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# taz.de -- Pressefreiheit in Slowenien: Janša will Presselandschaft umbauen
> Journalisten in Slowenien befürchten durch die amtierende Regierung eine
> repressivere Medienpolitik. Als Vorbild dient Viktor Orbáns Ungarn.
Bild: Wollen kein zweites Ungarn werden: Protest gegen die Regierung in Ljublja…
Split taz | Sloweniens rechtsnationale Regierung unter Premier Janez Janša
versucht die Presseagentur Sloweniens zu disziplinieren und nach rechts
auszurichten. Nur auf Druck der EU scheint die Regierung nun eingeknickt zu
sein. Doch zu einem Burgfrieden zwischen Regierung und Medien kommt es
deshalb nicht.
Denn niemand glaubt daran, dass Premierminister [1][Janez Janša] seine
Ziele aufgeben wird. Janša wolle die Presselandschaft unter seine Kontrolle
bekommen, sagt der berühmteste Journalist Sloweniens, Ervin
Hladnik-Milharčič, der Janša gut kennt. Die Presseagentur habe eine
Schlüsselfunktion für die politische Ausrichtung der Berichterstattung in
Slowenien und damit des Landes insgesamt.
Janez Janša wirft der Presseagentur STA vor, linkslastig zu sein und die
rechten Parteien in der Berichterstattung zu benachteiligen. Die Redaktion
weist das zurück und pocht zudem auf ihre redaktionelle Unabhängigkeit. Um
die Presseagentur für einen Kurswechsel gefügig zu machen, wurden die im
Staatshaushalt für die Agentur vorgesehenen Mittel seit Jahresbeginn
einfach zurückgehalten. Erst nach einem Gespräch mit EU-Innenkommissarin
Ylva Johannsson kündigte Innenminister Aleš Hojs am Donnerstag an, die
Blockade der Finanzierung aufzuheben. Die Finanzierung von STA besteht zu
einem wichtigen Teil aus Zahlungen der Regierung und des
Verwaltungsapparats.
Premier Janez Janša war früher, noch während der kommunistischen Zeit bis
1991, selbst einmal Journalist bei der legendären, damals oppositionellen
Wochenzeitung des kommunistischen Jugendverbandes, Mladina – zeitweise
gemeinsam mit Ervin Hladik-Milharčič. Janša hat sich jedoch im Laufe der
Zeit zu einem politischen Rechtsaußen entwickelt.
## Janšas dritter Versuch
Schon zwei Mal war er mit seiner Partei Slowenische Demokratische Partei
(SDS) an der Macht, von 2004 bis 2008 und dann auch nochmal 2012/13 – als
er wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. Und schon zwei Mal
versuchte er, die Berichterstattung der Medien zu verändern. Im März 2020
gelang ihm im Rahmen einer Viererkoalition mit Kleinparteien die Rückkehr
an die Macht. Seitdem versucht er seinen Vorbildern Donald Trump und Victor
Orbán nachzueifern.
Weil Slowenien am 1. Juli die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union
übernimmt, tritt Janša nun auch ins Rampenlicht der europäischen Politik.
In diesem Zusammenhang verstehen viele auch die nun erfolgte Ankündigung
der Regierung, die Finanzierung von STA doch zu gewährleisten. Boštjan
Slatinšek, ehemaliger unabhängiger Journalist, Kriegsreporter und jetzt
Filmemacher, glaubt, Janšas Regierung habe den Vorsitz nicht mit einem
solchen Skandal beginnen wollen.
Slatinšek ist wie sein Kollege Ervin Hladnik-Milharčič pessimistisch
gestimmt, was die Zukunft der freien Presse und des Landes betrifft. Denn
trotz aller Proteste sitze die Regierung an einem langen Hebel. Der
politische Druck der Regierung auf die Medien sei nur möglich und
erfolgreich, weil die Medien ohnehin, wie überall in Europa, in
finanziellen Schwierigkeiten und damit in einer Krise steckten, meint
Slatinšek.
Kleinere Medien würden finanziell unterstützt und so gefügig gemacht, die
größeren in ihrer Arbeit behindert oder von der Spitze her verändert. So
setzte die Regierung im Januar 2021 einen Wechsel an der Spitze des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTV Slovenija durch. Der neue Intendant
Andrej Grah Whatmough gilt als regierungsfreundlich.
Was die Pressepolitik Janšas konkret bedeutet, hat Ervin Hladnik-Milharčič
bei der zweiten Regierungszeit Janšas schon erfahren. Nachdem der
Chefredakteur der damals größten Zeitung Delo ausgewechselt wurde, begannen
personelle Säuberungen nach innen – der bei den Lesern populäre
Hladnik-Milharčič wurde mit einigen Kollegen aus der Zeitung gedrängt.
Hunderte wehrten sich damals mit einer Petition, die von
Investigativjournalist Blaž Zgaga von der Tageszeitung Večer und Matej Šurc
von Radio Slowenien verfasst wurde. Doch die Säuberungswelle wurde erst
nach dem Scheitern der zweiten Regierung Janša im Jahr 2008 gestoppt.
## Vorbild Viktor Orbán
Nach diesem Schema werde der an die Macht zurückgekehrte Janša auch jetzt
vorgehen, befürchtet Blaž Zgaga. Zgaga schreibt nur noch für kroatische
Zeitungen und hält es für wahrscheinlich, dass nach dem systematisch
herbeigeführten Kollaps der STA eigentlich eine „neue Agentur mit
Staatsgeldern“ aufgebaut werden sollte, und zwar mithilfe von Financiers
aus dem Umfeld der Janša-Partei.
Janša orientiert sich [2][an der Medienpolitik des ungarischen
Regierungschefs Viktor Orbán]. Ungarisches Geld fließt in die Medien
Sloweniens. „Seit 2017 versuchen ungarische Investoren, ein für Janša
günstiges Medienumfeld zu schaffen“, das von der Regierungspartei SDS
kontrolliert werden könne, erklärte Petra Lesjak Tušek, die Vorsitzende des
slowenischen Journalistenverbandes (DNS), der Deutschen Welle.
Das rechte Medienkonglomerat Nova24TV, das Wochenblatt Demokracija und mehr
als 20 Onlineportale verbreiteten schon jetzt antiliberale und
frauenfeindliche Ideen nach dem Vorbild Viktor Orbáns in Ungarn, sagte
Tušek. Die Journalisten Boštjan Slatinšek und Ervin Hladnik-Milharčič gehen
davon aus, dass mit dem Geld aus undurchsichtigen ungarischen Quellen die
innenpolitische Macht des rechtslastigen Regierungschefs gestützt werden
soll.
Dass aber Gelder aus intransparenten Quellen in die Medien mehrerer Staaten
an der Südostflanke Europas fließen, deute auf eine größere Dimension des
Problems hin. Betroffen sind neben Slowenien, Teile Bosnien und
Herzegowinas, Kroatien, Nordmazedonien und Bulgarien.
26 Apr 2021
## LINKS
[1] /Slowenien-als-Gastland-der-Buchmesse/!5766706
[2] /Pressefreiheit-in-Ungarn-unter-Beschuss/!5668697
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Pressefreiheit in Europa
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