# taz.de -- Neue Chefin im Forschungsministerium: Ihr Ziel ist transparente For… | |
> Die neue Forschungsministerin Anja Karliczek will die Gesellschaft | |
> stärker an der Wissenschaft beteiligen. Wird ihr das gelingen? | |
Bild: Geht von einer Bringschuld der Wissenschaft aus: Bundesforschungsminister… | |
Anja Karliczek will „die Menschen mitnehmen“, mit auf „die Reise in eine | |
neue Zeit“. Die neue Bundesforschungsministerin spricht am ersten Tag der | |
Berliner Digitalkonferenz „re:publica“ vor der überwiegend jungen | |
Generation über das „Zusammenspiel von Mensch und Maschine“, die | |
Digitalisierung, die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. „Wir | |
bewegen uns zwischen Faszination und Furcht.“ | |
Die Sätze wirken in diesen Tagen noch authentisch. Anja Karliczek, | |
Hotelfachfrau aus dem Teutoburger Wald, CDU-Mitglied seit 1998, ist die | |
Überraschungs-Personalie im vierten Kabinett Merkel. Seit 50 Tagen leitet | |
sie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), ohne selbst | |
vorher mit dem Wissenschaftssystem intensiver zu tun gehabt zu haben. Als | |
Seiteneinsteigerin weiß sie um den durchaus distanzierten Blick der | |
Gesellschaft auf die Landschaft der Elfenbeintürme. Die Frage ist: Setzt | |
sich das in eine Wissenschaftspolitik um, die stärker als bei den | |
Vorgängerinnen Johanna Wanka und Annette Schavan – klassische politische | |
Repräsentantinnen des Wissenschaftssystems – die Erwartungen der | |
Gesellschaft zum Ausdruck bringt? | |
Bei der Hannover Messe vorletzte Woche – dem Hochamt der Technologie-Jünger | |
in Wirtschaft und Wissenschaft – war dies in Ansätzen zu spüren. In ihren | |
Reden, etwa zur Verleihung des Hermes-Award der Messe-Gesellschaft an das | |
innovativste Industrieunternehmen, sprach Karliczek bemerkenswert offen | |
auch kritische Positionen zum derzeitigen Digitalisierungs-Hype um die | |
Industrie 4.0 an. Bei der Gestaltung der „Arbeitswelten der Zukunft“ sei | |
ihr „wichtig, dass wir die Sorgen nicht geringschätzen, die von den | |
Beschäftigten geäußert werden“, sagte Karliczek. | |
Und vor der versammelten Innovations-Elite zählte die Ministerin diese | |
Ängste auf: „Die Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren. Die Bedenken, dass | |
die physische Sicherheit oder der persönliche Datenschutz am Arbeitsort | |
nicht mehr gewährleistet sein könnten. Die Zweifel, dass die eigene | |
Qualifikation nicht ausreicht, um in der ‚digitalen Welt‘ zu bestehen“. D… | |
neue BMBF-Chefin mahnte: „Das alles müssen wir sehr ernst nehmen.“ | |
Wie dies konkret umgesetzt werden könnte, dazu machte Karliczek beim | |
„Forschungsgipfel“ Mitte April in Berlin erste Andeutungen. Sie sprach von | |
neuen Öffnungs-Anstrengungen der Wissenschaft, um über die bisherigen | |
„Open-Science- und Open-Access-Ansätze Forschungsergebnisse frühzeitig und | |
transparent verfügbar“ zu machen. Mehr noch: Karliczek forderte von der | |
Wissenschaft, „dass sie sich schon am Anfang des Forschungsprozesses für | |
Fragen und Ideen der engagierten Bürgergesellschaft öffnet“. | |
Für die Politik kündigte die Ministerin einen Richtungswechsel an: „Wir | |
werden als BMBF neue Beteiligungsformen erproben und gezielt soziale | |
Innovationen fördern.“ Von der Wissenschaft, den Hochschulen und | |
Forschungsinstituten, erwarte sie außerdem, dass sie sich | |
„Wissenschaftskommunikation noch stärker als bisher zur zentralen Aufgabe | |
machen“, also die mediale Vermittlung in die Gesellschaft. Karliczek: | |
„Wissenschaft muss sich öffnen, muss zuhören und muss sich erklären.“ | |
Welche Rolle dabei die Ansätze der Bürgerforschung, neudeutsch: „Citizen | |
Science“, spielen werden, muss sich noch erweisen. Bisher erwähnte die neue | |
BMBF-Chefin den Begriff kein einziges Mal. Das müsse aber noch nichts | |
heißen, meinte ein Mitarbeiter ihres Ministeriums am Rande des | |
Re:publica-Auftritts, deren Subkonferenz „We can work it out“ zur Zukunft | |
der Arbeit das BMBF mit 165.000 Euro sponsert. „Die Ministerin hat jetzt so | |
viel Neues auf dem Tisch, dass einfach noch nicht alles drangekommen ist.“ | |
Eine der nächsten Kommunikations-Baustellen wird unter anderem die | |
Neufassung des Hightech-Forums sein, das von der Vorgängerregierung erst | |
mit großer Verzögerung gestartet worden war. | |
3 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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