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# taz.de -- Neue Fraktionsführung gewählt: Friedlicher Wechsel bei den Grünen
> Nach dem Streit um Ministerposten verläuft die Wahl der grünen
> Fraktionsspitze reibungslos. Auch für Hofreiter gibt es eine neue Rolle.
Bild: Die drei wichtigsten Köpfe der Grünen im Bundestag: Mihalic, Haßelmann…
Berlin taz | Die große Abrechnung, die manche befürchtet hatten, ist
ausgeblieben: Ohne Gegenkandidaturen und mit Mehrheiten von über 90 Prozent
hat die Bundestagsfraktion der Grünen am Dienstagnachmittag Katharina Dröge
und Britta Haßelmann zu ihren neuen Vorsitzenden gewählt.
Dass das überhaupt bemerkenswert ist, liegt an den Personalentscheidungen
der vorletzten Woche: Da hatten die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock
und Robert Habeck sich über Absprachen hinweggesetzt und Cem Özdemir vom
sogenannten Realoflügel statt des bisherigen Co-Fraktionsvorsitzen Anton
Hofreiter vom linken Flügel als künftigen Landwirtschaftsminister
durchgesetzt, [1][was bei der Parteilinken für großen Ärger gesorgt hatte.]
Doch die künftige Arbeit der Fraktion soll damit offenbar nicht belastet
werden. „Wir müssen jetzt anfangen, mit dieser Regierung zu arbeiten“,
sagte Jürgen Trittin, langjähriger Abgeordneter vom linken Flügel. „Und das
macht man am besten geschlossen.“
Hilfreich dürfte bei dieser Rückkehr zur Geschlossenheit gewesen sein, dass
am Montag eine neue Aufgabe für Hofreiter gefunden wurde: Er soll künftig
den Europaausschuss des Bundestags leiten, wurde der taz aus
Fraktionskreisen bestätigt. Ein adäquater Ersatz für einen Ministerposten
ist das kaum, aber die Aufgabe bietet zumindest Renommee und die
Möglichkeit, sich auf einem neuen Feld zu profilieren.
## Beide Flügel vertreten
Ob mit dieser Besetzung zugleich eine Vorentscheidung darüber gefallen ist,
dass Hofreiter der nächste deutsche EU-Kommissar wird, wie teilweise
kolportiert wurde, ist aber fraglich. Zwar haben sich die Grünen im
Koalitionsvertrag das Vorschlagsrecht für diese Personalie gesichert. Doch
einen deutschen EU-Kommissar wird es nur geben, wenn Ursula von der Leyen
nach der Europawahl 2024 nicht erneut Kommissionspräsidentin wird.
In der Fraktionsspitze werden auch künftig beide Flügel vertreten sein,
aber sie ist künftig rein weiblich und jünger als bisher. Die zur
Parteilinken gehörende Wirtschaftsexpertin Katharina Dröge ist erst 37
Jahre alt, sitzt aber bereits seit 8 Jahren im Bundestag.
Dröge hatte eine wichtige Rolle bei der Neuausrichtung der
Wirtschaftspolitik der Grünen gespielt und sich etwa als Kritikerin von
Freihandelsabkommen wie Ceta oder Mercosur profiliert. Auch im neuen Amt
will sie starke Akzente setzen. Sie trete an, „eine starke und
selbstbewusste Fraktion“ zu führen, die an die Regierung mit „Anregungen,
aber auch mit Grenzen“ herantreten werde, sagte Dröge nach ihrer Wahl.
Teilen wird sich Dröge die Aufgabe mit Britta Haßelmann. Die 59-jährige
Vertreterin des sogenannten Realoflügels bringt viel Erfahrung mit: Sie
sitzt seit 16 Jahren für die Grünen im Bundestag und ist als
Parlamentarische Geschäftsführerin seit 8 Jahren für die Organisation der
Fraktionsarbeit mitverantwortlich.
## Eine schwierige Aufgabe
Diese Erfahrung Haßelmanns dürfte sich als nützlich erweisen, denn die
Leitung der Fraktion wird künftig anspruchsvoller als bisher: Mit 118
Abgeordneten ist sie nicht nur fast doppelt so groß und deutlich jünger.
Weil die Grünen nun Teil der Regierung sind, muss die Fraktionsführung
zudem stets für Mehrheiten sorgen, auch für ungeliebte Kompromisse. Oder,
wie Haßelmann es ausdrückte: „Jetzt müssen wir die vielen Projekte, die wir
uns vorgenommen haben, in konkretes Regierungshandeln umsetzen.“
Als Parlamentarische Geschäftsführerin folgt ihr Irene Mihalic. Die
45-jährige Gelsenkirchnerin ist in der Fraktion ein Unikum: Als frühere
Polizistin, zugehörig zum linken Flügel, sitzt sie seit 2013 im Bundestag.
Als innenpolitische Sprecherin der Grünen profilierte sie sich in den
[2][Untersuchungsausschüssen zum NSU- und Breitscheidplatzanschlag]. Sie
tat dies sachorientiert, beharrlich, undogmatisch. Und schlug so auch
Brücken zu den anderen Fraktionen oder in die Sicherheitsbehörden, bei
denen sie geachtete Gesprächspartnerin war.
„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Qualität unserer Politik sich
durch die Offenheit für die Argumente der anderen verbessert“, erklärte
Mihalic in ihrem Bewerbungsschreiben. Diese Offenheit ende jedoch bei der
AfD, die das Parlament für Hass und Hetze missbrauche.
7 Dec 2021
## LINKS
[1] /Gruener-Zoff-um-Ministerposten/!5815500
[2] /Untersuchungsausschuss-zu-Anis-Amri/!5774742
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
Konrad Litschko
## TAGS
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Anton Hofreiter
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Annalena Baerbock
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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