# taz.de -- Nach Razzien bei Reichsbürgern: Die Szene ist unbeeindruckt | |
> Auf Telegram tummelt sich eine Szene von knapp 23.000 Reichsbürgern, ein | |
> Zehntel davon gewaltbereit. Dort müssen sie jetzt unter Druck gesetzt | |
> werden. | |
Bild: Demonstration von Reichsbürgern in Potsdam im November 2020 | |
Es sieht nach einem starken Zeichen des Staates aus. In acht Bundesländern | |
rückte die Polizei am Donnerstag aus, durchsuchte die Wohnungen von 20 | |
Reichsbürgern um den Bayern Johannes M. Von einem „konsequenten Vorgehen“, | |
spricht Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann. Nur: Ganz so ist es | |
leider nicht. | |
Was zutrifft: Der Staat hat das Problem Reichsbürger inzwischen erkannt. | |
Lange als Spinner abgetan, schaut der Verfassungsschutz genauer hin, werden | |
in der Szene Waffen entzogen. Schon 2020 verbot der damalige Innenminister | |
Seehofer erstmals eine Reichsbürgergruppe. Vor einem Jahr folgten die | |
Razzien gegen die Gruppe um Heinrich Prinz Reuß, dem ein Umsturzplan | |
vorgeworfen wird. | |
Bei der jetzt durchsuchten Truppe um Johannes M. fanden sich keine Waffen. | |
Sie nervten Behörden, verbreiteten krude Videos und Schriftsätze. Aber auch | |
darunter waren Gewaltaufrufe und „Todesurteile“ gegen Behörden und | |
Politiker. Wie klein der Schritt sein kann, dass sich davon jemand | |
tatsächlich zur Gewalt berufen fühlt, zeigten zuletzt Schüsse von | |
Reichsbürgern auf Polizisten in Boxberg oder Reutlingen. Oder das | |
Waffenarsenal der Reuß-Gruppe, fast 400 Schusswaffen stark. | |
Deshalb ist ein frühes Einschreiten des Staates so wichtig. Aber die Gruppe | |
um Johannes M. verbreitete ihre Gewaltfantasien seit fast drei Jahren, | |
ihrer Telegramgruppe folgten mehr als 20.000 Nutzer*innen. Zwar wurde M. | |
2021 festgenommen, vor Gericht aber stand er bis heute nicht. Und der Hass | |
ging weiter, auch Telegram schritt nicht ein. Deshalb sind die Razzien | |
richtig. | |
Aber es braucht weiteren Druck, auch auf Anbieter wie Telegram. Bundesweit | |
wuchs die Reichsbürgerszene zuletzt um 2.000 auf 23.000 Personen an. Jeder | |
Zehnte gilt als gewaltbereit, mehrere hundert Reichsbürger besitzen weiter | |
Waffen. Und zuletzt traf sich die Szene unbeeindruckt weiter zu | |
Vernetzungstreffen, kaufte Immobilien, ihre Ideologie strahlt in andere | |
Szenen aus. Das konsequente Einschreiten des Staates, es muss sich vorerst | |
weiter beweisen. | |
23 Nov 2023 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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