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# taz.de -- Philosophin über Robotherethik: „Technik ist nicht neutral“
> Wie und warum wir Roboter bauen und was wir sie tun lassen, ist immer
> auch eine moralische Frage: Janina Loh spricht in Hamburg über
> Roboterethik.
Bild: Dahinter steckt immer der Mensch: NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im…
taz: Janina Loh, werden Sie oft auf Isaac Asimov angesprochen?
Janina Loh: Ständig. Ich würde sagen, von den 130 [1][Interviews, die ich
bislang geben durfte], haben ein Viertel, vielleicht sogar ein Drittel
Asimov zumindest in irgendeiner Form thematisiert.
Naheliegend insofern, als der in einer seiner Science-Fiction-Geschichten
drei „Roboter-Gesetze“ formuliert hat; ein viertes – beziehungsweise
nulltes – kam später hinzu. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Gesetze
vielen Menschen zuerst einfallen, wenn diese auf Ihr Buch „Roboterethik“
stoßen und damit ihr Arbeitsgebiet.
Was Asimov selbst immer wieder gezeigt hat, ist, wie diese Gesetze
[2][miteinander in Konflikt geraten] und dass sie letztlich nur den
Ausgangspunkt darstellen, aber keine fertige Ethik sein können. Aus meiner
Sicht sind sie nicht besser oder schlechter als beispielsweise die zehn
Gebote oder der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant – ein Vorschlag.
Verhandelt wird darin: [3][wie soll und wie darf ein Roboter handeln]. Das
ist die eine Dimension. Und es gibt eine andere.
Das ist die Perspektive, dass Roboter genauso wenig wie ein Toaster oder
ein anderes elektronisches Gerät moralisch handeln können. Aber dass gerade
jene, die im besonderen Umgang mit Menschen sind, zum Beispiel
Pflegeroboter, einen besonderen moralischen Wert für uns haben. Und das
heißt, dass wir mit diesen Robotern nicht alles machen dürfen, was wir
wollen.
Vielleicht noch mal einen Schritt zurück: Wie definieren Sie einen Roboter?
Als besondere Form von Maschine. Alle Roboter sind Maschinen, aber nicht
alle Maschinen sind Roboter. Es gibt drei technische Kriterien: Ein Roboter
besteht erstens aus Sensoren, die Daten aus der Umgebung sammeln, und diese
zweitens an mindestens einen Prozessor weitergeben, der sie verarbeitet,
und drittens an mindestens einen Effektor oder Aktor übergibt; der
übersetzt die Daten in mechanische Abläufe. Hinzu kommen drei philosophisch
interessantere Aspekte.
Welche sind das?
Ein Roboter verfügt erstens über einen eigenständigen Körper, mit dem er
zweitens in seine Umgebung hineinwirken kann. Und zwar in einer Weise, wie
das ein Computer beispielsweise nicht kann. Ein Smartphone ist also eine
supersmarte Maschine, aber kein Roboter.
Und der dritte Aspekt?
Ein Roboter agiert zumindest quasi autonom. Das heißt, es sieht von außen
so aus, als würde er autonom agieren, ohne direkten Einfluss von Menschen.
Das ist dann auch der Grund, warum ich sagen würde, eine Drohne, zumindest
die bekannten Drohnen, die von Menschen extern gesteuert werden, sind keine
Roboter.
Also der Typ Drohne, bei dem es immer noch irgendwo einen Menschen mit
einem Joystick vor einem Bildschirm gibt. Aber entwickelt sind oder werden
ja auch solche Drohnen, bei denen der Mensch nicht mehr eingreifen kann –
und das auch gar nicht mehr können soll.
Es gibt in der Militärrobotik wie in allen anderen Bereichen der Robotik
umfangreiche Studien dazu. Und Gremien, die darüber diskutieren, ob es
sinnvoll ist, solche Roboter zu entwickeln. Und Leute, die finanzstark wie
auch, sage ich mal, politische Schwergewichte sind, die darauf Einfluss
haben. Aber nach wie vor sind solche Entwicklungen keine Naturgesetze. Wir
sind da immer noch im Bereich des Menschlichen und menschlicher
Entwicklung, die wir als Bürger*innen demokratischer Länder mitbestimmen
können: was soll passieren dürfen in einem Land, was nicht.
Das beantwortet ja eigentlich auch etwaige Zweifel, ob und warum Roboter
überhaupt Thema der Philosophie und also der Ethik sein können, die sich ja
genuin für den Menschen interessiert. Denn hinter diesen Maschinen stehen
immer noch Menschen, menschliche Entscheidungen, menschliche Konflikte.
Das ist eine sehr grundlegende Frage. Viele Leute, vor denen ich Vorträge
halte, kommen nach wie vor mit dieser irreführenden Position, dass es hier
nur um Einsen und Nullen gehe, dass Technik immer neutral sei. Und das ist
hochgradig schwierig.
Hat sich daran etwas geändert in der Zeit, die Sie sich nun damit
beschäftigen? Vor vier Jahren ungefähr gab es etwas Aufregung um diesen
automatisierten Seifenspender, ich glaube, dann auch noch ausgerechnet bei
Facebook: Der funktionierte unterschiedlich gut, je nach Hautfarbe der
Nutzer*innen. Und den hatte ja [4][irgendjemand so programmiert].
Es gab auch diesen Microsoft-Chatbot, der sich weiterentwickeln sollte
durch Interaktion mit User*innen im Internet – und nach nicht mal 24
Stunden [5][vom Netz genommen werden musste], weil er rassistisch und
sexistisch geworden war. Aber ja, da ist eine Entwicklung zu sehen. Ich
selbst, mit meiner Arbeit, wurde vor vielleicht sieben oder acht Jahren
immer noch ein bisschen schräg angeschaut, wenn ich auf einmal auf Podien
saß, neben Künstliche-Intelligenz-Leuten und vielleicht noch
Rechtswissenschaftler*innen: Was macht eine Person, die sich um Philosophie
kümmert, um Ethik, in dieser Runde?
30 Aug 2022
## LINKS
[1] https://janinaloh.de/interviews-andere-aktivitaeten-interviews-other-activi…
[2] https://www.scientificamerican.com/article/asimovs-laws-wont-stop-robots-fr…
[3] /Archiv-Suche/!717725/
[4] /Philosophin-Judith-Simon-ueber-IT-Ethik/!5508564
[5] /Microsofts-Twitterbot/!5286773
## AUTOREN
Alexander Diehl
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