# taz.de -- Nach dem Putsch in Thailand: Zensur, Razzien und Marschmusik | |
> Das Militär in Thailand hat die Macht an sich gerissen. Damit rücken | |
> demokratische Wahlen in weite Ferne. Aus dem Ausland hagelt es Kritik. | |
Bild: Nichts rechtfertige die Machtübernahme durch das Militär, hieß es aus … | |
BANGKOK taz | Die Protestcamps der rivalisierenden politischen Lager sind | |
geräumt, eine Reihe führender politischer Köpfe wurde erst einmal | |
festgesetzt. Nachdem Thailands Armee am Donnerstagnachmittag die Macht | |
übernommen hat, reißen die Nachrichten über Razzien in den Wohnungen von | |
Kritikern des Putsches nicht ab. | |
Für Freitagmorgen hat die Armee mehr als 100 prominente Vertreter der | |
jeweiligen politischen Lager einbestellt, darunter die bis Anfang Mai | |
amtierende, dann durch das Verfassungsgericht geschasste Premierministerin | |
Yingluck Shinawatra sowie den bis zum Putsch amtierenden Übergangs-Premier | |
Niwatthamrong Boonsongpaisan. Gegen insgesamt 155 Mitglieder der beiden | |
Lager verhängten die Putschisten ein Ausreiseverbot. | |
Armeechef Prayuth Chan-ocha, der sich mittlerweile selbst zum vorläufigen | |
Regierungschef ernannte, erklärte, die Machtübernahme sei angesichts der | |
Gewalt im Land nötig gewesen, um Frieden und Stabilität wieder | |
herzustellen. | |
Was allerdings „Frieden und Ordnung“ á la Militärverordnung heißen, wurde | |
bereits in den ersten Stunden des Putsches deutlich: Medien wurden massiv | |
zensiert und aufgefordert, ausschließlich Verlautbarungen der Armee zu | |
verbreiten – unterbrochen lediglich von militärischer Marschmusik. Auch | |
internationale Fernsehsender wurden gekappt. | |
Zudem drohte Thailands Junta mit einem Schlag gegen Nutzer sozialer | |
Netzwerke, in denen der Staatsstreich kritisiert wurde. Die Verfassung von | |
2007, die ironischerweise im Nachhall des Putsches 2006 gegen den damaligen | |
Premierminister Thaksin Shinawatra geschrieben worden war, wurde vorerst | |
außer Kraft gesetzt und eine landesweite nächtliche Ausgangssperre | |
verhängt. Schulen und Universitäten blieben auf Anordnung der militärischen | |
Machthaber geschlossen. | |
## „Demokratie und Freiheit sind tot“ | |
Dennoch ließen sich viele Menschen im Land nicht mundtot machen und | |
verschafften ihrem Unmut im Internet Luft: Mit einem durch eine illegale | |
Machtübernahme verordneten Frieden schaffe man keine Legitimität. Das | |
Onlineportal „Prachatai“ (Freie Menschen) schrieb auf seiner Webseite: „W… | |
stellen uns gegen den Staatsstreich und fordern die Putschisten dazu auf, | |
dem thailändischen Volk die Demokratie unverzüglich zurückzugeben“. Eine | |
Nutzerin merkte ironisch an: „Alles ist gut in Thailand, außer dass | |
Menschenrechte, Demokratie und Freiheit tot sind.“ | |
Armeechef Prayuth Chan-ocha wird von Kritikern der Lüge bezichtigt. Er | |
hatte erklärt, das Militär werde nun Reformen einleiten. Unter dem | |
Deckmantel der Reformen, wie sie auch die Gegner der gestürzten | |
Übergangsregierung forderten, gehe es vielmehr darum, gesetzliche | |
Regelwerke so zu verändern, dass der demokratische Spielraum immer weiter | |
beschnitten würde und eine nicht gewählte Interimsregierung sich auf | |
unbestimmte Zeit festsetzen könne. | |
Damit rücken demokratische Neuwahlen in weite Ferne. Zugleich wird die | |
Verfolgung und Unterdrückung politisch Andersdenkender zunehmen. Und damit | |
dürfte sich jener Kreislauf der politischen Gewalt, der seit dem Putsch | |
gegen Thaksin in Gang gesetzt wurde, immer weiter verschärfen. | |
## Kritik aus dem Westen | |
Kein Wunder, dass es auch aus dem Ausland Kritik hagelte: „Die | |
Verantwortlichen müssen umgehend zu einem politischen Prozess | |
zurückkehren“, forderte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Die | |
Armeeführung müsse den Dialog der politischen Kräfte in Thailand wieder in | |
Gang bringen und Neuwahlen in die Wege leiten. Er rief Thailands neue | |
Machthaber auf, die verfassungsrechtlichen Grundfreiheiten zu garantieren, | |
darunter auch die Pressefreiheit. | |
Ähnliche Töne kamen auch aus der EU: „Wir verfolgen die Ereignisse in | |
Thailand mit großer Sorge“, ließ die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton | |
am Donnerstag über einen Sprecher mitteilen. Es müssten so rasch wie | |
möglich glaubwürdige Wahlen abgehalten werden. | |
Auch US-Außenminister John Kerry sagte, es gebe keine Rechtfertigung für | |
den Sturz der Regierung. Die USA würden daher ihre militärische | |
Zusammenarbeit und Unterstützung für Thailand überdenken, das als der | |
älteste Verbündete der USA in Südostasien gilt. | |
23 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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