| # taz.de -- Schwächelnde Grünen nach der Bremen-Wahl: Nervöse Mittelschicht | |
| > Die Krise der Grünen liegt nicht an diversen Fehlern. Die Partei stößt an | |
| > Grenzen, weil die Klimawende an die Privilegien der Mittelschicht geht. | |
| Bild: Eigentor: Die Bremer Grünen und ihre Debatte um die „Brötchentaste“ | |
| Jetzt stecken sie also in der Krise, die Grünen. Weil sie immer wieder | |
| provokante Symbolpolitik zur Unzeit machen, [1][in Bremen die Brötchentaste | |
| abschaffen] und in Berlin die Friedrichstraße für Autos sperren? Weil | |
| Habeck seine Heizungspläne nicht ordentlich kommuniziert, [2][und | |
| überhaupt, Graichen]? Wär’ schön, wenn das wirklich die Gründe für das | |
| schlechte Abschneiden der Grünen in Bremen und sinkende Umfragewerte im | |
| Bund wären. Dann bräuchten sie nur bessere Parteimanager und | |
| Pressesprecher. Aber so ist es ja nicht. Die Gründe für die Krise liegen | |
| tiefer. | |
| Nach über einem Jahr Ampel wird sichtbar, auf was grüne Politik im Bund | |
| abzielt, wenn sie Gestaltungsspielraum erhält: auf den Lebensstil der | |
| Mittelschicht. Ihr gehören all jene an, die sich von ihrem Gehalt gerade so | |
| eine schöne Wohnung, ein- bis zweimal im Jahr einen Urlaub und vielleicht | |
| ein Auto leisten können, bis zu solchen, die es zu einem Eigenheim und | |
| Fernreisen bringen. | |
| Sie machen noch immer deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus. Im | |
| Vergleich zu ihren Vorfahren und zu Zeitgenossen in vielen Teilen der Welt | |
| leben sie ein Leben in Luxus. Denn eine durchschnittliche Wohnfläche von | |
| rund 48 Quadratmetern pro Kopf, ein unüberschaubares Angebot an | |
| Lebensmitteln jeden Tag und jährlich 11.000 gefahrene Kilometer im Auto | |
| sind genau das: ressourcenfressender Luxus. So kann das nicht bleiben. | |
| Was bedeutet das? Wer das Privileg hat, im eigenen Haus zu wohnen, wird | |
| sich in den nächsten Jahren Geld [3][für eine klimaneutrale Heizung] | |
| zurücklegen müssen – auch wenn dies Urlaub in der Eifel oder im Garten | |
| bedeutet. Statt in Reisen oder Elektronik wird Einkommen in | |
| Energieeffizienz und umweltfreundliche Produktion fließen. Die Armen leben | |
| schon heute gezwungenermaßen umweltfreundlich, die richtig Reichen können | |
| sich Klimaschutz ohne Einbußen leisten. Verzichten muss die Mittelschicht. | |
| Das ist nicht schön, aber notwendig. | |
| ## Die Öko-Klientel ist klein | |
| Wer glaubt, dieser Prozess scheitere an der Dämlichkeit der Grünen, | |
| unterschätzt also die Aufgabe und den Widerstand, den sie hervorbringen | |
| wird. Die Partei stützt sich auf eine relativ kleine Öko-Klientel, | |
| mehrheitsfähig war ihr Programm nie, und das wird es auch nicht. Die | |
| einzigen, die notwendige Verhaltensänderungen der Mittelschicht | |
| organisieren können und zumindest das Zeug dazu haben, es zu wollen, sind | |
| die Sozialdemokraten. | |
| Sie sind gesellschaftlich breit verankert, und sie haben zumindest den | |
| Anspruch, Zukunft zu gestalten, statt, wie Union und Liberale, nur die | |
| Vergangenheit zu verwalten. Die richtige Antwort auf die Krise der Grünen | |
| wäre also eine mutige SPD. Dass sie in Bremen gerade mit Mutlosigkeit | |
| erfolgreich war, stimmt allerdings skeptisch. | |
| 15 May 2023 | |
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| Heike Holdinghausen | |
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