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# taz.de -- Botschaften beim WM-Turnier: Lost in Übersetzung
> Bei der WM verweigern sich die Empfänger der Kommunikation. Botschaften
> funktionieren nur auf dem Platz.
Bild: Botschaften, die woanders gar nicht gern gehört werden, hier „Free Pal…
Kürzlich war ich ein paar Tage krank und habe das gemacht, was man dann so
tut: comfort watching. Also Fußball. In kürzester Zeit hatte ich mehr von
der WM gesehen als in den drei Wochen vorher, und es war sehr schnell der
gleiche Rausch wie immer. Absurd fast, wie gewöhnlich dieses Turnier ist,
bedenkt man, [1][mit welcher besonderen Sündhaftigkeit die deutsche
Öffentlichkeit es belegte]. Auffällig stets erzählte man einander hier:
Strategische Interessen haben die anderen, wir dagegen kritisieren und
handeln aus moralischen Gründen. In Deutschland scheint dieser
simplifizierte Blick auf Weltpolitik besonders ausgeprägt.
Weltmeisterschaften sind vor allem deshalb so interessant, weil so viel
zwischen Fremden kommuniziert wird. Der Blick ins Publikum ist ein
Weltenfenster. Die marokkanischen Fans, kommen die wohl mehrheitlich aus
dem Exil oder aus Marokko? Die weißgekleideten Katarer, warum sitzen die
eigentlich immer und singen nicht? Und was erhoffte sich der Typ mit
Algerien-Flagge von seiner Reise nach Katar? Freilich kein Querschnitt der
Bevölkerung steht hier, sondern oft die reichsten zwei Prozent, jene, die
Flugtickets zahlen können. Das Gerede der Kommentatoren über „die
brasilianischen Fans“ ist Unsinn. Ja, Weltmeisterschaften erzählen viel.
## Gescheiterte Botschaften
Eine WM ächzt aber auch unter dieser stetigen Kommunikation. Und die
scheitert grandios, weil man einander nicht verstehen kann und will. Nach
dem Ausscheiden der Deutschen fragt mich ein Freund aus Marokko nach den
Ursachen. Ich tippe eine vage sportliche Analyse, da antwortet er mit
traurigem Smiley: „Ja, und außerdem habe ich gehört, dass sie schwul sind.�…
Ich lache sehr lange. So viel zur erfolgreichen [2][Botschaft der
Mund-zu-Geste]. Auf meine Erklärung und den Verweis, dass übrigens auch
Schwule Fußball spielen können, kommt keine Antwort mehr. Gescheiterte
Kommunikation. Ähnlich bei der allgegenwärtigen Palästina-Solidarität.
Die Deutschen rätseln dann darüber, ob das wohl eine Reaktion auf den
One-Love-Protest sei und [3][ob man Marokko trotzdem noch mögen könne].
Über die israelische Besetzung palästinensischer Gebiete, die derzeit noch
weiter verschärfte Gewalt gegen Palästinenser:innen und strategische,
selbstkritische Lösungen reden sie nicht. Auch das eine Verweigerung der
Kommunikation. Erfolgreich sind die Botschaften nur aufm Platz: Tor oder
kein Tor, Messi drin oder Ronaldo raus. Wahrscheinlich ist Fußball auch
deshalb so erfolgreich – weil der ganze eigene historische Ballast nichts
ausrichten kann gegen diese betörend einfachen, gleichen Regeln.
11 Dec 2022
## LINKS
[1] /Bilanz-der-Boykottbewegung/!5898577
[2] /Fussballkultur-und-Hegemonie/!5896738
[3] /Orchestrierte-Israel-Feindschaft/!5897026
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Palästina
Deutscher Fußballbund (DFB)
Marokko
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Schwerpunkt LGBTQIA
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