# taz.de -- Münchner Sicherheitskonferenz: Trauer und Wut in München | |
> Der Tod von Alexei Nawalny überschattet die Münchner | |
> Sicherheitskonferenz. Seine Witwe Julija Nawalnaja ruft dazu auf, das | |
> Putin-Regime zu bekämpfen. | |
Bild: Julija Nawalnaja bei der Münchner Sicherheitskonferenz am 16. Februar | |
MÜNCHEN taz | Überschattet vom Tod des russischen Regimekritikers | |
[1][Alexei Nawalny] hat am Freitag die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) | |
begonnen. Er sei „ein sehr besonderer Mann“ gewesen, sagte Konferenzleiter | |
Christoph Heusgen sichtlich betroffen bei der Eröffnung der Veranstaltung | |
am Mittag. „Unsere Gedanken sind heute bei seiner Frau und seinen Kindern.“ | |
Nawalnys Frau sei derzeit in München. „Sie wollte an der Konferenz | |
teilnehmen und über ein besseres Russland sprechen“, sagte Heusgen. | |
Angesichts der fürchterlichen Meldung über den Tod ihres Mannes in | |
russischer Haft stand Julija Nawalnaja nicht mehr der Sinn danach, über ein | |
besseres Russland zu sprechen. Aber sie hatte trotzdem etwas zu sagen. | |
Abweichend von der Tagesordnung wurde ihr die Gelegenheit gegeben, nach der | |
US-Vizepräsidentin Kamala Harris am Freitagnachmittag das Wort zu | |
ergreifen. | |
Wladimir Putin und seine Helfershelfer sollten wissen, „dass sie nicht | |
straflos ausgehen“, sagte Nawalnaja mit traurig-wütender Stimme. Der Tag | |
werde bald kommen, dass sie für all die Gräueltaten, die sie verübt hätten, | |
persönlich zur Verantwortung gezogen würden. Die internationale | |
Gemeinschaft rief die 47-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin dazu auf, | |
„dieses furchtbare Regime zu bekämpfen“. | |
Auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris reagierte bestürzt. „Das ist eine | |
schreckliche Nachricht“, sagte sie in ihrer Rede im Hotel Bayerischer Hof. | |
Falls sie sich bestätige, dann sei das „ein erneutes Zeichen der Brutalität | |
des Diktators Putin“. | |
Vor dem Hintergrund der [2][jüngsten Wahlkampfäußerungen Donald Trumps] | |
bekannte sich Harris klar und deutlich zum US-amerikanischen Engagement in | |
der Nato. „In diesen unruhigen Zeiten ist es klar, dass Amerika sich nicht | |
zurückziehen kann“, sagte sie. Alles andere wäre „töricht“. Die Nato s… | |
den Augen der derzeitigen US-Regierung zentral für die globale Sicherheit. | |
„Isolation ist kein Schutz“, sagte Harris. | |
Zugleich warnte sie die US-Republikaner, im Repräsentantenhaus die | |
milliardenschwere Militärhilfe für die Ukraine abzulehnen: „Dies wäre nur | |
ein Geschenk an Putin.“ Mit Blick auf die Verbündeten in Europa sagte | |
Harris: „Sie haben deutlich gemacht, dass Europa an der Seite der Ukraine | |
stehen wird. Und ich werde deutlich machen, dass Präsident Joe Biden und | |
ich an der Seite der Ukraine stehen.“ | |
## Guterres besorgt um globale Ordnung | |
Vor Harris hatte sich UN-Generalsekretär António Guterres in seiner | |
Ansprache zum Start der dreitägigen Konferenz äußerst besorgt über den | |
desolaten Zustand der globalen Ordnung gezeigt. Die Weltgemeinschaft sei | |
mit existenziellen Herausforderungen konfrontiert, jedoch immer mehr | |
gespalten. „Selbst die Ära des Kalten Krieges war – in mancherlei Hinsicht | |
– weniger gefährlich“, sagte er. Denn damals sei es den Großmächten | |
immerhin gelungen, Vereinbarungen zu treffen, um die Gefahr eines | |
Atomkriegs zu reduzieren. „Wir müssen alles tun, um der Herrschaft des | |
Rechts wieder Geltung zu geben“, appellierte Guterres. | |
Mit klaren Worten verurteilte Guterres den russischen Angriffskrieg in der | |
Ukraine. Der Verlust an Menschenleben sei entsetzlich. „Wir brauchen | |
unbedingt einen nachhaltigen und gerechten Frieden für die Ukraine“, sagte | |
er. Grundlage dafür müsse der Respekt vor der territorialen Integrität | |
souveräner Staaten sein. | |
Deutliche Worte fand er auch zum Gaza-Krieg. Die skrupellosen | |
Terrorangriffe der islamistischen Hamas vom 7. Oktober seien „durch nichts | |
zu rechtfertigen“. Alle israelischen Geiseln müssten umgehend ohne | |
Bedingungen freigelassen werden. Auch nicht zu rechtfertigen sei allerdings | |
die militärische Antwort Israels, die eine „kollektive Bestrafung des | |
palästinensischen Volkes“ sei. Es brauche jetzt dringend eine humanitäre | |
Feuerpause. „Das ist der einzige Weg, um die Hilfslieferungen nach Gaza | |
massiv hochzufahren“, sagte Guterres. | |
Die Auftritte von Julija Nawalnaja, des UN-Generalsekretärs und der | |
US-Vizepräsidentin waren die Höhepunkte des ersten Kongresstages. Für | |
Samstag wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet, der am | |
Vormittag unmittelbar nach Bundeskanzler Olaf Scholz sprechen soll. Mit | |
Spannung wird auch auf den Auftritt des chinesischen Außenministers Wang Yi | |
am Mittag geblickt. Nach ihm diskutiert die deutsche Außenministerin | |
Annalena Baerbock mit ihren Kollegen aus den USA und Indien, Antony Blinken | |
und Subrahmanyam Jaishankar. | |
Die Münchner Sicherheitskonferenz ist die weltweit größte Tagung zu | |
internationaler Sicherheitspolitik. Insgesamt nehmen mehr als 50 Staats- | |
und Regierungschef:innen, rund 60 Außenminister:innen und mehr als 25 | |
Verteidigungsminister:innen sowie zahlreiche weitere politische und | |
militärische Repräsentant:innen an dem Event teil, das entweder nach | |
seiner englischen Bezeichnung MSC abgekürzt wird oder auch – vor allem von | |
den Kritiker:innen – Siko genannt wird. | |
## Demos am Rande | |
Wie üblich gibt es an diesem Wochenende jenseits des Kongressgeschehens | |
auch ein umfangreiches Demonstrationsgeschehen. Argwöhnisch beäugt von rund | |
5.000 im Einsatz befindlichen Polizist:innen sind rund 20 Versammlungen | |
angemeldet. Die beiden größten Demonstrationen finden am Samstag statt. | |
Zuerst trifft sich um 13 Uhr das traditionelle linke Anti-Siko-Bündnis am | |
Stachus, um von dort durch die Innenstadt zum Marienplatz zu ziehen. Dann | |
will ab 14 Uhr das aus der Querdenker:innen-Szene stammende Bündnis | |
„München steht auf“ vom Königsplatz aus durch die Maxvorstadt und wieder | |
zurück ziehen. Eine dritte größere Kundgebung, die sich gegen den Krieg in | |
der Ukraine richtet, findet stationär am Odeonsplatz statt. | |
Dort versammelten sich bereits am Freitag mehrere hundert Exiliraner:innen, | |
um gegen das Mullahregime zu protestieren. Weder der Iran noch Russland | |
sind mit offiziellen Vertreter:innen auf der MSC vertreten. Wie schon | |
in den vergangenen Jahren wurden die Regierungen beider Länder nicht | |
eingeladen. | |
16 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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