| # taz.de -- Oper „Sancta“ von Florentina Holzinger: Jesus, die sind nackt! | |
| > In der Debatte um Florentina Holzingers Oper „Sancta“ werden Nacktheit | |
| > und sexuelle Handlungen unter Frauen als „schockierend“ geframed – der | |
| > Inhalt rückt zur Seite. | |
| Bild: Performancekünstlerin Sophie Duncan während einer Aufführung der Insze… | |
| Sex, Schock, Skandal! Viel mehr braucht es kaum, um Aufmerksamkeit zu | |
| generieren. Fügt man noch die Worte „nackt“ und „Jesus“ hinzu, bedarf … | |
| auch fast schon keiner Bebilderung mehr, um den der Gesellschaft inhärenten | |
| Voyeurismus zu bedienen. | |
| Als „Sex-“ und „Skandal-Oper“ betitelte die Bild-Zeitung das neue Werk … | |
| österreichischen Performancekünstlerin [1][Florentina Holzinger „Sancta“] | |
| nach der Premiere in der Staatsoper Stuttgart. Grund für den „Skandal“: 18 | |
| Zuschauende, verließen während der ersten beiden Aufführen wegen Unwohlsein | |
| den Saal. Wer Holzingers Arbeit kennt, weiß um Kunstblut und Freizügigkeit, | |
| die zum Repertoire ihrer Inszenierungen gehören. | |
| Für ihre jetzige Darbietung verbindet sie Paul Hindemiths Operneinakter | |
| „Sancta Susanna“ mit Elementen der katholischen Liturgie „zu einer | |
| radikalen Vision der heiligen Messe“, wie es im Programmtext heißt. | |
| [2][Auch vor expliziten Darstellungen, Nacktheit, Nadeln und Verwendung von | |
| (Kunst-)Blut wird gewarnt], die Altersfreigabe ist ab 18 Jahren. | |
| In Wien und Schwerin, wo die Oper zuvor aufgeführt wurde, blieben pikierte | |
| Reaktionen aus. Doch für einige im Stuttgarter Opernpublikum sei sie wohl | |
| eine „Häretikerin“, kommentiert Holzinger im Interview Nachrichten, die sie | |
| im Anschluss erhielt. Eine Bezeichnung, gegen die sie so nichts habe, | |
| ebenso wenig wie gegen die Prophezeiung „Gott werde dich richten“. | |
| ## Üble Nachrede an das Ensemble | |
| Übel aber seien Nachrichten, die sie und ihr durchweg weibliches Ensemble | |
| erhalten hätten, in denen sie als Schlampe bezeichnet und ihnen | |
| Vergewaltigung gewünscht würden. | |
| Eine Person schrieb laut Holzinger: „Ich weiß, wo du wohnst, du wirst es | |
| noch bereuen.“ Grund genug für die Stuttgarter Staatsoper bei künftigen | |
| Vorstellungen nun Sicherheitspersonal zu stellen. | |
| Die krassen Reaktionen allein auf die Berichterstattung von Boulevardmedien | |
| zu schieben, wäre allerdings zu einfach. Doch trägt die undifferenzierte | |
| Darstellung, die sich vor allem auf die Nacktheit der Performerinnen | |
| kapriziert dazu bei, dass ein misogynes Frauenbild aufrecht erhalten wird. | |
| Nacktheit und sexuelle Handlungen unter Frauen werden als „skandalös“ und | |
| „schockierend“ geframed, die inhaltliche Auseinandersetzung rückt so in den | |
| Hintergrund. | |
| ## „Sancta Susanna“ und die sexuelle Selbstbestimmung | |
| Um sexuelle Selbstbestimmung und die brutale Verfolgung einer Nonne durch | |
| die katholische Kirche drehte sich schon Paul Hindemiths Einakter aus dem | |
| Jahr 1921. | |
| Fun fact: Auch „Sancta Susanna“ sollte an der Staatsoper in Stuttgart | |
| laufen, was wegen des Vorwurfes der Gotteslästerung verhindert wurde. Heute | |
| sollten wir eigentlich weiter sein. | |
| 25 Oct 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sophia Zessnik | |
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