# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Iran: Iran hat keine Wahl | |
> Am Freitag wird in Iran gewählt – zumindest soll dieser Anschein erweckt | |
> werden. Viele junge Menschen schauen desillusioniert auf dieses Theater. | |
Bild: Eine Unterstützterin des Oppositionspolitikers Pezeshikan hält ein Plak… | |
Seine Wut ist ihm anzusehen. Ein junger Student mit schwarzem, lockigem | |
Schopf und einem getrimmten, modischen Bart ist aufgestanden und spricht | |
laut und bestimmt. Er ist Teil eines großen Publikums, in der Mitte des | |
Raums sitzt Masoud Pezeshkian. Es ist eine Art „Wahlarena“, Pezeshkian ist | |
einer der „Kandidaten“ für das [1][iranische Präsidentschaftsamt]. | |
„90 Prozent der jungen Menschen versuchen andere davon zu überzeugen, nicht | |
zu wählen“, sagt der Student in Richtung Pezeshkian. „Ich bin selbst einer | |
von denen, die ihre Umgebung dazu anregen, dass sie ihre Stimme nicht | |
abgeben.“ Die Veranstaltung wird gefilmt; es gehört Todesmut dazu, solche | |
Worte in einem öffentlichen Raum in der Islamischen Republik auszusprechen. | |
Denn der Anschein von freien Wahlen ist der Führung immens wichtig. Die | |
Wahlbeteiligung war für die Machthaber stets ein „Beweis“ für die | |
Unterstützung der Bevölkerung. Nur ist an Wahlen in der Islamischen | |
Republik nichts legitim; sie sind weder frei, fair, gleich oder allgemein. | |
Die „Kandidaten“ werden durch den fundamentalistischen Wächterrat bestimmt | |
und müssen den Vorstellungen Khameneis genügen. Die Kandidaten sollen nicht | |
der Bevölkerung dienen, sondern allein der islamistischen Diktatur. Nun | |
soll also ein Nachfolger für den im Mai [2][verstorbenen Staatspräsidenten | |
Ebrahim Raisi] „gewählt“ werden. | |
Dem jungen Studenten in der „Wahlarena“ zuzuhören, bricht einem das Herz. | |
Er spricht den Präsidentschaftsbewerber Masoud Pezeshkian direkt an und | |
erklärt, dass dieser bekanntermaßen zu den sogenannten „Reformern“ gehöre | |
und allein deswegen kandidiere, um die Wahlbeteiligung hochzuschrauben. | |
Dabei verkenne das System [3][die Situation der jungen Menschen im Iran]: | |
„Ich lerne, ich studiere, einfach nur, um diesem Staat zu entfliehen“, so | |
der junge Mann, der mit diesen Worten sein Leben und seine Freiheit in | |
Gefahr bringt. | |
Man kann ihn sich vorstellen, in einem freien Land, wie er mit | |
Kommiliton:innen in der Bibliothek lernt und über Politik und das | |
Leben debattiert. Dort sollte er sein; nicht inmitten eines diktatorischen | |
Wahltheaters, bei dem es nur darum geht, welcher Mann als nächster | |
bestimmen soll, welche Menschen verfolgt, inhaftiert und ermordet werden. | |
Für Menschen wie den jungen Studenten spielt es keine Rolle, wie der | |
nächste Präsident heißt. Sie alle sind Männer [4][des Systems]. Eines | |
Systems, das außer Unterdrückung und Verderben nichts kennt. Eines Systems, | |
das keine Wahl lässt. | |
24 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Gilda Sahebi | |
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