# taz.de -- BGH-Urteil zu Umgangsrecht: Samenspender darf Kind öfter sehen | |
> Ein lesbisches Paar zeugte ein Kind mit einem Samenspender. Der Mann hat | |
> ein Umgangsrecht, auch wenn das Paar anderer Meinung ist. | |
Bild: Im konkrenten Fall realisierte ein lesbisches Paar seinen Kinderwunsch mi… | |
Freiburg taz | Ein privater Samenspender, der in die Adoption des gezeugten | |
Kindes einwilligt, kann anschließend ein Umgangsrecht mit dem Kind haben. | |
Dies hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil | |
festgestellt. Entscheidend ist, was dem Kindeswohl dient. | |
Konkret geht es um einen Fall aus Berlin. Ein lesbisches Paar, das in | |
eingetragener Partnerschaft lebte, wollte seinen Kinderwunsch realisieren. | |
Ein privater Samenspender half [1][mit einer Spermagabe] bei der Zeugung. | |
Es wurde vereinbart, dass der Mann Kontakt zum Kind haben darf und dass das | |
Kind auch [2][von seiner Vaterschaft erfahren soll.] | |
Das Kind kam im August 2013 auf die Welt. Mutter wurde zunächst nur die | |
Frau, die das Kind ausgetragen und geboren hat. 2014 adoptierte ihre | |
Partnerin das Kind im Rahmen einer sogenannten Stiefkindadoption und wurde | |
nun zweite rechtliche Mutter. Da die Samenspende privat arrangiert war, | |
musste der Samenspender der Adoption zustimmen, was er verabredungsgemäß | |
auch tat. | |
In den kommenden Jahren sah der Mann das Kind alle zwei Wochen für zwei | |
Stunden. Die Treffen fanden im Haushalt der Mütter statt oder auf | |
Spaziergängen im Beisein jeweils einer Mutter. 2018 bat der Mann jedoch um | |
eine Ausweitung der Kontakte. Er wollte das Kind alle zwei Wochen um 13.30 | |
Uhr von der Kita abholen, mit in seine Wohnung nehmen und um 18 Uhr bei den | |
Müttern abliefern. Die Mütter waren damit aber nicht einverstanden. | |
## „Ernsthaftes Interesse an dem Kind“ | |
Der Mann versuchte nun, sein Umgangsrecht einzuklagen; er habe immer | |
gesagt, er wolle ein „aktiver Vater“ sein. Die Mütter betonten, es sei | |
immer klar gewesen, dass er nicht Teil der Familie werden soll. | |
Das Kammergericht (KG) Berlin entschied 2019 gegen den Mann. Mit der | |
Einwilligung in die Adoption habe er zugleich auf sein Umgangsrecht | |
verzichtet. Dies sah der BGH nun aber anders und hob die KG-Entscheidung | |
auf. | |
Der Mann habe zwar kein Umgangsrecht als Elternteil, weil es hier auf die | |
rechtliche Elternschaft ankommt, so der BGH. Er habe auch kein Umgangsrecht | |
als „enge Bezugsperson“, weil durch die zweistündigen Treffen kein enger | |
Bezug entstanden sei. | |
Der Mann könne sich aber auf das Umgangsrecht für leibliche Väter berufen, | |
das der Gesetzgeber 2013 auf Druck des Europäischen Gerichtshofs für | |
Menschenrechte einführte. Die Zustimmung zur Adoption konnte dieses | |
gesetzliche Umgangsrecht nicht beseitigen, so der BGH. Er habe dabei nur | |
die Möglichkeit verloren, rechtlicher Vater zu werden. | |
Außerdem klärte der BGH zwei weitere wichtige Fragen: Als leiblicher Vater | |
gelte nicht nur, wer mit der Mutter beim Sex ein Kind zeugte, sondern auch | |
der Samenspender. Die Rechte des leiblichen Vaters sollen zudem nicht nur | |
gegenüber klassischen Mann-Frau-Eltern gelten, sondern auch gegenüber zwei | |
Müttern. | |
Gesetzliche Voraussetzung für das Umgangsrecht des biologischen Vaters ist, | |
dass er „ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat“ und dass der Umgang | |
dem „Kindeswohl“ dient. Letzteres muss nun wieder das Kammergericht Berlin | |
feststellen. Dabei muss es auch das bald achtjährige Kind anhören, so die | |
Vorgabe des BGH. Bisher war das Kind nicht gefragt worden. | |
19 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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