# taz.de -- Neues Gesetz in Frankreich: Künstliche Befruchtung für Singles | |
> Alleinstehende und lesbische Frauen können sich in Frankreich nun | |
> künstlich befruchten lassen. Dagegen gab es lange heftigen Widerstand. | |
Bild: Protest gegen den Zugang zu künstlicher Befruchtung für alleinstehende … | |
PARIS taz | Frankreich erlaubt alleinstehenden und lesbischen Frauen | |
erstmals eine künstliche Befruchtung. Nach einem parlamentarischen Hin und | |
Her und fast 500 Stunden hitziger Debatten mit homophoben Störgeräuschen | |
hat eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten der Nationalversammlung am | |
Dienstagabend schließlich eine Revision der Bioethikgesetze verabschiedet, | |
die den Zugang zur künstlichen Befruchtung, auf Französisch procréation | |
médicalement assistée (PMA), eröffnet. Damit konnte Präsident Emmanuel | |
Macron noch vor dem Ende seines Mandats eines seiner Wahlversprechen | |
einhalten. | |
Nach der Legalisierung der Homoehe wird diese Reform in Frankreich als | |
großer Fortschritt für die Gleichberechtigung gefeiert. Künftig haben | |
„alle“ Frauen, nicht nur heterosexuelle in festen Partnerschaften, das | |
Recht auf die medizinischen Techniken der Fortpflanzung. Die öffentliche | |
Krankenversicherung der Sécurité sociale übernimmt die Kosten von bis zu | |
sechs künstlichen Befruchtungen bis zu einer Altersgrenze von 43 Jahren. | |
„Es war eine schmerzvolle Zangengeburt“, meinte nach der Abstimmung spät am | |
Abend Adrien Taquet, der Staatssekretär für die Familien. Fast zwei Jahre | |
hat die Parlamentsdebatte bis zur Verabschiedung in zweiter Lesung | |
gebraucht. Denn der Widerstand ultrakonservativer Kreise war hartnäckig. | |
Nach Ansicht dieser wird mit der Revision Tür und Tor für die Legalisierung | |
der Leihmutterpraktiken geöffnet, und überhaupt sei es – zumindest aus | |
dieser meist religiösen Moralvorstellung – undenkbar, dass es in Zukunft | |
„Kinder ohne Väter“, dafür aber Babys mit zwei Müttern geben werden. | |
[1][Mehrfach hatten Zehntausende Gegner:innen mit Unterstützung von | |
klerikalen Kreisen gegen die „PMA pour toutes“ (PMA für alle Frauen) | |
demonstriert]. | |
Die erst kürzlich wegen homophober Äußerungen aus der Regierungspartei LREM | |
ausgeschlossene Abgeordnete Agnès Thill protestierte in Anspielung auf die | |
Regionalwahlen: „Welche Legitimität habt ihr, um die Verantwortung zu | |
übernehmen für Kinder, die auf die Welt kommen, ohne je einen Vater zu | |
haben?“ Ganz im Gegensatz dazu spricht der linke Politiker von „La France | |
insoumise“ Bastien Lachaud in Libération von einem [2][„bitteren Sieg, | |
wegen so viel verlorener Zeit und enttäuschten Hoffnungen auf ersehnte | |
Kinder, die nicht das Licht der Welt erblicken durften“]. | |
Die neuen Bioethikgesetze regeln auch die juristischen Fragen, die sich | |
durch die künstliche Befruchtung ergeben könnten. So können sich lesbische | |
Partnerinnen bereits vor der Geburt des Kindes bei einem Notar als | |
gleichberechtigte Mütter und Eltern registrieren lassen. Neu ist zudem, | |
dass die bisherige totale Anonymität der Spender:innen von Sperma und | |
Eizellen aufgehoben wird, damit die dank medizinisch unterstützter | |
Technologien geborenen Kinder bei ihrer Volljährigkeit zwar keine Angaben | |
zur Identität, aber biologische Informationen der Spender oder Spenderinnen | |
verlangen dürfen. | |
1 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Proteste-in-Frankreich/!5748256 | |
[2] https://www.liberation.fr/societe/droits-des-femmes/pma-pour-toutes-un-mome… | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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