# taz.de -- Orchestrierte Israel-Feindschaft: Marokko liegt nicht in Palästina | |
> WM-Außenseiter Marokko muss man einfach mögen – oder etwa nicht? Dass der | |
> Freude eine antisemitische Note beigemischt wird, macht die Sache | |
> schwierig. | |
Bild: Palästina spielt mit: Marokkos Mannschaft nach dem Viertelfinaleinzug | |
Wie könnte man sich nicht freuen, dass Marokko [1][eine der acht besten | |
Fußballmannschaften dieser Erde] stellt! Endlich mal ein Team, das nicht | |
aus Europa oder Südamerika kommt! Noch dazu – und jetzt folgt eine | |
Interpretation, die man erstaunlicherweise gegenwärtig selten liest – ein | |
nordafrikanisches Team, das nach und nach eine Kolonialmacht nach der | |
anderen vom Fußballplatz gejagt hat: in der Vorrunde Belgien, im | |
Achtelfinale Spanien; nun wartet mit Portugal eine weitere Nation, die | |
ihren Reichtum ganz wesentlich ihrer kolonialen Vergangenheit verdankt. Als | |
Nächstes könnten Frankreich und die Niederlande fußballerisch | |
dekolonialisiert werden. | |
Statt dieser, wie ich finde, naheliegenden Interpretation wird der | |
marokkanische Erfolg mit jeder Menge Palästinasymbolik überlagert. Die | |
marokkanische Elf hielt nach dem Sieg über Spanien eine Palästinafahne | |
hoch. Ähnliches taten in der Vorrunde schon tunesische Fans. Und einige | |
Katarer tragen mittlerweile eine „Pro-Palästina“-Binde, als Antwort auf die | |
von ihnen als Zumutung verstandene „One Love“-Binde der Europäer. | |
Das wirkt zunächst infantil-trotzig: Bäh, wir haben auch unseren Protest! | |
Politisch betrachtet wird aber hier der palästinensisch-israelische | |
Konflikt benutzt, um [2][eine angebliche arabische Einheit] zu behaupten. | |
Als säßen Fans aus Maghreb-Staaten im gleichen Boot wie die katarischen | |
Herrscherfamilien! Um Proteste zu unterbinden, die ja nicht zuletzt von | |
palästinensischen Wanderarbeitern in Katar kommen könnten, bauen | |
Herrscherfamilien aus dem Emirat und anderen Regimen hier einen Popanz | |
namens „Palästina-Solidarität“ auf. Nicht grundlos unterstützt Katar sch… | |
seit Jahren finanziell den Terror, den die islamistische Hamas gegen Israel | |
betreibt. | |
Es gibt ein historisches Vorbild für die durchsichtige | |
Pro-Palästina-Propaganda, die die WM so prägt. 1963 fand in Jakarta eine | |
Gegenolympiade statt. Ganefo nannte die sich, „Games of the New Emerging | |
Forces“. Was wirken sollte wie ein sympathisches Aufbegehren der damals | |
sogenannten Dritte-Welt-Staaten, war das Projekt des indonesischen | |
Präsidenten Sukarno. Es richtete sich explizit gegen Israels Teilnahme am | |
Weltsport. | |
Antirassismus ist weiter nötig, er kann sich etwa in Freude über | |
marokkanische Fußballerfolge ausdrücken. Aber dieser Freude [3][einen | |
antisemitischen Anstrich] zu verpassen, das ist der Dreh, mit dem Banden | |
wie das katarische Herrscherhaus ihre Macht sichern wollen. | |
10 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Ueberraschung-Marokko-im-Viertelfinale/!5896862 | |
[2] /Arabische-Liga/!5888966 | |
[3] /Juedische-Touristen-bei-der-WM/!5894123 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
## TAGS | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Kolumne Okzident | |
Fußball | |
Kolumne Press-Schlag | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Palästina | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nationalismus im Sport: Bald hat sich’s ausgeschwenkt | |
Bei den Australian Open ist die russische Fahne verboten. Warum will die | |
überhaupt jemand zeigen? | |
WM-Euphorie in Frankreich: Liebe zu zwei Teams | |
Nach dem Halbfinalsieg des französischen Teams gegen Marokko werden in | |
Frankreich die Feiern vom Tod eines Fans in Montpellier überschattet. | |
Palästinaflaggen bei WM in Katar: Solidarität ist legitim | |
Es ist falsch, Marokkos Nationalelf für das Zeigen der Flagge | |
Antisemitismus anzudichten: Die Palästinenser:innen haben Solidarität | |
verdient. | |
Botschaften beim WM-Turnier: Lost in Übersetzung | |
Bei der WM verweigern sich die Empfänger der Kommunikation. Botschaften | |
funktionieren nur auf dem Platz. | |
WM-Ekstase in Marokko: Kitsch und Kraft | |
Der unverhoffte Sieg Marokkos zeigt: Fußball kann noch immer die Menschen | |
vereinen – aber er kann auch desintegrierend wirken. | |
Marokko schlägt Portugal 1:0: Zeigen, was möglich ist | |
Erstmals steht ein afrikanisches Team in einem WM-Halbfinale. In Afrika und | |
Europa wird auf den Straßen gejubelt. Nun geht es gegen Frankreich. | |
Kälteprotzen in Katar: Hier wird nur kalte Luft produziert | |
In Doha bläst es aus den Klimaanlagen, als gebe es kein Morgen. Dabei wird | |
es jetzt kaum mehr als 29 Grad warm. | |
Kritik an Fußball-WM: Unsere Protestnoten | |
Bei dieser WM in Katar wird demonstriert wie nie zuvor. Wir haben uns die | |
Stärken und Schwächen der Proteste genauer angeschaut. Eine Einzelkritik. | |
Überraschung Marokko im Viertelfinale: Im nationalen Taumel | |
Marokko erweist sich auch gegen Spanien als eines der defensivstärksten | |
Teams. Selbst im Elfmeterschießen ist Torhüter Yassine Bonou unüberwindbar. | |
Jüdische Touristen bei der WM: Koscher in Katar | |
Erstmals dürfen israelische Fußballfans in das Emirat reisen. Doch so | |
richtig willkommen sind Juden im WM-Gastgeberland nicht. | |
Arabische Liga: Ein Gipfel, ein Politikum | |
Differenzen über Israel und Syrien prägen den ersten Gipfel der Arabischen | |
Liga seit 2019. Viele wichtige Staatschefs kommen gar nicht erst. |