| # taz.de -- Möglicher Verstoß gegen Datenschutz: CDU-Wahl-App doch nicht geha… | |
| > Weil die Daten frei abrufbar waren, wurden Ermittlungen gegen IT-Expertin | |
| > Wittmann eingestellt. Hat die CDU mit ihrer App gegen Datenschutz | |
| > verstoßen? | |
| Bild: „Völlig nutzloser Datensumpf“: Das „D“ in CDU steht eben nicht f… | |
| Berlin taz | Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Verfahren gegen Lilith | |
| Wittmann eingestellt, wie die IT-Sicherheitsforscherin [1][auf Twitter] und | |
| [2][in einem Blogeintrag] ausführlich darlegt. Im Mai 2021 hatte Wittmann | |
| in der CDU-Wahlkampf-App „CDUconnect“ [3][gravierende Sicherheitslücken | |
| entdeckt] und den zuständigen Behörden weitergeleitet: dem Bundesamt für | |
| Sicherheit in der Informationstechnik BSI, der Berliner | |
| Datenschutzbeauftragten und den verantwortlichen Stellen in der Union. | |
| Daraufhin hatte die CDU Anzeige erstattet, das Landeskriminalamt Berlin, | |
| Abteilung Cybercrime, ermittelte seitdem gegen die ehrenamtliche | |
| IT-Sicherheitsforscherin wegen eines Verstoßes gegen Paragraf 202a/b/c | |
| StGB, den von der Zivilgesellschaft kritisierten sogenannten | |
| Hackerparagrafen, der 2007 von der Großen Koalition eingeführt worden war. | |
| Nach massivem öffentlichem Druck zog die CDU die Anzeige zurück und | |
| [4][entschuldigte sich bei Wittman]. Die Ermittlungen gegen die | |
| Sicherheitsforscherin gingen jedoch weiter. | |
| Wittmann zitiert nun [5][in ihrem Blogpost] aus der 150 Seiten dicken | |
| Ermittlungsakte. Die Ermittler:innen bestätigten, was Wittmann bereits | |
| im Mai feststellte: Sensible Daten lagen ungesichert in der CDU-Wahl-App. | |
| „Die Daten waren somit nicht vor einem unberechtigten Zugriff geschützt und | |
| aus technischer Sicht öffentlich abrufbar“, schreiben die Ermittler:innen. | |
| Einfache Abrufe über die Programmierschnittstelle hatten gereicht, um | |
| Zugriff erlangen zu können, ohne dass dabei einfachste Mechanismen wie eine | |
| Passwortabfrage überwunden werden mussten, wie [6][auch ein Video auf | |
| Youtube zeigt]. | |
| Gleichzeitig stellten die Ermittler:innen von Staatsanwaltschaft und | |
| der Cybercrime-Stelle fest, dass es in der CDU-App tatsächlich eine | |
| Sicherheitslücke gegeben hat. Weil die Daten demzufolge öffentlich abrufbar | |
| waren, greife auch der Hackerparagraf nicht. [7][Denn dieser besagt], man | |
| müsse sich unbefugt Zugang zu Daten verschaffen unter Überwindung der | |
| Zugangssicherung. Die Staatsanwaltschaft habe deshalb das Verfahren | |
| eingestellt. Die Rücknahme der Anzeige seitens der CDU habe damit | |
| allerdings nichts zu tun. | |
| ## Tiefe Einblicke in die Digitalkompetenz der CDU | |
| In der Ermittlungsakte finden sich weitere aufschlussreiche Informationen, | |
| die „tiefe Einblicke in die Digitalkompetenz“ geben, wie Wittmann in ihrem | |
| Post schreibt. So habe die CDU die durch den „Haustürwahlkampf“ erhobenen | |
| Daten überhaupt nicht ausgewertet, sondern lediglich gesammelt, ein laut | |
| Wittmann „völlig nutzloser Datensumpf“. | |
| Die CDU nutzt CDUconnect, um den Haustürwahlkampf digital zu koordinieren. | |
| Dabei werden Daten erfasst, etwa ob die Haustür geöffnet wurde oder nicht | |
| und welche die politischen Meinungen zur CDU im entsprechenden Haushalt | |
| waren. | |
| Wittmann konnte mit simplen Abfragen auf die Daten von rund 500.000 | |
| befragten Personen zugreifen. So waren persönliche Daten von 18.500 | |
| Wahlkampfhelfer:innen mit Fotos und Mailadresse, bei 1.350 | |
| CDU-Unterstützer:innen sogar die Adresse, Geburtstage und Interessen | |
| ungeschützt im Netz einsehbar. In Googles Play Store verzeichnet CDUconnect | |
| eine Wertung von 1,4 von 5 Sternen. „Die App“, so schreibt ein User, „zei… | |
| perfekt die Kompetenz der CDU im Internet.“ | |
| Auch dass Wittmann die Sicherheitslücke über das in der | |
| IT-Sicherheitskultur etablierte [8][Prinzip der Responsible Disclosure] | |
| gemeldet hatte, unterschlug die CDU in ihrer Anzeige. Der Ausdruck | |
| bezeichnet das Verfahren, wenn Entdecker:innen die Sicherheitslücken an | |
| die zuständigen Stellen weiterleiten und die Lücken erst öffentlich machen, | |
| wenn sie behoben sind. | |
| Außerdem wird ein weiterer Vorwurf der CDU entkräftet. Diese behauptete, | |
| dass Wittmann alle in der CDU-App gesammelten Datensätze [9][auf Pastebin] | |
| veröffentlicht hätte, einer Webanwendung, die man zur anonymen | |
| Veröffentlichung von Texten nutzen kann. Wittmann bestritt, Daten aus der | |
| App gespeichert, veröffentlicht oder gar weiterverbreitet zu haben. In der | |
| Ermittlungsakte wird ersichtlich, dass auch die Staatsanwaltschaft dafür | |
| keine Beweise fand. | |
| ## Hat die CDU-App gegen die DSGVO verstoßen? | |
| Nun wird es für die CDU noch ungemütlicher. Denn seit Juli prüft die | |
| Berliner Landesdatenschutzbeauftragte, ob die CDU-Wahlkampf-App womöglich | |
| gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstößt. Ziel sei es zu | |
| prüfen, ob die App „den Anforderungen des Datenschutzes entsprochen hat“ | |
| und „ob die durch den externen Prüfbericht [von Wittmann; die Red.] bekannt | |
| gewordenen Probleme tatsächlich vorlagen und mittlerweile beseitigt | |
| wurden“, sagte ein Sprecher der Berliner Landesdatenschutzbeauftragten der | |
| taz. | |
| Das Verfahren werde priorisiert bearbeitet, da sich die Berliner | |
| Datenschutzbeauftragte der Relevanz des Verfahrens vor dem Hintergrund des | |
| laufenden Wahlkampfs bewusst sei, sagte der Sprecher weiter. Da es sich bei | |
| den Daten auch um besondere Kategorien im Sinne von Artikel 9 der DSGVO | |
| handele, also etwa politische Meinungen und weltanschauliche Überzeugungen, | |
| „besteht die Möglichkeit, dass ein hohes Risiko für die persönlichen Rechte | |
| und Freiheiten einer Vielzahl von natürlichen Personen bestanden hat“, | |
| sagte ein Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten [10][der | |
| Aktivistengruppe UnionWatch] Anfang August. Verstöße gegen die DSGVO können | |
| mit Bußgeld von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 Prozent des | |
| Jahresumsatzes des Unternehmens geahndet werden. | |
| „Das alles hat uns wieder einmal gezeigt, warum der Hacker-Paragraf und | |
| natürlich die CDU ganz dringend wegmüssen“, schreibt Wittmann in ihrem | |
| Post. „Der Hacker-Paragraf, weil er gefährlicher Quatsch ist. Die CDU, weil | |
| sie sogar in einem ‚Spiel‘, in dem sie sich selbst die Regeln geschrieben | |
| hat, nicht gewinnen kann, weil sie die Regeln nicht versteht.“ | |
| 17 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://twitter.com/LilithWittmann/status/1438533408796332032 | |
| [2] https://lilithwittmann.medium.com/die-staatsanwaltschaft-sagt-ich-habe-die-… | |
| [3] /Verstoss-von-CDUconnect-gegen-DSGVO/!5791754 | |
| [4] https://twitter.com/StefanHennewig/status/1422899625397264387?ref_src=twsrc… | |
| [5] https://lilithwittmann.medium.com/die-staatsanwaltschaft-sagt-ich-habe-die-… | |
| [6] https://www.youtube.com/watch?v=6PwjZ3iwevE | |
| [7] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__202a.html | |
| [8] https://en.wikipedia.org/wiki/Responsible_disclosure | |
| [9] https://en.wikipedia.org/wiki/Pastebin | |
| [10] https://twitter.com/watch_union/status/1423331396320432133 | |
| ## AUTOREN | |
| Denis Gießler | |
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