# taz.de -- Programm „Demokratie leben“: Fördermittel werden nicht erhöht | |
> Viele Demokratieprojekte stehen vor dem Aus. Und der Bundestag | |
> beschließt: Mehr Mittel gibt es nicht. | |
Bild: Ministerin Franziska Giffey hat nicht mehr Geld im Etat für das Bundespr… | |
BERLIN taz | Das Bundesprogramm „Demokratie leben“, das Projekte gegen | |
Extremismus und für die Demokratie fördert, wird nicht aufgestockt. Das | |
beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestags [1][in einer Sitzung | |
Donnerstagnacht]. Zivilgesellschaftliche Initiativen zeigten sich | |
enttäuscht. | |
In der Bereinigungssitzung wurde der finale Haushaltsentwurf für das Jahr | |
2020 festgelegt. Formell beschlossen wird der Haushalt Ende November. Das | |
Bundesprogramm „Demokratie leben“ war dabei ein Posten [2][unter vielen]. | |
Um das Programm, angesiedelt beim Bundesfamilienministerium, hatte es | |
zuletzt Aufregung gegeben. Mehr als 120 zivilgesellschaftliche Initiativen | |
– darunter die Amadeu-Antonio-Stiftung, die Arbeiterwohlfahrt, die Diakonie | |
oder Flüchtlingsräte – hatten in einem Protestschreiben kritisiert, dass | |
eine Vielzahl an Modellprojekten in der Demokratiearbeit künftig nicht mehr | |
gefördert werde. In Zeiten des Rechtsrucks sei dies „falsch und der | |
Situation nicht angemessen“. | |
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Bundesfinanzminister Olaf | |
Scholz (SPD) hatten sich darauf bereits zuletzt geeinigt, eine geplante | |
Kürzung von 8 Millionen Euro für „Demokratie leben“ [3][zurückzunehmen].… | |
sollte bei dem bisherigen Budget von 115,5 Millionen Euro bleiben. Dies | |
beschlossen nun auch Union und SPD im Haushaltsausschuss des Bundestags. | |
## Initiativen forderten Erhöhung | |
Die zivilgesellschaftlichen Initiativen hatten hingegen eine deutliche | |
Erhöhung des Etats gefordert: auf 200 Millionen Euro. Dem folgten Union und | |
SPD nicht. „Das ist mit den bestehenden Mehrheiten nicht machbar“, sagte | |
der SPD-Bundestagsabgeordnete Sönke Rix. Auch ein von Grünen und Linken | |
eingebrachter Antrag, die zurückgenommene Kürzung von 8 Millionen Euro nun | |
ausschließlich den Modellprojekten zukommen zu lassen, wurde abgelehnt. | |
„Demokratie leben“ fördert neben den Modellprojekten auch Demokratiearbeit | |
in den Kommunen, auf Landes- und auf Bundesebene. Giffeys Ministerium hatte | |
das Programm zuletzt umgebaut und die Gelder hin zu diesen staatlichen | |
Trägern verschoben. | |
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung, nannte den | |
Haushaltsbeschluss eine „sehr enttäuschende Nachricht“. Viele Träger hät… | |
auf den Bundestagsausschuss gehofft, „auf diese letzte Chance“, um doch | |
noch eine Förderung zu erhalten. „Die fehlenden Mittel reißen nun ein | |
großes Loch in die Präventionsarbeit, die Projektlandschaft blutet aus“, | |
kritisiert Reinfrank. „Mit dieser Entscheidung geht viel Erfahrung und | |
Wissen verloren, was uns allen noch in Jahren auf die Füße fallen wird.“ | |
Reinfrank sagte, dass nun MitarbeiterInnen der Projekte ihre Büros | |
ausräumen und sich aus ihren aufgebauten Netzwerken verabschieden würden. | |
Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung müsse ein Projekt gegen Antisemitismus in | |
Niedersachsen beenden. Einzig die Bundesländer könnten nun noch Projekte | |
über Landesmittel auffangen. | |
Auch Judith Porath von der Brandenburger Opferperspektive kritisierte den | |
Haushaltsbeschluss. „Damit ist der Kahlschlag in den Netzwerken vieler | |
wichtiger und kompetenter Modellprojekte Tatsache. Das ist für unsere | |
Demokratie eine sehr schlechte Nachricht.“ Auch die Opferperspektive muss | |
ein Anti-Diskriminierungsprojekt aufgeben und versucht dieses nun mit | |
Spenden zu retten. | |
Der Linken-Haushaltspolitiker Michael Leutert übte ebenfalls Kritik. „Dass | |
es für ‚Demokratie leben‘ keinen einzigen Euro mehr gibt, ist ein fatales | |
Signal. In diesen Zeiten Demokratie-Projekte zu gefährden, ist nicht zu | |
verstehen.“ | |
SPD-Mann Sönke Rix begrüßte dagegen, dass zumindest die geplante Kürzung | |
von „Demokratie leben“ zurückgenommen wurde. Zudem solle ein | |
„Innovationsfonds“ angelegt werden, mit dem man „vielleicht noch etwas | |
glätten kann“. Rix plädiert nun wie Giffey für ein grundsätzliches | |
Umsteuern: mit einem Demokratiefördergesetz, über das Projekte auch | |
langfristig gefördert werden können. | |
15 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Groko-einigt-sich-auf-Haushalt-2020/!5642321 | |
[2] /Bundesprogramm-Demokratie-leben/!5637044 | |
[3] /Reaktion-auf-Nazi-Terror/!5634954 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
Pia Stendera | |
Simon Schramm | |
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