| # taz.de -- Spaltungen in Südafrikas ANC: Der ANC am Tiefpunkt | |
| > In Südafrika wird in diesem Jahr gewählt. In der ältesten | |
| > Befreiungsbewegung Afrikas herrscht Zwist. Auf dem Spiel steht nicht nur | |
| > ihr Machterhalt. | |
| Bild: Offiziell ausgelassene Stimmung bei der Jahrestagsfeier des ANC am Samstag | |
| Johannesburg taz | Die älteste Befreiungsbewegung Afrikas steht vor einem | |
| ihrer schwersten Jahre. Am Samstag feierte Südafrikas regierender ANC | |
| (African National Congress) seinen 112. Gründungstag – und blickt mit | |
| Bangen auf die [1][Wahlen 2024]. | |
| Der Partei, die Südafrika seit dem Ende der Apartheid 1994 regiert, droht | |
| der Machtverlust inmitten wachsender wirtschaftlicher Probleme und | |
| Korruptionsaffären. Ihre Wahlvorbereitungen werden vom Zwist zwischen der | |
| ANC-Führung um Präsident Cyril Ramaphosa und Expräsident Jacob Zuma | |
| überschattet. An dem 81-jährigen Zuma, Präsident von 2009 bis 2018, | |
| scheiden sich die Geister innerhalb des ANC. | |
| Ausgerechnet am 16. Dezember, Südafrikas Versöhnungstag, verkündete Zuma, | |
| er werde 2024 nicht mehr für den ANC werben, solange dieser weiter von | |
| seinem Erzfeind Ramaphosa geführt wird. Stattdessen stellt er sich hinter | |
| den ehemaligen bewaffneten Flügel des ANC aus der Zeit des | |
| Befreiungskampfes „uMkhonto we Sizwe“ (MK – Speer der Nation). Der war na… | |
| der Befreiung 1994 aufgelöst worden, aber jüngst wurde unter diesem Namen | |
| eine neue Parteigründung angemeldet. | |
| Für den ANC ist das eine Provokation. Auf den offiziellen Feierlichkeiten | |
| am Samstag warnte Staatschef Ramaphosa, die Abspaltungen könnten das Ende | |
| der Transformation der südafrikanischen Gesellschaft durch den ANC | |
| herbeiführen, und geißelte sie mit scharfen Worten: „Ihre revolutionären | |
| Töne können nicht verschleiern, dass Sie gemeinsame Sache machen mit den | |
| Kräften, die sich gegen den Wandel stellen“. | |
| ## Persönliche Feindschaft zwischen Zuma und Ramaphosa | |
| Bei der Gründungsveranstaltung der MK in Soweto hatte Zuma gesagt, der ANC | |
| sei unter Ramaphosa zur Diktatur geworden und habe die Ideale des | |
| Befreiungskampfes verraten, insbesondere das Ziel, der schwarzen | |
| Bevölkerungsmehrheit die ökonomische und nicht nur die politische Macht in | |
| Südafrika zu übertragen. „Ich kann und werde 2024 nicht für Ramaphosas ANC | |
| Wahlkampf machen“, sagte Zuma. „Mein Gewissen verbietet mir, das | |
| südafrikanische Volk zu belügen.“ Einige ANC-Funktionsträger sollen schon | |
| zu MK übergelaufen sein. Aber das Verhältnis ist nicht ganz klar. Zuma | |
| sieht sich weiterhin als ANC-Mitglied, obwohl er MK unterstützt. | |
| Es ist vor allem eine persönliche Feindschaft zwischen Ramaphosa und Zuma, | |
| den er 2017 als ANC-Präsident und ein Jahr später 2018 auch als Staatschef | |
| ablöste. [2][Zuma wurde damals Korruption vorgeworfen]. Er wiederum warf | |
| Ramaphosa vor, auf dem ANC-Wahlparteitag Stimmenkauf betrieben zu haben, um | |
| sich gegen Zumas Exfrau und Wunschnachfolgerin Nkosazana Dlamini-Zuma | |
| durchzusetzen. | |
| Zuma trat 2018 schließlich als Staatschef zurück, um einer Amtsenthebung | |
| durch den ANC zuvorzukommen, als der „State Capture“-Skandal um den von | |
| Zuma gewährten Zugriff der kontroversen Investorenfamilie Gupta auf | |
| staatliche Institutionen und Entscheidungen eskalierte. 2021 weigerte sich | |
| Zuma, vor einer [3][Untersuchungskommission zu „State Capture“] zu | |
| erscheinen. Seine nachfolgende [4][Festnahme] führte zu Unruhen mit über | |
| 300 Toten – ein Zeichen seines nachhaltigen Einflusses auf Südafrika. | |
| Die Zuma-Fraktion wirft Ramaphosa vor, die südafrikanische Justiz zu | |
| missbrauchen, um parteiinterne Gegner kaltzustellen. So wurde vergangenes | |
| Jahr ANC-Generalsekretär Ace Magashule nach Korruptionsvorwürfen aus der | |
| Partei ausgeschlossen. Er hat inzwischen eine eigene Partei, „African | |
| Congress for Transformation“ (ACT), gegründet. Am Freitag kündigte er eine | |
| „strategische Allianz“ zwischen MK und ACT für die Wahlen an. | |
| ## Vorwürfe des Verrats und der Lüge | |
| So zerfällt das politische Erbe des ANC. Vergangene Woche hielt die neue | |
| Abspaltung MK in der Provinz Mpumalanga eine Versammlung dort ab, wo der | |
| ANC eigentlich seinen Geburtstag feiern wollte. Zuma nutzte das für einen | |
| neuen verbalen Angriff. Er erinnerte an [5][Ramaphosas eigene | |
| Korruptionsskandale]. Bei einer Rede vor einer weiteren neuen | |
| Oppositionsgruppierung, der 2022 von Kirchenführern gegründeten „All | |
| African Alliance Movement“, stellte er die Integrität der kommenden Wahlen | |
| infrage. | |
| Der ANC schlug zurück, Generalsekretär Fikile Mbalula warf Zuma Verrat vor | |
| und erinnerte ihn an seine Farm, die er während seiner Zeit als Staatschef | |
| auf Staatskosten ausgebaut hatte. Damals habe der ANC Zuma gegen Vorwürfe | |
| verteidigt und sogar für ihn vor dem Parlament gelogen.„Man konnte sehen, | |
| dass das Lügen waren. Menschen haben deswegen ihre Karriere verloren“, | |
| sagte Mbalula. „Die Sache ging bis vor das Verfassungsgericht und Mogoeng | |
| Mogoeng (damaliger Gerichtspräsident) urteilte, Zuma sei für das Amt des | |
| Staatschefs nicht geeignet. Wir verteidigten ihn. Aber heute sagt er, er | |
| kann Cyril Ramaphosa nicht aushalten, obwohl gegen den kein solches Urteil | |
| gefällt wurde.“ | |
| Der Auftritt war nicht gerade klug, denn nun steht der ANC mit der | |
| Selbstbezichtigung da, einst das Parlament belogen zu haben. Und er muss | |
| sich überlegen, wie er mit Zuma umgeht. Rauswurf? Das wäre regelkonform und | |
| könnte als Abschreckung für andere unzufriedene Mitglieder dienen. Es | |
| könnte aber auch selbstmörderisch sein angesichts von Zumas Beliebtheit | |
| insbesondere in seiner Heimatprovinz KwaZulu-Natal, zweitgrößte Provinz des | |
| Landes. | |
| Auf die Frage, ob Zuma aus dem ANC ausgeschlossen werde, sagte | |
| ANC-Geschäftsführer Gwede Mantashe: „Er wurde nicht ausgeschlossen. Er ist | |
| gegangen.“ | |
| 14 Jan 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tintswalo Baloyi | |
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