| # taz.de -- Pressefreiheit und Rechtsextremismus: Gemeinsam gegen Angriffe | |
| > Rechtsextreme und Neonazis bedrohen Journalist*innen. In einem Aufruf | |
| > fordern Medienverbände und Redaktionen besseren Schutz vom Staat. | |
| Bild: Rechte wollen Journalisten fertigmachen – und das nicht nur mit Parolen | |
| Sie wollen nur eins: dass die Journalist*innen sich verkriechen. Dass | |
| ihnen das alles zu heißt wird, zu unbequem, zu anstrengend. Dass sie | |
| Schluss machen mit den Recherchen über rechtsextreme Netzwerke. | |
| Deswegen wenden Neonazis bei Journalist*innen Zermürbungstaktiken an. Zum | |
| Etwa bei David Janzen, der unter anderem für den „Störungsmelder“ von Zeit | |
| Online über die rechte Szene schreibt. Im Oktober wurde die Tür von Janzens | |
| Haus beschmiert und [1][Chemikalien in seinen Briefkasten gekippt.] | |
| Tatverdächtig ist ein Mann aus der rechten Szene Braunschweigs. | |
| Oder Fotograf André Aden, der seit Jahren für das Netzwerk „Recherche Nord�… | |
| Versammlungen der Szene dokumentiert und dafür mehrfach umziehen musste, | |
| [2][wegen Morddrohungen, die ihm nicht selten direkt ins Gesicht gesagt | |
| werden]. Oder Julian Feldmann, der für den NDR arbeitet und gegen den die | |
| niedersächsische NPD [3][namentlich zur Demonstration am kommenden Samstag] | |
| in Hannover aufgerufen hat. | |
| Es geht darum, dass die Journalist*innen unter dem Druck zusammenbrechen, | |
| sich allein gelassen fühlen. Die Taktik hätte keine Chance, wenn diese | |
| Journalist*innen sich des Schutzes von Behörden, Justiz und Polizei sicher | |
| sein könnten. | |
| ## Es geht um Pressefreiheit | |
| Viele Journalist*innen, Medienverbände und Redaktionen haben deshalb | |
| vergangene Woche einen Aufruf unterzeichnet, [4][sich solidarisch mit den | |
| drei Kollegen erklärt] und zugleich bessere Maßnahmen zu ihrem Schutz | |
| gefordert. Dem Aufruf, der am Freitag unter anderem über die Seite der | |
| Gewerkschaft Verdi und über Zeit Online veröffentlicht wurde, schlossen | |
| sich 20 Medienverbände, 17 Redaktionen und 450 Einzelpersonen an, auch | |
| Redakteur*innnen aus der taz. | |
| „Angriffe auf Journalist*innen und Eingriffe in deren Privatleben sind | |
| mittlerweile keine Seltenheit mehr“, heißt es im Aufruf. Und: „Ziel der | |
| extremen Rechten ist es, Journalist*innen fertigzumachen, bis sie ihre | |
| Arbeit aufgeben.“ Gefordert werden konkrete Maßnahmen zum Schutz von | |
| Journalist*innen, die von rechts bedroht werden – seitens Gesetzgebung, | |
| Justiz und Polizei. | |
| Was Journalist*innen, die über den rechten Rand aufklären, zum Nachteil | |
| werden kann: eine Rechtslage, die ihre Identität nicht schützt, Behörden | |
| oder Polizei, die nicht ausreichend geschult sind, und – ganz allgemein – | |
| ein fehlendes Verständnis der Behörden dafür, dass es um nicht weniger als | |
| die Pressefreiheit geht. | |
| ## Geringe Hürden für Rechte | |
| Freie Journalisten, die eine Webseite oder ein Blog betreiben, unterliegen | |
| der Impressumspflicht. Sie sind gesetzlich verpflichtet, ihre berufliche | |
| Adresse ins Netz zu stellen – die bei vielen mit der Privatadresse | |
| identisch ist. Der Aufruf fordert hier eine Ausnahmeregelung für gefährdete | |
| Personen. Aber auch über eine „einfache Auskunft“ beim Melderegister lässt | |
| sich jemandes Anschrift herausfinden. Die Hürden sind dafür nicht besonders | |
| hoch. | |
| Immerhin: Nach dem Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke prüft das | |
| Justizministerium einen vereinfachten behördlichen Weg für gefährdete | |
| Gruppen, eine Auskunftssperre zu beantragen. Für Journalist*innen etwa, die | |
| schon einmal auf einer sogenannten „Todesliste“ standen und deshalb | |
| umziehen, muss das schnell und unkompliziert gehen. | |
| Vor genau einem Jahr wurden Journalisten im thüringischen Fretterode | |
| während einer Neonaziveranstaltung von der Polizei bei ihrer Arbeit | |
| behindert. Die Beamten drohten dabei zwei Fotografen damit, ihre | |
| Privatanschrift an Neonazis herauszugeben. Das war wenige Monate nach dem | |
| „Hutbürger“-Fall in Dresden, bei dem die Polizei schon ein Kamerateam des | |
| MDR über Stunden festgesetzt hatte. | |
| ## Schulungen für Polizist*innen | |
| [5][Im Interview mit der taz] sagte der thüringische Innenminister Georg | |
| Maier (SPD) zum Fall Fretterode, den Beamten habe die Vorbereitung gefehlt: | |
| „Es fehlt einfach das Erfahrungswissen über zugespitzte | |
| Auseinandersetzungen zwischen Pressevertretern und rechtsradikalen | |
| Veranstaltungen.“ | |
| Dabei gibt es diese Konfrontationen nicht erst seit gestern. Der Aufruf vom | |
| Freitag fordert denn auch „bundesweit verpflichtende Schulungen von | |
| Polizist*innen für den Umgang mit Medienvertreter*innen“. | |
| Erst wenn Journalist*innen sich darauf verlassen können, dass das Gesetz, | |
| die Behörden und nicht zuletzt die Häuser, für die sie arbeiten, | |
| uneingeschränkt hinter ihnen stehen, erst dann laufen die | |
| Zermürbungstaktiken der Rechten ins Leere. | |
| 17 Nov 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Drohungen-gegen-Antifaschisten/!5633062 | |
| [2] /Druck-von-rechts-auf-Journalistinnen/!5642326 | |
| [3] /Neonazi-Demo-gegen-Journalisten/!5637115 | |
| [4] https://dju.verdi.de/ueber-uns/nachrichten/++co++5f9dcd66-077c-11ea-b960-00… | |
| [5] /SPD-Politiker-ueber-Pressefreiheit/!5631777 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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