# taz.de -- Proteste in Iran: EU beschließt neue Sanktionen | |
> Weitere Strafmaßnahmen sind gegen Iran verhangen worden, darunter gegen | |
> das IT-Unternehmen Arvan Cloud. Revolutionsgarden sind noch nicht | |
> gelistet. | |
Bild: Irans „Oberster Führer“ Chamenei (mit Turban) mit Kommandeuren der S… | |
BRÜSSEL taz | Vor dem Hintergrund der massiven Repression im Iran hat die | |
EU den Druck auf [1][das Mullah-Regime] nochmals erhöht. Die | |
EU-Außenminister beschlossen bei ihrem Treffen in Brüssel am Montag, | |
Sanktionen gegen 29 Personen und drei Organisationen zu verhängen, die mit | |
der gewalttätigen Unterdrückung der Proteste in Verbindung gebracht werden. | |
Es ist bereits die zweite Strafe binnen eines Monats. | |
Die neuen Sanktionen träfen „den inneren Machtzirkel der | |
Revolutionsgarden“, sagte [2][die deutsche Außenministerin Annalena | |
Baerbock]. „Wir senden ein erneutes und zwar unmissverständliches Signal an | |
das iranische Regime“, betonte sie. | |
Unter den neuen Organisationen auf der Sanktionsliste befindet sich auch | |
[3][das iranische IT-Unternehmen Arvan Cloud, zu dem die taz] gemeinsam mit | |
Correctiv und netzpolitik.org recherchiert hatte. Die EU wirft dem | |
Unternehmen nun vor, der iranischen Regierung beim Aufbau eines nationalen | |
Internets zu helfen. | |
Arvan Cloud sei „an der Zensur und den Bemühungen der iranischen Regierung | |
beteiligt, das Internet als Reaktion auf die jüngsten Proteste im Iran | |
abzuschalten“, heißt es in der Begründung. Die Firma werde auch mit | |
Personen in Verbindung gebracht, die für schwerwiegende | |
Menschenrechtsverletzungen im Iran verantwortlich seien. | |
## Todesurteil wegen „Korruption auf Erden“ | |
Im Iran ist indes [4][am Sonntag ein Todesurteil] im Zusammenhang mit den | |
Protesten gegen die Führung des Landes verhängt worden. Ein Gericht in der | |
Hauptstadt Teheran habe die Todesstrafe ausgesprochen, teilte die | |
Justizbehörde auf ihrer Website Misan Online am Sonntag mit. | |
Die verurteilte Person sei unter anderem schuldig befunden worden, ein | |
Regierungsgebäude angezündet, „die öffentliche Ordnung gestört“ und die | |
„nationale Sicherheit“ bedroht zu haben. Ihr wird demnach auch „Korruption | |
auf Erden“ vorgeworfen sowie ein „Feind Gottes“ zu sein – einer der | |
schwersten Straftatbestände des iranischen Rechts. Über die Identität oder | |
das Alter des oder der Verurteilten wurde nichts bekannt. | |
„Das ist grausam“, kommentierte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn das | |
Urteil bei dem Treffen in Brüssel am Montag. Die EU werde keine Ruhe geben | |
und Teheran zur Verantwortung ziehen. | |
Im Gespräch ist, die iranischen Revolutionsgarden nicht nur abzustrafen, | |
sondern auch auf die EU-Terrorliste setzen zu lassen. Die Rechtslage sei | |
aber „komplex“, räumte Baerbock ein. Deshalb sei dieser Schritt noch einmal | |
aufgeschoben worden. Die Verantwortlichen glaubten, „ohne Konsequenzen ihre | |
eigenen Menschen unterdrücken, einschüchtern und töten zu können“, empör… | |
sich Baerbock. Dies sei jedoch ein Irrtum. | |
## Keine EU-Strategie erkennbar | |
Bei den Protesten, die durch den Tod der 22-Jährigen Jina Mahsa Amini im | |
September ausgelöst worden sind, sind nach Angaben der | |
Nichtregierungsorganisation Iran Human Rights bislang mindestens 326 | |
Menschen getötet worden. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um das Tragen | |
des Kopftuchs und andere umstrittene Regeln der Sittenpolizei. Viele | |
Demonstranten verlangen auch den Sturz des islamistischen Regimes. | |
Die EU hat sich diese Forderung allerdings nicht zu eigen gemacht. Sie | |
reagiert auf die Repression; eine Strategie ist bisher nicht zu erkennen. | |
Dies liegt auch daran, [5][dass die Europäer noch vor Kurzem auf eine | |
Wiederbelebung des Atomabkommens aus dem Jahr 2015 (JCPOA) hofften]. Man | |
dürfe es sich nicht endgültig mit Teheran verscherzen, um das Atomabkommen | |
und damit den Frieden in der Region zu retten, hieß es in Brüssel. | |
Nun liegt der Deal auf Eis, die Spannungen zwischen Iran und Israel haben | |
sich massiv verschärft. Für weiteren Zündstoff sorgen die iranischen | |
Waffenlieferungen an Russland. Wegen iranischer Drohnen hatte die EU | |
bereits weitere Sanktionen verhängt, unabhängig von den nun beschlossenen | |
neuen Strafmaßnahmen. Weitere Strafen könnten folgen, deutete der | |
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell an. | |
Borrell wollte den Ministern neue Belege für iranische Waffenlieferungen | |
vorlegen. Außerdem ging es bei dem Treffen in Brüssel am Montag um die Lage | |
in der Ukraine nach dem russischen Rückzug aus Cherson. Borrell wandte sich | |
gegen eine diplomatische Initiative. „Die Ukraine muss selbst entscheiden, | |
was sie als nächstes macht“, sagte der Spanier. „Unsere Pflicht ist es, sie | |
zu unterstützen.“ (mit Agenturen/Mitarbeit: Jean-Philipp Baeck) | |
14 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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