# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Iran: Stichwahl mit Reformer | |
> Ex-Gesundheitsminister Massoud Peseschkian führt nach dem ersten | |
> Wahlgang. Die Iraner:innen müssen sich nun zwischen ihm und Hardliner | |
> Said Dschalili entscheiden. | |
Bild: Hat im ersten Wahlgang seine konservativen Rivalen zunächst auf die Plä… | |
Teheran afp | Über den neuen Präsidenten im Iran wird am kommenden Freitag | |
in einer Stichwahl zwischen dem Reformer Massoud Peseschkian und dem | |
Hardliner Said Dschalili entschieden. Wie das Innenministerium in Teheran | |
am Samstag mitteilte, errang Ex-Gesundheitsminister Peseschkian beim ersten | |
Wahlgang zwar die meisten Stimmen, verfehlte aber die notwendige absolute | |
Mehrheit. Gegen den 69-Jährigen, der für eine Entspannung im Verhältnis mit | |
dem Westen wirbt, tritt der ultrakonservative frühere Atom-Unterhändler | |
Dschalili an. | |
Bei den 13 vorherigen Präsidentschaftswahlen seit Gründung der Islamischen | |
Republik Iran war erst einmal eine Stichwahl nötig gewesen, und zwar im | |
Jahr 2005. Wie Wahlbehördensprecher Mohsen Eslami nun mitteilte, errang | |
Peseschkian im ersten Wahlgang gut 10,41 Millionen Stimmen und damit rund | |
42 Prozent. Dschalili folgte dahinter mit gut 9,47 Millionen Stimmen und 38 | |
Prozent. | |
Der konservative Parlamentspräsident Mohammed-Bagher Ghalibaf kam den | |
Angaben zufolge auf gut 3,38 Millionen Stimmen, der konservative Geistliche | |
Mostafa Purmohammadi vereinte nur 206.397 Stimmen auf sich. | |
Von den vier Präsidentschaftskandidaten, die am Freitag angetreten waren, | |
ist Peseschkian der einzige Reformer. [1][In den vergangenen Jahren hatte | |
das Lager der Gemäßigten und Reformer im Iran deutlich an Einfluss | |
verloren]. Bei der Stichwahl wird es nun darauf ankommen, wie stark | |
Peseschkian die Anhänger dieses Kurses mobilisieren kann. Die | |
reformorientierte iranische Zeitung Sasandegi titelte nach der Wahl: „Lang | |
lebe die Hoffnung.“ | |
Im ersten Wahlgang hatte die Wahlbeteiligung nur bei rund 40 Prozent | |
gelegen – dies war der niedrigste Stand in der Geschichte der Islamischen | |
Republik. Die Wahlbehörde zählte insgesamt gut eine Million ungültige | |
Stimmzettel. | |
## Peseschkian will Entspannung der Beziehungen zum Westen | |
Die ursprünglich für 2025 geplante Präsidentschaftswahl war vorgezogen | |
worden, nachdem der konservative Amtsinhaber Ebrahim Raisi am 19. Mai | |
[2][bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war]. Die | |
Wahlentscheidung wird im Ausland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, da der | |
Iran ein politisches Schwergewicht in der Region ist und in mehreren | |
Konflikten wie dem Gaza-Krieg mitmischt. | |
Peseschkian und Dschalili unterscheiden sich in ihrer Persönlichkeit und | |
ihrem politischen Kurs deutlich. Der 69 Jahre alte Chirurg Peseschkian, der | |
seit 2008 für die nordwestiranische Großstadt Täbris im Parlament sitzt, | |
hat nur wenig Regierungserfahrung. Von 2001 bis 2005 war er unter dem | |
reformorientierten Präsidenten Mohammed Chatami Gesundheitsminister. | |
Peseschkian ist bekannt für seine offenen Worte. So kritisierte er das | |
Vorgehen der Behörden während der landesweiten Massenproteste, die durch | |
den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September 2022 nach ihrer | |
Festnahme wegen angeblicher Verstöße gegen die strengen muslimischen | |
Kleidervorschriften ausgebrochen waren. | |
Im Wahlkampf sprach sich Peseschkian gegen Polizeigewalt bei der | |
Durchsetzung der muslimischen Kleidervorschriften aus. Außerdem setzt sich | |
der 69-Jährige für eine Entspannung der Beziehungen seines Landes zum | |
Westen ein, insbesondere zu den USA, um eine Lockerung der lähmenden | |
internationalen Sanktionen gegen den Iran zu erwirken. | |
Der 58-jährige Dschalili hingegen tritt für eine harte Haltung gegenüber | |
dem Westen ein. Diesen Kurs vertrat er auch während seiner Zeit als | |
Atom-Chef-Unterhändler des Iran von 2007 bis 2013. Dschalili hatte im Laufe | |
seiner Karriere noch weitere einflussreiche Posten inne und genießt das | |
Vertrauen des geistlichen Oberhauptes des Landes, Ayatollah Ali Chamenei. | |
Zur Zeit ist Dschalili einer der von Chamenei entsandten Vertreter im | |
Obersten Rat für nationale Sicherheit, dem höchsten sicherheitspolitischen | |
Gremium des Landes. | |
Doch wie auch immer die Stichwahl kommenden Freitag ausgeht, dürften sich | |
die Auswirkungen in Grenzen halten. [3][Denn die politische Macht im Iran | |
liegt seit der Revolution 1979 beim geistlichen Oberhaupt des Landes]. Dem | |
Präsidenten obliegt lediglich die Ausführung der vom geistlichen Oberhaupt | |
festgelegten politischen Leitlinien. | |
29 Jun 2024 | |
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