# taz.de -- Rückläufige Fahrgastzahlen im ÖPNV: Corona erschwert die Verkehr… | |
> Die Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr sollen sich bis 2030 | |
> verdoppeln. Doch durch die Pandemie sind sie massiv eingebrochen. | |
Bild: Im Frühjahr 2020, im ersten Lockdown, sank die Zahl der Fahrgäste im Ö… | |
BERLIN taz | Aktuell nutzen rund 60 Prozent so viele Fahrgäste den | |
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wie vor der Coronakrise. Immerhin: | |
„Die Tendenz ist steigend“, sagte ein Sprecher des Verbands Deutscher | |
Verkehrsunternehmen (VDV) der taz. | |
Der ÖPNV gehört zu den großen Verlierern der Coronakrise. Dabei soll er das | |
Rückgrat der Verkehrswende sein. Der ÖPNV ist wichtig für das Erreichen der | |
Klimaziele. Bund und Länder wollen, dass sich die Fahrgastzahlen bis 2030 | |
im Vergleich zum Jahr 2019 verdoppeln. Doch im Frühjahr 2020, im ersten | |
Lockdown, sank die Zahl der Kund:innen um 70 bis 80 Prozent. Im zweiten | |
Lockdown in den vergangenen Monaten waren 50 bis 60 Prozent weniger | |
Fahrgäste mit Bussen und Bahnen unterwegs als in der Vor-Coronazeit. Grund | |
für die im Vergleich zum ersten Lockdown etwas höheren Zahlen könnte unter | |
anderem sein, dass weniger Beschäftigte in Kurzarbeit waren, schätzt der | |
VDV-Sprecher. Wann wieder so viele Kund:innen den ÖPNV nutzen wie früher, | |
sei schwer abzuschätzen, sagte er. „Wir gehen nicht davon aus, dass das | |
2022 der Fall sein wird.“ | |
Rund sieben Milliarden Euro haben die Nahverkehrsunternehmen laut VDV durch | |
die Coronakrise in den Jahren 2020 und 2021 an Einnahmen verloren. Ihr | |
Angebot haben die meisten in der Coronakrise weitgehend aufrechterhalten. | |
Der Bund und die Länder fangen die Verluste ab. Sie haben [1][einen | |
Rettungsschirm gespannt]. Doch mit der wirtschaftlichen Schadensbegrenzung | |
ist es nicht getan: Jetzt geht es darum, die verlorenen Kund:innen | |
zurückzugewinnen. Die nach dem Ende des ersten Lockdowns begonnene Kampagne | |
zur Kundenrückgewinnung soll bald wieder starten, wenn die Pandemie auf dem | |
Rückzug bleibt. | |
„Wir sind alle damit beschäftigt zu überlegen: Mit welchen Maßnahmen | |
bekommen wir die Fahrgäste zurück?“, sagte Susanne Henckel, Präsidentin der | |
[2][Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr], bei einer | |
Online-Pressekonferenz. „Nur wenn wir den Nahverkehr auf der Schiene | |
konsequent stärken, wird es gelingen, die Klimaschutzziele zu erreichen.“ | |
Gerade für Pendler:innen könnte die Schiene eine Alternative zum Auto | |
sein. | |
## Forderungen an die nächste Regierung | |
Henckels Arbeitsgemeinschaft fordert von der kommenden Bundesregierung | |
unter anderem ein Programm für bessere Bahnhöfe. „Die Bahnhöfe sind die | |
Kristallisationspunkte der Mobilitätswende“, sagt Henckel. Sie sollten Orte | |
für Begegnungen sein, angenehm und sicher. „Viel zu oft wird daran gedacht, | |
eher schlanke Infrastruktur zu schaffen, die leicht zu reinigen ist“, sagt | |
sie. Bahnfahren soll allerdings ökologischer werden. Die | |
Arbeitsgemeinschaft fordert einen „Quantensprung“ für emissionsfreien | |
Bahnverkehr. Weil viele Strecken immer noch nicht elektrifiziert sind, | |
fahren noch immer etwa ein Drittel aller Züge mit Dieselloks. | |
Die Arbeitsgemeinschaft plädiert für eine Änderung der Struktur des | |
[3][Bahnkonzerns], die auch dem Nahverkehr zugutekommen soll: Die | |
Zuständigkeit für das Schienennetz soll nach ihren Vorstellungen der Bahn | |
weggenommen und in eine Infrastrukturgesellschaft überführt werden, die | |
gemeinwohlorientiert ist. Außerdem soll eine Instanz eingerichtet werden, | |
die den Deutschlandtakt vorantreibt – einem Fahrplan, der regelmäßige | |
Verbindungen zwischen Großstädten mit Anschlüssen in die Regionen vorsieht. | |
Damit nötige Ausbaumaßnahmen finanziert werden können, fordert die | |
Arbeitsgemeinschaft eine neue Finanzierungsarchitektur für die Bahn im Nah- | |
und Fernverkehr. Zentral ist dabei die Schaffung eines Infrastrukturfonds, | |
damit Projekte langfristig und vorausschauend geplant werden können. Mittel | |
für Modernisierungen sollen nach Auffassung der | |
Nahverkehrsexpert:innen auch aus Subventionen kommen, die umgeleitet | |
werden, etwa aus einer Pkw-Maut. | |
29 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Coronakrise-trifft-Verkehrsbetriebe/!5749447 | |
[2] https://bag-spnv.de/startseite | |
[3] /Deutsche-Bahn-und-Mobilfunk/!5774380 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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