# taz.de -- Referendum Zentralafrikanische Republik: Unter Aufsicht russischer … | |
> Am Wochenende stimmt die Zentralafrikanische Republik über eine neue | |
> Verfassung ab. Mittendrin: Die Soldaten der russischen Wagner-Gruppe. | |
Bild: Sie stechen raus: Wagner-Söldner in der Entourage des Präsidenten der Z… | |
KAMPALA taz | Ein Foto geht derzeit durch die Medien der | |
Zentralafrikanischen Republik, das die Lage in dem kleinen Land im Herzen | |
des Kontinents auf einen Blick ablichtet. Da steht das 7-köpfige | |
Führungsteam der Wahlkommission auf dem Rollfeld des internationalen | |
Flughafens in der Hauptstadt Bangui. Sie machen noch ein Gruppenfoto, kurz | |
bevor sie in eine Maschine steigen, um auf Wahlkampftour zu gehen. Zwischen | |
den Zentralafrikanern steht ganz lässig ein weißer Mann mit Sportschuhen, | |
langen Haaren und Sonnenbrille: Dmitri Siti, Direktor des sogenannten | |
Russischen Hauses in Bangui und die rechte Hand des russischen Wagner-Chef | |
Jewgeni Prigoschin in Afrika. Im Hintergrund des Fotos sind in einem Hangar | |
verschiedene Flieger geparkt: Neben den weißen UN-Maschinen steht dort auch | |
ein russisches Flugzeug, das auf Wagner-Chef Prigoschin zugelassen ist. | |
Drei Wochen nur ging die Kampagne zum Referendum, das am Sonntag | |
stattfinden soll. Die 5,5 Millionen Zentralafrikaner sollen mit „Ja“ oder | |
„Nein“ über die Einführung einer neuen Verfassung abstimmen. Die derzeitig | |
gültige Verfassung, die 2015 per Referendum angenommen worden war und 2016 | |
in Kraft trat, sieht eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten für den | |
Präsidenten vor. Laut dieser dürfte der derzeitige Präsident Faustin | |
Touadéra bei den nächsten Wahlen 2024 nicht noch einmal antreten. In dem | |
neuen Verfassungsentwurf ist diese Amtszeitlimitierung zwar nicht | |
abgeschafft. Doch mit einer neuen Verfassung würden diese Amtszeiten für | |
Touadéra quasi auf null zurückgesetzt, so der Trick. | |
Die Idee mit der neuen Verfassung hat Präsident Touadéra den | |
Zentralafrikanern erst im Mai vorgestellt. Seitdem gibt er sich in der | |
Öffentlichkeit aber nicht als Initiator, sondern lässt verlegen verlauten, | |
dass die internationalen Partner des Landes sowie ausländische Investoren | |
„Stabilität“ und „Kontinuität“ wünschen, die quasi nur er garantieren | |
könne. Mit diesen Partnern und Investoren sind vor allem Touadéras | |
Vertraute der russischen Firma Wagner gemeint. | |
Mit rund 1.800 Söldnern ist die [1][Wagner-Gruppe] in Zentralafrika seit | |
2019 vertreten. Sie erfüllen dort verschiedene Aufgaben: Sie schützen als | |
Leibwächter den Präsidenten und die höchsten Regierungsmitglieder, sie | |
bilden die nationale Armee aus, sie führen eigene Militäroperationen gegen | |
lokale Milizen durch und schützen Minen oder Holzeinschlagsgebiete, wo | |
Wagner-verwandte Firmen Konzessionen erworben haben, sie verbreiten aber | |
auch Propaganda, indem sie enge Beziehungen zu örtlichen Radiosendern | |
unterhalten. | |
## Wagner-Chef Prigoschin: „Alles läuft nach Plan“ | |
Anlässlich des Referendums hat sich der russische Wagner-Chef Prigoschin | |
nun persönlich zu Wort gemeldet. Er gab zentralafrikanischen Medien ein | |
Telefoninterview, in welchem er seine Unterstützung versichert. Nach der | |
[2][mutmaßlich gescheiterten Meuterei] seiner Truppen in Russland Ende Juni | |
herrschte dort Verwirrung. Was bedeutet dies für die Beziehungen mit der | |
Wagner-Gruppe? Als dann kurz darauf aus Zentralafrika 400 Wagner-Söldner | |
ausgeflogen wurden, stand die Frage im Raum, ob sich die Firma auf Putins | |
Geheiß nun vom Kontinent zurückzieht. | |
Prigoschin tut dies nun als „Fake News“ ab und versichert den | |
Zentralafrikanern: „Alles läuft nach Plan.“ Es habe unter seinen Truppen im | |
Vorfeld des Referendums lediglich eine Rotation gegeben, um „frische | |
Kräfte“ ins Land zu bringen, die „kampfgestählt“ sind und dafür sorgen | |
würden, dass während der Volksabstimmung der Bevölkerung „kein Schaden | |
zugefügt wird“. Er betont dabei ausdrücklich: „Keine unserer Handlungen | |
steht im Widerspruch zu den Interessen der Staaten, in denen wir uns | |
befinden, und natürlich auch nicht zu den Interessen der Russischen | |
Föderation.“ | |
Seine Truppen seien bereit, ihre Aufgaben im „Kampf gegen den Terrorismus“ | |
in Afrika auszuweiten, verspricht Prigoschin. Bereits bei den | |
Präsidentschaftswahlen 2020 in Zentralafrika war die Wagner-Gruppe ein | |
einflussreicher Faktor. Kurz davor startete die [3][CPC (Koalition der | |
Patrioten für Veränderung),] eine neu formierte Allianz verschiedener | |
Rebellengruppen, einen gemeinsamen Angriff auf die Hauptstadt. Dieser | |
konnte mithilfe der frisch stationierten Wagner-Truppen gestoppt werden, | |
die Wahlen fanden deswegen aber nicht in allen Landesteilen statt. | |
## UN-Mission sorgt sich über Folgen der Abstimmung | |
Auch dieses Mal hat CPC-Armeechef Ali Mahama zum Boykott des Referendums | |
aufgerufen und Touadéras Volksabstimmung als „diskriminierendes und | |
machiavellistisches“ Manöver abgetan. Er wirft dem Präsidenten vor, auf die | |
Wünsche von Söldnern zu hören, die „durch Plünderungen und Gewalttaten | |
gegen die zentralafrikanische Bevölkerung Terror“ verbreitet hätten. Er | |
ruft seine Rebellenarmee zur „Wachsamkeit“ auf, warnt „vor jeder weiteren | |
Provokation“ und verspricht eine „entschlossene Reaktion“. | |
Die [4][UN-Mission in Zentralafrika (Minusca)] zeigt sich besorgt über die | |
möglichen Folgen der Volksabstimmung, die zu weiteren Aufständen führen | |
könnten. Minusca-Chefin Valentine Rugwabiza betonte, dass die Lage im Land | |
ohnehin instabil sei, auch durch die Flüchtlingsströme aus dem Sudan. Sie | |
versichert, die UN werde „sämtliche Menschenrechtsverbrechen und Gewalt“ | |
untersuchen. | |
27 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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