesstudio haben wir jedenfalls nicht genügend Arbeitsplätze, | |
um die gesamte Redaktion aufzufangen. Wir loten das einzeln aus und | |
berücksichtigen dabei selbstverständlich auch soziale Härtefälle. | |
Ihre Vorgänger konnten ausbauen, Sie müssen streichen. | |
Schön ist das nicht, andererseits sind die Zeiten für JournalistInnen so | |
spannend wie nie. Unsere Nachrichten sind gefragt, wir sind relevant, wir | |
werden gebraucht – aktuell etwa im Kampf gegen Fake News. Ich bin froh, | |
dass wir nicht im „Es bleibt alles beim Alten“-Modus gefangen sind, und | |
allen dankbar, die mitziehen. Wir bauen nicht nur ab, sondern zusammen vor | |
allem auch um. Auch mit unserem neuen Constructive-Format wollen wir im | |
deutschen Fernsehen wieder die Nase vorne haben. | |
13 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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