# taz.de -- Protest gegen Hamburgs Schlick-Pläne: Gift-Deponie am Nationalpark | |
> WWF, BUND und Nabu protestieren gegen Hamburgs Pläne, Hafenschlick im | |
> Watt zu verklappen. Das gefährde das Ökosystem. Auch eine Klage steht im | |
> Raum. | |
Bild: Müsste den Hamburger Hafenschlick künftig bis ins Watt fahren: Schiffsb… | |
HAMBURG taz | Das Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“ hat Hamburgs Pläne, | |
Baggerschlick aus der Elbe künftig vor der Insel Scharhörn im Wattenmeer zu | |
verklappen, erneut scharf kritisiert. Drei Tage vor Ablauf der | |
Einwendungsfrist hat der Zusammenschluss aus WWF, BUND und Nabu darauf | |
hingewiesen, dass der Bereich der Verklappung direkt an ein fünffaches | |
Naturschutzgebiet angrenzt. | |
Das Areal liegt zwar in der Fahrrinne der Elbe, die wegen ihrer Bedeutung | |
für den Schiffsverkehr vom Naturschutzgebiet ausgenommen ist. Es grenzt | |
jedoch auch unmittelbar an das Weltnaturerbe Wattenmeer. Das findet Lucas | |
Schäfer, Geschäftsführer des BUND Hamburg, „absurd und nur der Anmaßung d… | |
Hamburger Senats und der Hafenwirtschaft zu verdanken“. Die Hafenbehörde | |
Hamburg Port Authority (HPA) setze sogar darauf, „dass die Schadstoffe | |
verdünnt werden und in die benachbarten Schutzgebiete verdriften“. | |
Für das mit Schwermetallen und Schadstoffen belastete Baggergut der | |
höchsten Schadstoffklasse 3 werde eigentlich eine Entsorgung an Land | |
empfohlen, so Beatrice Claus vom WWF. Die Verklappung vor Scharhörn | |
verletze außerdem Schadstoffgrenzwerte aus internationalen Abkommen. | |
Vor einem Monat hat der Hamburger Senat mit einem Gutachten der HPA | |
[1][seinen Plan für die Verklappung vorgestellt]. Die Sedimente, die sich | |
seit der mehrstufigen Vertiefung der Elbe in immer größerer Menge | |
ansammeln, müssen abgebaggert werden, um auch großen Schiffen die Zufahrt | |
zum Hafen zu ermöglichen. Flussabwärts abgelagertes Baggergut spült die | |
Tide [2][mit der Zeit zurück in den Hafen]. Dem Problem soll das neuen | |
Endlager für Hafenschlick am Ästuar der Elbe, dem trichterförmigen Bereich | |
der Flussmündung, entgegengewirkt werden. | |
## Tricksen bei der Simulation | |
Die Ästuarexpertin bemängelt das Gutachten der HPA. Für das Modell, in dem | |
die Verteilung von Sedimenten rund um das Ablagerungsgebiet vor Scharhörn | |
simuliert wurde, seien die Ausgangsdaten nicht nachvollziehbar gewählt | |
worden. Die sind aber entscheidend für die Aussagekraft der Simulation. „In | |
dieses Modell wurden Eingangsparameter eingegeben, die mit der | |
tatsächlichen Verbringungsmethode gar nichts zu tun haben“, so Beatrice | |
Claus. | |
Beispielsweise sei die Verklappung von 1.000.000 Kubikmetern Schlick in der | |
Realität für 196 Tage geplant, im Modell wurden für die gleiche Menge nur | |
8,3 Tage berechnet. Seegang, Wetter, Sedimente eines Verklappungsgebietes | |
flussaufwärts, unterschiedliche Kornstärken des Baggerguts im Vergleich zum | |
Watt – all diese Faktoren seien im Gutachten nicht oder allenfalls | |
mangelhaft behandelt worden. Eine hinreichende Langzeitprognose fehle | |
ebenfalls. | |
Vor allem Tiere könnten unter der Belastung der Schadstoffe leiden, so | |
Claus. Schwermetalle, über gefressene Fische aufgenommen, ließen die Eier | |
bestimmter Vogelarten brüchig werden, Muscheln würden durch das getrübte | |
Wasser in ihrer Filterfunktion behindert, die Änderung der Korngröße im | |
Watt verdränge Tiere wie den Sandaal. Der ist aber wiederum | |
Nahrungsgrundlage der Brandseeschwalbe. | |
Die Schadstoffe erreichten so über die Nahrungskette mittel- oder | |
unmittelbar alle Lebewesen im betroffenen Bereich. Das Bündnis geht nicht | |
davon aus, dass die Verdünnung der Schadstoffe durch die zeitlich versetzte | |
Ausbreitung des Hafenschlicks in die angrenzenden Naturschutzgebiete der | |
Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausreicht, um | |
langfristige Schäden zu verhindern. | |
## Helfen soll eine „Hafenkooperation“ | |
Als Lösung für das Problem der Verschlickung im Hamburger Hafen kommt für | |
das Bündnis ausschließlich eine länderübergreifende Hafenkooperation ins | |
Spiel. „Nur mit einer strategischen Kooperation der Seehäfen Wilhelmshaven, | |
Bremerhaven und Hamburg könnten die Baggermengen substanziell reduziert | |
werden“, teilen die Umweltverbände in einer Pressemitteilung mit. Kurz | |
gesagt, fordern die Umweltverbände, die Elbe wieder versanden zu lasen und | |
Schiffe mit großem Tiefgang in Bremerhaven oder Wilhelmshaven teilweise zu | |
entladen, so dass sie Hamburg später dennoch anlaufen könnten. | |
Ein Festhalten an den derzeitigen Plänen der HPA sieht Lucas Schäfer als | |
äußerst unklug. „Mit seinem jetzigen Vorgehen in Sachen Scharhörn isoliert | |
sich Hamburg in der Hafenpolitik endgültig von den Nachbarländern. Das ist | |
weder politisch sinnvoll noch für den desolaten Zustand der Elbe | |
vernünftig“, meint der BUND-Vorsitzende. | |
Sollte der Hamburger Senat auch nach Prüfung aller Einwände noch zu dem | |
Schluss kommen, die Verklappung von Schlick vor der Insel Scharhörn sei | |
eine gute Idee, behalten sich die Umweltorganisationen eine Klage gegen den | |
Eingriff vor. Mit Anwalt Rüdiger Nebelsieck prüft das Bündnis momentan alle | |
Möglichkeiten, das Unterfangen juristisch abzuwenden. Auf der Website | |
[3][kein-gift-ins-watt.de] haben die NGOs eine Petition gegen die | |
Verklappung gestartet. | |
4 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Baggergut-aus-dem-Hamburger-Hafen/!5831848 | |
[2] /Folgeprobleme-der-Elbvertiefung/!5765250 | |
[3] https://www.bund-hamburg.de/kein-gift-ins-watt | |
## AUTOREN | |
Niklas Berger | |
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