# taz.de -- Referendum in Slowenien: Homo-Gegner setzen sich durch | |
> Die Ehe für alle war bereits Gesetz in Slowenien. In einem Referendum | |
> sprach sich jedoch am Sonntag eine Mehrheit gegen die Öffnung aus. | |
Bild: Über ein Drittel der Wahlberechtigten nahm an der Abstimmung teil – da… | |
BERLIN taz | Slowenien hätte Geschichte schreiben können. Im März schrieb | |
das Parlament mit großer Mehrheit die Ehe für alle per Gesetz fest. Jetzt | |
fehlte nur noch ein „Ja, ich will“ von der Bevölkerung. Doch in der | |
Abstimmung am 20. Dezember stimmte die Mehrheit gegen das Gesetz: 63% der | |
Wähler*innen stimmten mit „Nein“, nur 37% mit „Ja“. Die Gegner des Ges… | |
erreichten auch das Quorum von 20% der abgegebenen Stimmen. | |
Anstelle der Definition „Die Ehe ist eine Verbindung zwischen Mann und | |
Frau“ wäre die Formulierung „Die Ehe ist eine Verbindung zwischen zwei | |
Menschen“ übernommen worden. Damit hätten sich viele untergeordnete Gesetze | |
zu Ehe und Familie automatisch zugunsten homosexueller Paare verändert. | |
Die katholisch geprägte Organisation [1][Za otroke gre] (auf Deutsch etwa | |
„Es geht um die Kinder“) sammelte in den vergangenen Monaten über 80.000 | |
Unterschriften, um das Referendum gegen diese Neuregelung zu erzwingen. | |
Vorgeblich zum Schutz der Familie wurde um Neinstimmen geworben. | |
Als Gegengewicht dazu fand sich die Kampagne [2][Čas je ZA] (etwa „Es ist | |
Zeit für ein Ja“), die ähnlich wie in Irland [3][Yes Equality] für die | |
Öffnung der Ehe warb. Das Parteienbündnis der Vereinigten Linken Združena | |
levica unterstützte die Kampagne. „Wir haben viele positive Antworten | |
bekommen, von sehr unterschiedlichen Leuten. Jung, alt, Atheisten und | |
Katholiken“, sagt Matej Tašner Vatovec der Vereinigten Linken. „Das zeigt | |
uns, dass es nicht nur die Kampagne einer bestimmten Gruppe ist, sondern | |
dass wir die Solidarität der gesamten Gesellschaft haben.“ | |
## Zurück auf Anfang | |
Für die Volksabstimmung gab es ein 20%-Quorum. Um das Gesetz zu kippen, | |
mussten 20% der Wahlbevölkerung dagegen stimmen. Laut der slowenischen | |
Tageszeitung Delo wären das [4][343.104 Wähler]. Am Ende stimmten mehr als | |
390.000 Wahlberechtigte gegen das Gesetz. | |
„Das Nein für das Gesetz bedeutet, dass die slowenische Gesellschaft wieder | |
an den Anfang zurückgeworfen wird“, kommentiert Neža Kogovšek Šalamon, | |
Leiterin der Bügerrechtsorganisation Mirovni inštitut. „Die Regierung kann | |
das Gesetz ein Jahr lang nicht anwenden. Aber es ist immer noch möglich, | |
ein ähnliches Gesetz zu verabschieden, um das Diskriminierungsproblem zu | |
lösen.“ | |
Simon Maljevac, Koordinator der Kampagne für die Ehe für alle. zeigte sich | |
gegenüber der taz enttäuscht über die geringe Teilnahme am Referendum: „Die | |
Wählerinnen und Wähler hatten ihre Chance für Solidarität, Liebe, | |
Gleichheit und Familie zu stimmen. Es sind nur einfach nicht genug | |
Unterstützer*innen wählen gegangen.“ Trotzdem bewertet er die Kampagne als | |
großen Schritt vorwärts. „Das erste mal haben wir Angehörige von LGBT | |
öffentlich, in den Medien sprechen sehen.“ | |
Zum wiederholten Mal wurde der Konflikt um die Gleichstellung auf | |
legislativer Ebene ausgetragen: Bereits 2012 hatte das slowenische | |
Parlament ein Familiengesetz verabschiedet, das gleichgeschlechtlichen | |
Partnern die gleichen Rechte wie Ehegatten eingeräumt und unter anderem die | |
Adoption der biologischen Kinder des Partners erlaubt hätte. Daraufhin | |
meldete sich die „Bürgerinitiative zum Schutz der Familie und der | |
Kinderrechte“ zu Wort, die mit 40.000 gesammelten Unterschriften ein | |
Referendum forderte. Bei einer Wahlbeteiligung von 26% hatten sich damals | |
55% der Wähler gegen das Gesetz entschieden. | |
Slowenien wäre das elfte EU-Land gewesen, das die Ehe für alle im Gesetz | |
festschreibt. Im Sommer war die Abstimmung für eine offene Gesetzgebung im | |
katholischen Irland bereits eine Überraschung. Auch Slowenien ist | |
überwiegend katholisch. Das neue Gesetz wäre ein weiterer Schritt auf dem | |
Weg zur Ehe für alle in der ganzen EU gewesen. Die slowenische | |
EU-Kommissarin Violeta Bulc veröffentlichte vor der Abstimmung ein Video, | |
in dem sie die Wähler zur Ja-Stimme aufforderte. Frans Timmermans, erster | |
Vize-Präsident der Europäischen Kommission, sprach sich ebenfalls für die | |
Ehe für alle in der gesamten EU aus. | |
21 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://24kul.si | |
[2] http://casjeza.si/ | |
[3] http://www.yesequality.ie/ | |
[4] http://www.delo.si/novice/politika/za-referendumski-ne-vsaj-okoli-343-000-g… | |
## AUTOREN | |
Belinda Grasnick | |
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