| # taz.de -- Neues Ministerium Wirtschaft und Klima: Wie super ist das Supermini… | |
| > Als Wirtschafts- und Klimaminister wird Robert Habeck viel Macht haben. | |
| > Aber ob das auch für den Klimaschutz die beste Lösung ist, ist | |
| > umstritten. | |
| Bild: Peter Altmaier (links) und Robert Habeck bei einer Wattwanderung 2012 | |
| Am Ende wurde Peter Altmaier noch mal selbstkritisch: Beim Klimaschutz | |
| hätte er sich „gewünscht, dass wir die notwendigen Entscheidungen mutiger | |
| und schneller getroffen hätten“, sagte er am Montag bei seiner letzten | |
| Pressekonferenz als Bundeswirtschaftsminister. Und drückte die Hoffnung | |
| aus, dass sich das unter seinem designierten Nachfolger ändern wird: „Ich | |
| traue Robert Habeck zu, dass er den Herausforderungen dieses Amts gerecht | |
| wird.“ | |
| Weil die Blockade beim Klimaschutz bisher vor allem an Altmaiers | |
| Unionsfraktion und den Minister*innen von CDU und CSU gelegen hat, | |
| dürfte es der bisherige Grünen-Vorsitzende tatsächlich einfacher haben, | |
| beim Klimaschutz Erfolge zu erzielen. | |
| Aber nicht nur deshalb. Habeck verfügt als künftiger Wirtschaftsminister | |
| zudem über eine nie da gewesene Machtfülle. Denn nachdem bereits im Jahr | |
| 2014 die Zuständigkeit für die erneuerbaren Energien vom Umwelt- ins | |
| Wirtschaftsministerium gewandert war, folgt jetzt mit der Klimapolitik ein | |
| noch zentraleres Politikfeld, das für die künftige Regierung eine kaum zu | |
| überschätzende Bedeutung hat. | |
| Um dieses Superministerium führen zu können und nebenbei als Vizekanzler | |
| die Arbeit der Grünen-Ministerien zu koordinieren, hat sich Habeck zudem | |
| starkes Personal gesichert. Während Altmaier seinerzeit fast ein Jahr | |
| brauchte, um die wichtige Stelle des beamteten Energie-Staatssekretärs zu | |
| besetzen, steht Habecks Team schon fest, bevor er selbst das Amt antritt: | |
| Staatssekretär für Energie wird der bisherige Direktor des Thinktanks Agora | |
| Energiewende, Patrick Graichen. | |
| ## Jede Menge Schwergewichte | |
| Egal ob für ein 100-Tage-Programm, den Umbau der Energieversorgung oder das | |
| Ende der EEG-Umlage – Graichen kann zu fast jeder energiepolitischen | |
| Aufgabe, die im Ministerium jetzt ansteht, auf eine aktuelle Publikation | |
| seines bisherigen Arbeitgebers zugreifen, in der die nötigen Maßnahmen | |
| detailliert ausgearbeitet worden sind. | |
| Zweiter beamteter Staatssekretär wird der einstige | |
| Attac-Deutschland-Mitgründer und bisherige EU-Abgeordnete Sven Giegold, ein | |
| gut vernetzter Experte für Finanz- und internationale Wirtschaftspolitik. | |
| „Die Ampel gibt der Energiewende Vorfahrt, die Wirtschaft wird ökologisch | |
| transformiert und die gemeinwohlorientierte Wirtschaft gefördert“, | |
| begründet er seinen Wechsel in einer Mail. „Dafür lohnt es sich zu | |
| regieren.“ | |
| Als zusätzliche Staatssekretärin, die vor allem für die Koordination mit | |
| den anderen Ministerien zuständig ist, kommt die ehemalige Hamburger | |
| Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk in Habecks Ministerium. | |
| Auch als Parlamentarische Staatssekretäre holt Habeck drei Schwergewichte | |
| ins Haus: den Energieexperten und bisherigen stellvertretenden | |
| Fraktionsvorsitzenden Oliver Krischer, den bisherigen Bundesgeschäftsführer | |
| der Grünen Michael Kellner und die ehemalige Europaabgeordnete und | |
| bisherige Europa-Expertin der Bundestagsfraktion Franziska Brantner. | |
| Für den scheidenden Amtsinhaber Peter Altmaier ist es ebenso wie für Habeck | |
| eine „konsequente Weiterentwicklung“, die Klimapolitik ins | |
| Wirtschaftsministerium zu überführen. Doch nicht alle sind mit dieser | |
| Entscheidung glücklich. Denn es gibt bei dieser Neuverteilung der Macht | |
| natürlich auch einen Verlierer: Im Bundesumweltministerium herrscht | |
| erhebliche Unruhe, denn das Haus büßt mit der Abgabe der Klima-Abteilung | |
| einen großen Teil seiner Bedeutung ein. | |
| Dass ein Teil des Verbraucherschutzes aus dem Justiz- ins Umweltministerium | |
| wechselt, ist da nur ein schwacher Trost. Auch die Hoffnung, im Gegenzug | |
| wenigstens den für den Klimaschutz wichtigen Baubereich zurückzubekommen, | |
| hat sich nicht erfüllt. | |
| Zitieren lassen will sich mit solchen Sorgen derzeit niemand, der aktuell | |
| im Ministerium arbeitet – wohl aber Michael Schroeren, der als | |
| Pressesprecher den drei Umweltminister*innen Jürgen Trittin, Sigmar | |
| Gabriel und Barbara Hendricks diente und nun für die Stiftung | |
| Klimaneutralität arbeitet. | |
| ## Umweltministerium als „Resterampe“? | |
| Die Herauslösung des Klimaschutzes aus dem Umweltministerium „kommt einer | |
| Amputation seines Standbeins gleich“, schrieb er am Montag in einem | |
| Gastbeitrag im Tagesspiegel. Zurück bleibe „ein Ressort an der Grenze zur | |
| Bewegungs- und Bedeutungslosigkeit“, eine „Resterampe“. Zudem fehle in | |
| möglichen künftigen Regierungen ein wichtiges Korrektiv, fürchtet | |
| Schroeren, denn das Umweltministerium sei unabhängig von der politischen | |
| Führung klimapolitisch stets progressiv gewesen. | |
| Diese Sorge treibt auch Christoph Bals um, der als Geschäftsführer der | |
| Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch ein langjähriger | |
| Beobachter der deutschen Klimapolitik ist. „Die Hauptverantwortung für den | |
| Klimaschutz ins bisherige Wirtschaftsministerium zu verlegen ist eine | |
| riskante Entscheidung“, sagte er der taz. Dort brauche es künftig eine gute | |
| Führung, um die Gegensätze im eigenen Haus zu überwinden. „Wenn das klappt, | |
| kann es sehr effizient sein“, sagt Bals. „Aber es gibt künftig keine | |
| Absicherung durch das Umweltministerium mehr.“ | |
| Zudem treibt den Germanwatch-Chef die Sorge um, wer Deutschland künftig auf | |
| den internationalen Klimakonferenzen vertreten soll. Denn der bisherige | |
| Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth, der diese Aufgabe lange | |
| wahrgenommen hat und international hohes Ansehen genießt, ist als | |
| SPD-Mitglied weder in Habecks Wirtschaftsministerium als Staatssekretär | |
| vorgesehen noch im von Annalena Baerbock geführten Außenministerium, das | |
| künftig die internationale Klimapolitik verantwortet. Ob er diese Aufgabe | |
| in anderer Funktion fortführen kann, ist offen. | |
| Nicht nur hier zeigt sich: Auch eine Klimapolitik in Verantwortung der | |
| Grünen muss mit kritischer Begleitung durch die Umweltbewegung rechnen. | |
| Doch das kommt der Partei nicht unrecht. „Die Koalitionsverhandlungen haben | |
| eines auch gezeigt“, schreibt der künftige Staatssekretär Giegold: „Es wi… | |
| weiterhin Druck aus der Zivilgesellschaft brauchen.“ | |
| 6 Dec 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
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