# taz.de -- Neue Treuhandstiftung an der Bremer Uni: Für mehr Chancengleichheit | |
> Eine neue Treuhandstiftung will die Chancengleichheit an der Universität | |
> Bremen verbessern. Diese ist an deutschen Hochschulen immer noch | |
> ausbaufähig. | |
Bild: Hörsaal der Uni Bremen im Jahr 2014: Nach wie vor sind männliche Profs … | |
BREMEN taz | Im Wintersemester 2019/20 haben 18.627 Frauen und 18.935 | |
Männer ein Studium an der Uni Bremen begonnen, sagt das statistische | |
Bundesamt. Ziel erreicht, könnte man sagen, beide Geschlechter sind | |
ungefähr gleich stark vertreten. Auf den oberen Sprossen der akademischen | |
Leiter herrscht jedoch ein anderes Bild: Nur 30 Prozent der Professuren an | |
der Uni Bremen werden von einer Frau besetzt. Das ist immerhin mehr als der | |
Bundesdurchschnitt, der bei 26 Prozent liegt. | |
Die Verteilung bei Studienanfänger:innen hält sich ungefähr die | |
Waage. Dennoch herrscht nach wie vor strukturelle Benachteiligung an | |
deutschen Hochschulen. An der Uni Bremen gibt es nun eine neue | |
Treuhandstiftung, die zum Ziel hat, strukturelle Benachteiligungen zu | |
vermindern. Sie heißt Baumeister-Stiftung für Chancengleichheit und will | |
Lehr- und Forschungsprojekte fördern, die sich etwa mit sozialer Sicherung | |
oder Gender befassen. Außerdem sollen Frauen, Studierende mit Erziehungs- | |
oder Pflegeverpflichtungen und jene, die als Erste:r in ihrer Familie | |
studieren, unterstützt werden. | |
Dass der Bildungserfolg in Deutschland vom Elternhaus abhängt, ist ein | |
alter Hut. Laut einem [1][Bericht des Deutschen Zentrums für Hochschul- und | |
Wissenschaftsforschung] bekamen im Jahr 2016 ganze 79 von 100 Kindern aus | |
Familien mit akademischem Hintergrund eine Hochschulzulassung. Von den | |
Kindern aus nicht akademischen Elternhäusern waren es nur 27. | |
„Diejenigen, die als Erstes in der Familie studieren, können nicht auf | |
Erfahrungswissen zurückgreifen“, sagt Anika Werner von der [2][Initiative | |
ArbeiterKind.de], die sich für die Belange von Studierenden ohne | |
akademisches Elternhaus einsetzt. Ihre Hauptlast seien vor allem fehlende | |
Netzwerke. Diese Lücke ziehe sich häufig bis in den Berufseinstieg. Hinzu | |
kommen subtile Unterschiede: „Der Sprachhabitus an Hochschulen ist häufig | |
ein anderer als der, den man von zu Hause mitbekommt“, so Werner – für | |
viele ein „harter Schritt“. | |
Eine weitere Hürde liege teilweise bereits in der Stellung der Anträge rund | |
um Förderungen und Hilfeleistungen an der Uni. Insbesondere diejenigen, die | |
mit Harz-IV-Bezug aufgewachsen seien, würden sich im Studium bewusst von | |
einer Abhängigkeit lösen wollen und stattdessen lieber arbeiten gehen, sagt | |
Werner. Viele hätten deshalb gleich mehrere Nebenjobs – und damit eine | |
zusätzliche Belastung. | |
Auch Frauen seien trotz ausgeglichenem Anteil an Hochschulen immer noch | |
strukturell benachteiligt – etwa, weil sie viel öfter alleinerziehend sind. | |
Dazu kommen laut Werner noch andere Aspekte: Etwa hätten Frauen häufig | |
bessere Abiturnoten als ihre Mitschüler, „sind aber durch | |
gesellschaftliche Prägung oft unsicherer“. | |
Die Benachteiligung zeigt sich auch am Mikrozensus 2019, nach dem 65 | |
Prozent aller Promovierten in Deutschland Männer sind – [3][lediglich 35 | |
Prozent von ihnen sind Frauen]. Der Trend verändert sich jedoch: Laut | |
Statistischem Bundesamt waren von den Menschen, die im Jahr 2019 frisch | |
promoviert wurden, [4][rund 45 Prozent weiblich.] | |
An der Universität Bremen gibt es nun insgesamt sechs Treuhandstiftungen | |
mit unterschiedlichen Schwerpunkten, etwa Umwelt- und Klimaschutz oder | |
medizinische Forschung. Treuhandstiftungen brauchen keine staatliche | |
Genehmigung, sondern können direkt durch einen Vertrag zwischen | |
Stifter:innen und Treuhänder:innen – in diesem Fall ist das die | |
Stiftung der Universität Bremen – gegründet werden. Durch die Verwaltung | |
des Stiftungsvermögens durch die Treuhänder:innen werden außerdem Kosten | |
gespart. | |
Rund 50 Projekte werden nach Angaben eines Uni-Sprechers bei den Stiftungen | |
der Hochschule jährlich eingereicht; etwa ein Drittel wird gefördert. Die | |
reine Existenz von Förderangeboten für Studierende der ersten Generation | |
führe laut Anika Werner aber nicht automatisch dazu, dass diese auch | |
genutzt würden. Studis müssten daher mehrfach und deutlich auf | |
Fördermöglichkeiten hingewiesen werden. „Viele nehmen solche Angebote nicht | |
wahr, weil sie denken, dass sie nicht gut genug sind.“ | |
2 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dzhw.eu/publikationen/pub_show?pub_id=5626&amp&pub_type… | |
[2] https://www.arbeiterkind.de/ | |
[3] https://dserver.bundestag.de/btd/19/290/1929090.pdf | |
[4] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kul… | |
## AUTOREN | |
Teresa Wolny | |
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