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# taz.de -- Verpatzter Start im Ministerium: Daniel Düsentrieb als Staatssekre…
> Im Bundesforschungsministerium läuft es nicht rund. Die Politik der neuen
> Hausherrin Anja Karliczek führt zu Irritationen.
Bild: Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) auf Besichtigungstour im Karlsr…
Berlin taz | Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) rumort
es. Knall auf Fall hatte Ministerin Anja Karliczek (CDU) ihre beamtete
Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen „in den einstweiligen Ruhestand
versetzt“. Binnen Stunden wurde von Bundespräsident Steinmeier die
Entlassungsurkunde für die seit zehn Jahren in dieser Position tätige
Spitzenbeamtin ausgestellt. An einer plausiblen Erklärung sparte das
Ministerium. Was ist nur los im Zukunftsministerium?
Die wissenschaftliche Seiteneinsteigerin Karliczek steht vor einer Reihe
politischer Großbaustellen. Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern wird
nach dem Fall des Kooperationsverbots in der Hochschulpolitik neu geordnet.
Mit dem Digitalpakt Schule verschafft sich der Bund über die
Finanzierungsschiene auch Einfluss im Schulbereich. Ein geplanter
Nationaler Bildungsrat soll den Länder-Kultusministern Paroli bieten.
Berufsbildung und Weiterbildung müssen dringend modernisiert werden. Und in
der Forschungspolitik sind Digitalisierung und „disruptive
Innovationen“ zum Megathema avanciert.
Karliczek selbst hat drei zentrale Punkte ihrer Politikagenda benannt: die
Künstliche Intelligenz (KI), die berufliche Bildung und die
Wissenschaftskommunikation, um der Gesellschaft die Fortschritte der
Forschung besser zu vermitteln. Allerdings haben die Reden und Interviews
ihrer ersten 100 Tage nur bedingt für Klarheit gesorgt.
„Aus dem Land der Dichter und Denker muss jetzt vehementer als zuletzt ein
Land der Tüftler und Bastler werden, müssen Innovationen noch schneller
kommen“, äußerte sie sich etwa im Gespräch mit der FAZ. Karliczeks
unablässige Betonung der anwendungsorientierten Forschung zum Zwecke der
wirtschaftlichen Wertschöpfung hat unter den Grundlagenforschern in den
Universitäten Unsicherheit ausgelöst, ob etwa im Gegenzug die rein
neugiergetriebene Wissenschaft beschnitten werden soll.
Richtig ist, dass Karliczek, so wichtig ihr die Kommunikation von
Wissenschaft auch sein mag, selbst kommunikativ unglücklich agiert. Als
sich vor Kurzem ihr Algorithmus-Zitat im Internet verbreitete, setzte auf
Twitter ein regelrechter Shitstorm ein, mit dem sich vor allem die jüngere
Wissenschaftlergeneration über ihre oberste politische Repräsentantin
lustig machte. Der Anlass: „Viele Forscher und Akademiker gebrauchen
ständig Begrifflichkeiten, von denen sie sich nicht vorstellen können, dass
sie für andere eben nicht Alltag sind“, monierte Karliczek und zog als
Beispiel den Begriff Algorithmus heran.
Die Reaktionen waren deutlich: „Wer Künstliche Intelligenz als politische
Priorität ausgibt und ‚Algorithmus‘ in die Kategorie ‚Begriffe aus dem
Elfenbeinturm‘ einsortiert, darf wohl als Fehlbesetzung gelten“, lautete
ein Kommentar. „Wir haben eine Bundesbildungsministerin, die keine Ahnung
hat, wie Wissenschaft und Forschung funktionieren. Bastler sind ihr
lieber“, lautete ein anderer Tweet. „Eine Wissenschaftsministerin, der die
Wissenschaft zu wissenschaftlich ist“, und: „Frau Karliczeks Vorstellung
von Wissenschaft ist wohl an Daniel Düsentrieb orientiert“, so weitere
Kommentare aus der Wissenschaftswelt, Hashtag Karliczek.
Bislang ist unklar, wie die Ministerin die Kommunikation von Wissenschaft
verbessern will. Das BMBF-„Wissenschaftsjahr 2019“ soll der Künstlichen
Intelligenz gewidmet sein, verlautete inzwischen, womöglich mit einem
Volksbegriff für Algorithmus. Andere Chancen für mehr Bürgerpartizipation
werden dagegen nicht genutzt, sogar „aktiv verhindert“, kritisierte die
Grünen-Bundestagsabgeordnete Anna Christmann bei Vorstellung der
KI-Eckpunkte der Regierung. So hätten Union und SPD bei der Einrichtung der
Enquetekommission KI im Bundestag den grünen Antrag nach „öffentlichen
Sitzungen und Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger“
abgelehnt. „Wir dürfen die wichtigen Fragen zu Künstlicher Intelligenz
jedoch nicht über die Köpfe der Menschen hinweg debattieren und
entscheiden“, forderte Christmann eine andere Wissenschaftsdebatte ein, als
sie offenbar der Regierung vorschwebt.
3 Aug 2018
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
BMBF
Anja Karliczek
Staatssekretärin
Wissenschaftskommunikation
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Apple
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