# taz.de -- Nach der Wahl in Bremen: Die SPD flirtet in alle Richtungen | |
> Wahlsieger Andreas Bovenschulte (SPD) hält sich alle Optionen offen. Ein | |
> Bündnis mit der CDU wäre möglich – doch inhaltlich gibt es Hürden. | |
Bild: Bovenschulte lässt sich in der SPD-Zentrale beglückwünschen | |
BREMEN/BERLIN taz | Die Nacht war kurz, Andreas Bovenschultes Laune ist | |
dennoch prächtig. Um 5 Uhr am Montagmorgen, gleich nach der Wahlparty, ist | |
der amtierende und künftige Bremer Bürgermeister in seinen Dienstwagen | |
gestiegen und hat sich nach Berlin fahren lassen. In der Parteizentrale der | |
Bundes-SPD wird er am Vormittag mit Blumen und Schulterklopfen empfangen. | |
Das Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU, welches Bovenschulte eine Woche zuvor | |
noch sah, hat er am Sonntag [1][recht souverän für sich entschieden]. Über | |
vier Prozentpunkte liegt die SPD laut Hochrechnungen am Montag vor der CDU. | |
Das vorläufige amtliche Endergebnis wird am Mittwoch erwartet. | |
Auch wenn die 30 Prozent für die Bremer SPD bei Lichte besehen das | |
zweitschlechteste Ergebnis im Stadtstaat seit Kriegsende sind – die SPD ist | |
wieder Nummer eins und hat alle Trümpfe zur Regierungsbildung in der Hand. | |
Ob er das Bündnis mit Grünen und Linken fortsetzt oder die CDU zur Großen | |
Koalition bittet, will Bovenschulte nun sondieren. Rechnerisch möglich, | |
aber unwahrscheinlich wäre auch eine Ampelkoalition. | |
Am Montag ließ der Bremer Wahlsieger seine Präferenzen offen. „Die Bilanz | |
von Rot-Grün-Rot ist ordentlich“, sagte Bovenschulte. Wobei „ordentlich“ | |
aus dem Hanseatischen übersetzt wohl „toll“ heißt. Er gehe aber ohne feste | |
Koalitionsabsicht in die Sondierungsgespräche, die er mit allen | |
demokratischen Parteien führen werde, sagte Bovenschulte. Und wolle Inhalte | |
in den Vordergrund stellen. | |
„Uns geht es darum, so viel von unserem Programm umzusetzen wie möglich“, | |
bekräftigte auch der Bremer SPD-Chef Reinhold Wätjen am Montag unisono im | |
Bremer Rathaus. Man werde daher „ergebnisoffen“ und „sehr ernsthaft“ mit | |
allen im Landtag vertretenen Parteien reden – allen außer den | |
rechtspopulistischen „Bürgern in Wut“. Eine Große Koalition ist also | |
durchaus denkbar, die Gespräche darüber sind nicht nur rein taktisch | |
motiviert. | |
## Ausbildungsfonds und Heizungen | |
Für die CDU betonte der Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder, er sehe | |
inhaltlich „mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede“ mit der SPD. „Die | |
Wechselstimmung, die es 2019 gab, gibt es heute noch“, so der damalige | |
Spitzenkandidat. | |
Eine wirkliche Wechselstimmung lässt sich aus den vorläufigen Zahlen jedoch | |
nicht herauslesen. Die amtierende Koalition kommt zusammen auf 49 Sitze in | |
der Bürgerschaft – fünf über der absoluten Mehrheit. Exakt so viele hätte | |
auch eine Neuauflage von Rot-Grün-Rot. Die SPD gewann über 10.000 | |
Wähler:innenstimmen von den Grünen, mehr als von jeder anderen Partei. | |
Eine Große Koalition hätte sogar 52 Sitze. Doch ein Knackpunkt bei den | |
Sondierungsgesprächen mit der SPD könnte der erst kurz vor der Wahl | |
beschlossene Ausbildungsfonds sein. Die Idee: Alle Unternehmen zahlen ein; | |
Betriebe, die ausbilden, erhalten aus dem Fonds zusätzlich Geld. Die CDU | |
lehnt den Ausbildungsfonds aber ab – SPD und Gewerkschaften finden ihn | |
vorbildlich. | |
Ein weiteres Thema, das im Wahlkampf eine Rolle spielte, dürfte sich auch | |
durch die Sondierungen ziehen: Das [2][Gesetz zum Heizungstausch] des | |
grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck. SPD-Chef Lars Klingbeil | |
sieht sich am Tag nach der Wahl darin bestätigt, nun parlamentarisch | |
nachzubessern. Heißt: eine sozial gestaffelte Förderung und | |
„lebenspraktische Ausnahmen und Übergänge“ einzubauen. | |
Bovenschulte warnte, am 1. Januar ein „halbfertiges“ Gesetz in Kraft zu | |
setzen. Die Debatte, wie und wann das Gesetz kommt, geht also weiter – | |
wobei die Länder inklusive Bremen erhebliche Bedenken haben. | |
15 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jan Zier | |
Anna Lehmann | |
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