# taz.de -- Sächsisches Gericht und Propaganda: „Z“-Symbol bleibt straffrei | |
> Eine Frau trug auf einem „Spaziergang“ das „Z“-Symbol und solidarisie… | |
> sich mit Russland. Nun hat das Amtsgericht Bautzen sie freigesprochen. | |
Bild: Der Buchstabe Z ist das Symbol des russischen Militärs für den Angriffs… | |
BERLIN taz | Die Weichen waren gestellt: Auch die Generalstaatsanwaltschaft | |
Dresden teilt grundsätzlich die Auffassung, dass das „Z“-Symbol mutmaßlich | |
als „symbolische Billigung des Vorgehens der russischen Föderation in der | |
Ukraine“ zu sehen ist, mithin des Angriffskrieges. Und auch das russische | |
Verteidigungsministerium hat ja in einem Instagram-Post eindeutig erklärt, | |
„Z“ stehe für „За Победу“, „Za Pobedu“ – übersetzt: „… | |
warum kommt dann eine 35-jährige Deutsche straffrei davon, die das | |
[1][„Z“-Symbol Ende März bei einem Corona-„Spaziergang“ in Bautzen] gut | |
sichtbar an ihre gelbe Warnweste und in roter Farbe auf ihren Helm geklebt | |
hatte? | |
Denn genau so ist es gekommen, ausgerechnet noch in einem Verfahren, in dem | |
der Szene-Anwalt Martin Kohlmann, einer der Anführer der rechtsextremen | |
„Freien Sachsen“ als Verteidiger auftrat: Das Amtsgericht Bautzen lehnte | |
jetzt in einem Beschluss (Aktenzeichen: 41 Ds 220 Js 10638/22) die | |
Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Die Angeschuldigte habe sich nicht | |
strafbar gemacht, insbesondere nicht der Billigung von Straftaten laut | |
Strafgesetzbuch. | |
Paragraf 140 des deutschen Strafgesetzbuches verbietet die „Belohnung und | |
Billigung“ von Straftaten. Diese Vorschrift dient dem Schutz des | |
öffentlichen Friedens und soll die Entstehung „eines Klimas verhindern, in | |
dem gleichartige Untaten gedeihen können“. | |
Nach dem Völkerstrafgesetzbuch (Paragraf 13) ist ein Angriffskrieg als | |
Straftat zu betrachten. In der polizeilichen Vernehmung hatte die Frau | |
sogar erklärt, dass sie bewusst Russland unterstütze. Es handele sich nicht | |
um einen Angriffskrieg, sagte sie, sondern um einen „Verteidigungskrieg | |
gegen die Nato“. Und: „Da die Nato der eigentliche Angreifer und Verbrecher | |
ist, sind Putins Aktionen völlig legitim.“ | |
## Vielleicht wollte sie nur Aufmerksamkeit? | |
Der Bautzener Amtsrichter Ralph Nimphius argumentiert, die „bloße | |
Verwendung des Buchstabens Z auf Kleidungsstücken einer Person“ führe noch | |
nicht zu einer Störung des öffentlichen Friedens. Wer sich mit Russland | |
solidarisiere, billige nicht gleich den Angriffskrieg. Und: „Bei dem Z | |
handelt es sich nicht um ein verbotenes Symbol.“ Es sei nicht zweifelsfrei | |
belegt, dass „hier die Angeschuldigte das russische Kriegstreiben und die | |
begangenen Verbrechen gutheißt“. | |
Besonders absurd erscheint eine Passage in der Begründung, in der das | |
Amtsgericht feststellt, möglich sei auch, dass mit dem „Z“ nur provoziert | |
werden solle, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Zeichen seien auch schon | |
vorher „aus ihrem bisherigen Kontext gelöst und in einen neuen Kontext | |
eingefügt“ worden, wie sich „zuletzt bei der Verwendung des gelben | |
Davidsterns bei den Impfgegnern gezeigt“ habe. Dass die Justiz in vielen | |
Bundesländern die „Ungeimpft“-Sterne wegen einer vermuteten Verharmlosung | |
des Holocausts verfolgt, erwähnt Nimphius an dieser Stelle nicht. | |
An dieser Stelle setzt Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank | |
in Frankfurt am Main, mit seiner Kritik an. Er sagt der taz: „Die | |
Begründung des Amtsgerichts ist irritierend. Denn die Verwendung des gelben | |
Davidsterns durch Querdenker und Rechtsextreme darf nicht legitimiert | |
werden.“ Das Amtsgericht ignoriere die Tatsache, dass die Verwendung des | |
Symbols im neuen Kontext „eine Verharmlosung der Shoah und eine Verhöhnung | |
der Opfer bedeutet“. | |
## „Freie Sachsen“ jubeln | |
Ursprünglich hatte die sächsische Polizei in dem Fall ein beschleunigtes | |
Verfahren angestrebt, das Dezernat Staatsschutz ermittelte. Doch nicht | |
einmal mit diesem Vorhaben konnte sie sich beim Amtsgericht Bautzen | |
durchsetzen. Dort gilt als Pointe: „Die Demokratie lebt von der | |
Meinungsvielfalt und dem freien Diskurs“, auch wenn dabei „sicher viel | |
Unsinn, Dummheit und Provokation“ zu ertragen seien. „Das Strafrecht aber | |
darf nicht missdeutet und missbraucht werden, Unliebsames und Unliebsame in | |
die Schranken zu verweisen.“ | |
Die rechtsextremen „Freien Sachsen“ jubilierten auf Telegram über den | |
Bautzener Gerichtsbeschluss: Anwalt Kohlmann habe das Alphabet gerettet, | |
die Bürgerin „vorbildlich“ gehandelt. | |
17 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Matthias Meisner | |
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